Judith Keller

Die Fragwürdigen

Cover: Die Fragwürdigen
Der gesunde Menschenversand, Luzern 2017
ISBN 9783038530503
Kartoniert, 148 Seiten, 18,50 EUR

Klappentext

Alles beginnt mit einer fliehenden Kuh. Kaum hat sie Frau Hasler über den Haufen gerannt, hebt sich der Vorhang und die Fragwürdigen betreten einer nach der anderen die Bühne. Jede und jeder ein Unikat, Künstler und Künstlerinnen des Lebens. Eine Frau, die den Zug nicht verlassen will, weil sie sich vor dem Schmutz da draussen fürchtet. Ein Mann, der mit Pralinen nicht umgehen kann. Die für zu leicht befundene Alice und der dicke Marc. Erwin, der nicht versteht, warum nicht alle so sind wie er. Die umsichtige Frau Sägisser und die vielleicht gar nicht so hilfsbereite Frau Siegentaler. Menschen, die ihre Liebe nur spüren, weil sie getrennt sind, Menschen, die nur zusammen sind, weil sie ihre Lügen lieben. Leute mit sprechenden und verschwiegenen Namen. Und natürlich die Polizei! Es herrscht ein wunderbares Durcheinander in diesem Buch.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.03.2018

Rezensentin Insa Wilke hat es sichtlich genossen, sich von Judith Keller mit in die Zürcher Straßenbahn nehmen zu lassen. Ihre Prosastücke "Die Fragwürdigen" erzählten sorgsam und freundlich Geschichten von Menschen, die man im Zug aufschnappen oder sich beim Blick in die Gesichter ringsum zusammenreimen könne. Besonders gefallen haben Wilke die ungewöhnlichen Bilder, die Autorin in ihrem Debüt heraufbeschwört. Ihre Sprache mutet für die Rezensentin leicht an, sticht dafür umso beschämender in das Herz einer Gesellschaft, die den Wert von Menschen hauptsächlich an ihrer Brauchbarkeit aufwiegt. Wilke findet es großartig, wie human Keller in ihrem "kleinen sprachlichen Wunderwerk" auf demente Senioren, Arbeiter, sorgenvolle Familienväter und Arbeitslose blickt und hofft, bald mehr von ihr lesen zu können.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.11.2017

Rezensent Sebastien Fanzun will sich von Vorurteilen und Klischees nicht den Kopf verdrehen lassen. Eines dieser Vorurteile, meint Fanzun, ist, dass Kürzestgeschichten gezwungenermaßen "flüchtig" seien und die Figuren darin immer irgendwie ein wenig dünn, ein wenig klein, ein wenig schwach. "Die Fragwürdigen", ein großartiges und ebenso amüsantes wie gehaltvolles Debüt, beweist das Gegenteil: Die Figuren, die hier auftreten sind beachtlich, sie sind überraschend standfest, stark und sie nehmen das, was sie tun und sagen ernst, ohne verstockt zu sein - was sollten sie auch anderes tun? Die Phrasen und abgedroschenen Formulierungen, die sie benutzen, sind die einzigen, die sie besitzen und sie stehen dazu, erklärt der berührte Rezensent. Auch wenn andere lachen über ihre scheinbar hohlen Sätze, auch wenn diese ihnen zu Fallstricken werden - sie stehen immer wieder auf und das mit erhobenem Haupt, denn Ernst, weiß Fanzun, hat "nichts mit Humorlosigkeit zu tun, sondern mit Würde"!