Jon Fosse

Schlaflos

Eine Erzählung
Cover: Schlaflos
Rowohlt Verlag, Reinbek 2008
ISBN 9783498021245
Gebunden, 96 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Zwei junge Leute, Alida und Asle, irren durch einen norwegischen Küstenort. Es ist Spätherbst, es ist kalt, und Alida ist hochschwanger. Bei sich haben sie nichts als die zwei Bündel, die Asle geschnürt hat, und den Kasten mit der Geige, einem Erbstück seines Vaters. Aber niemand will den beiden Unterschlupf gewähren. Während sie müde durch den Regen gehen, wird ihre Verzweiflung immer größer. Erinnerungen begleiten sie - an glücklichere Zeiten, als sie sich kennengelernt haben und sofort von ihrer Bestimmung füreinander wussten, aber auch an Trauriges und Dunkles. Als sie von einer alten Frau einmal, zweimal als Unverheiratete beschimpft wird, lässt sich Asle nicht mehr abweisen und dringt mit Alida zu ihr ins Haus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.10.2008

In "Schlaflos" erzählt der norwegische Erfolgsautor Jon Fosse auf nicht einmal 80 Seiten eine Geschichte von schuldloser Schuld, eine Liebesgeschichte und die biblische Geschichte von der Suche nach Herberge, kann Jutta Person vermelden. Ein junges Paar, sie hochschwanger und beide aus ihrem Heimatort vertrieben, sucht in der Stadt eine Bleibe und verschafft sich schließlich in seiner Not gewaltsam Zugang zum Haus einer alten Frau, fasst die Rezensentin zusammen. Beeindruckt haben sie die versartigen Dialoge des Paares, in deren Einfachheit sie die "Sogwirkung" entdeckt hat, die man der Fosse'schen Prosa gern nachsagt. Dafür stört sie sich am altertümelnden Duktus, der, wie sie vermutet, der Geschichte ihre zeitlose Wucht verleihen soll. Emotional "erpresst" aber fühlt sie sich durch die Tragik auf Tragik häufende Geschichte, der sie sich zu letztlich erwehren weiß und ihr dabei auch das Wohlwollen entzieht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2008

Nicht gerade Erbauungsliteratur, was Rezensentin Pia Reinacher da ankündigt. Jon Fosses Erzählung liest sie als unversöhnliches, traumdunkles Kabinettstück über die rauhen Bedingungen menschlicher Existenz. Dass der Autor es auch so gemeint hat, daran besteht für Reinacher kein Zweifel. Hinweise findet sie genug: Die melancholische Stimmung der norwegischen Landschaft, die holzschnittartige Anlage der Figuren, ihre Lakonie. Fosses Ton nennt Reinacher "altertümelnd". Nicht auf Effekt, sondern auf einen mesmerisierenden Klang hin ausgelegt erscheint er ihr. Und wenn die beiden Liebenden, die hochschwangere Alida und ihr Asle auf der Suche nach einem Unterschlupf durch die menschenfeindliche Gegend irren, muss die Rezensentin an Josef und Maria denken.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.10.2008

Für Andreas Breitenstein ist Jon Fosses Erzählung "Schlaflos" symptomatisch für die Unfähigkeit unserer Zeit, das "Tragische dingfest" zu machen. Der norwegische Autor wurde gern mit Ibsen verglichen, was angesichts der naturalistischen und psychologischen und nicht zuletzt direkt an Ibsen angelehnten symbolistischen und mystischen Motive auch gerechtfertigt ist, wie der Rezensent findet. In der vorliegenden Erzählung, die offenkundig die Weihnachtsgeschichte aufgreift, versucht sich ein aus seinem Dorf verstoßenes junges Paar, das Nachwuchs erwartet, ein neues Leben in der Stadt aufzubauen. Ohne Aussicht auf Erlösung vollstreckt der Autor in seiner "schwermütigen Parabel" von Schuld und Sühne, Geburt und Tod das Unglück seiner Figuren und bei aller schlichten "Schönheit" und "filigranen" Konstruktion, die der Text aufweist, bleibt er doch für den unzufriedenen Rezensenten zu blutleer und exempelhaft, um zu bewegen.
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