Jorge Volpi

Der Würgeengel

Roman
Cover: Der Würgeengel
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2002
ISBN 9783608930658
Gebunden, 303 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Der charismatische Regisseur Carl Gustav Gruber erfährt, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Diese Zeit beschließt er zu nutzen, um seinen letzten gewaltigen Film zu schaffen, einen Film, wie es keinen je zuvor gab. Es gibt kein Drehbuch, nur einen teuflischen Plan...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.01.2003

Angetreten ist der mexikanische Autor Jorge Volpi, weiß Rezensentin Anne Kraume, die Literatur Lateinamerikas und insbesondere Mexikos zu revolutionieren, wie er es zusammen mit Gleichgesinnten in der Gruppe "La generacion del Crack" formuliert hat. Ob er mit seinem Roman "Der Würgeengel" dieses Versprechen tatsächlich einlösen kann, darüber urteilt Kraume nicht explizit, aber beeindruckt scheint sie durchaus zu sein: Zur Revolution nur so viel: Volpis Roman erfordere tatsächlich einen engagierte Leser. "Der Würgeengel" erzählt die Geschichte des Regisseurs Carl Gustav Gruber, der weiß, dass er bald sterben muss, und seinen letzten Film in Angriff nimmt. Angereichert wird die Erzählung, wie Kraume ausführt, mit fiktiven Fakten, erfundenen Zitaten aus der Filmenzyklopädie oder nie geführen Interviews mit Claude Chabrol. Dabei wandelt sich der Roman selbst zum Drehbuch, staunt die Rezentin, und mehr noch: Wie eine logische Folge aus all dem Material laufe schließlich vor dem inneren Auge des Lesers der letzte Film des Regisseur Grubers ab.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.12.2002

Der Autor ist Mitglied einer mexikanischen Künstlergruppe namens "Crack", erzählt Uwe Stolzmann, die hohe künstlerische Ansprüche propagiere: das Unterhaltsame mit dem Anspruchsvollen zu verbinden, einen fließenden Übergang zwischen Roman und Essay zu schaffen. Manche allerdings scheinen einen dahinplätschernden Ton und Austausch von Nichtigkeiten schon für guten Essay-Stil zu halten, entgegnet der Rezensent enttäuscht. Ihm gefällt Volpis "Würgeengel" ganz und gar nicht: mal abgesehen vom Plot, der Spannendes verspricht, wirke die Versuchsanordnung (sterbenskranker, ostdeutscher Regisseur zieht sich mit Familie, Freunden und Mitarbeitern für ein letztes Projekt auf einsame Hacienda zurück) völlig manipuliert, moniert Stolzmann, das Setting und die Kulisse wirkten eher lächerlich, die Figuren redeten schwülstig und vor allem zu viel - "viele Worte für extrem knappe Gedanken", bedauert der Rezensent und räumt ein, dass das vorgesehene Ende nicht uninteressant sei, der Roman aber bei ihm vorher allen Kredit verspielt habe.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

Ein "schlechtes Buch", befindet Christian Schüle knapp, wobei er eigentlich von dem mexikanischen Autor, der als Kulturattache in Paris lebt, sehr viel hält. Doch die Handlung des Buches um einen Filmregisseur, der, an Lungenkrebs erkrankt, in der ihm verbleibenden Zeit seinen letzten Film dreht, wolle einfach "zu viel", meint Schüle. Schon die den Roman eröffnende Reflexion über die Darstellbarkeit von Schuld empfindet er als "lähmend" und bereits hier zeigt sich ihm der Hang des Autors, theoretische Betrachtungen statt "anschauliches Erzählen" zu bieten. In der Sprengung aller Gattungsgrenzen und in dem Versuch, die "Dialektik von Fiktion und Wirklichkeit" darzustellen, habe der Autor den "großen Anspruch einer neuen Prosa", dem sein Roman weder sprachlich noch kompositorisch gerecht werde, so der Rezensent unzufrieden. Insgesamt, meint er giftig, setzt Volpi den Lesern mit diesem Buch "hegelianisch verbrämten Quatsch" vor, wobei ihm besonders die "schwülstige Melancholie", der "angestrengte Kunstwille" und der "spirituelle Kitsch" auf die Nerven geht. Dieser Roman, so Schüle kategorisch, ist "hochgradig gescheitert", und das nicht zuletzt an seinem Anspruch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2002

"Wenig mehr als eine aufgemotzte Seifenoper", urteilt Steffen Richter über den neuen Roman von Jorge Volpi. In der Geschichte sollen Fiktion und Realität ganz und gar miteinander verwoben werden, berichtet der Kritiker, und spricht Volpi auch nicht ab, ein erzählerischer Tüftler zu sein. Doch dann legt Richter erst richtig los: Die Mängel des Romans seien "mit Händen zu greifen", die recht "abenteuerlichen und doch modischen Finaldiskurse" über Zukunft oder Ende der Kunst fügten sich in eine soap-artige Handlung, doch gelinge Volpi nur zu einer "Kolportage", nicht ein ernstzunehmendes Glanzstück. Seinem unschwer zu erkennenden Vorbild, dem Argentinier und Erzählgenie Julio Cortazar, hinkt der mexikanische Autor Volpi noch in großem Abstand hinterher, urteilt der Rezensent.
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