Julia Schoch

Das Vorkommnis

Roman
Cover: Das Vorkommnis
dtv, München 2022
ISBN 9783423290210
Gebunden, 192 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Eine Frau wird von einer Fremden angesprochen, die behauptet, sie hätten beide denselben Vater. Die überraschende Begegnung bleibt flüchtig, löst in ihr aber eine Welle von Emotionen aus. Fragen drängen sich auf, über Ehe und Mutterschaft, über Adoption und andere Familiengeheimnisse, über Wahrheit überhaupt. In "Das Vorkommnis" erzählt Julia Schoch von einem Leben, das urplötzlich eine andere Richtung bekommt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28.05.2022

Rezensentin Daniel Strigl wirkt etwas unentschlossen gegenüber Julia Schochs Roman, dem ersten Teil einer Trilogie; anfangs auch etwas skeptisch wegen des autofiktional klingenden Titels. Dann verfolgt sie aber doch interessiert die Geschichte, scheint es, die von einer Autorin und Mutter erzählt, deren Leben durch das Auftauchen einer Halbschwester aus den Fugen gerät. Wie Schoch davon erzählt, wie der Glauben der Icherzählerin an das Konzept Familie bröckelt und nach und nach zu einer regelrechten Ablehnung und Paranoia gegenüber ihrem Ehemann wird, scheint sie zumindest überzeugend zu finden, auch wenn sie Probleme mit der Umsetzung des Worts "Vorkommnis" hat - so wird sie den Eindruck einer "künstlich erzeugten Bedeutsamkeit" nicht recht los. Auch dass bei Schoch nichts unausgesprochen bleibt, gefällt ihr nicht besonders - immerhin das "Verwirrspiel" um Fiktion und Realität bleibe ungeklärt. Woraus die Folgebände ihre "Dynamik" ziehen werden, erwartet Strigl gespannt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.04.2022

Ein Familienroman, indem sich hinter dem, was klar erscheint und einfach, ein höllischer Raum auftut - das ist an sich nichts Neues, stellt Rezensent Hubert Winkels fest. Und doch ist Julia Schochs Roman anders, so Winkels. Statt ihre Erzählung wie traditionell um ein Geheimnis, eine Leerstelle kreisen zu lassen, bringt sie das Trauma gleich zu Anfang auf den Punkt und schildert es dann in seiner fatalen Überquell-Bewegung. Die Art und Weise, wie Schoch den von diesem Ausgangspunkt - der aufgedeckten Familienlüge sich ausbreitenden "Derealisierungseffekt" darstellt, empfindet der Rezensent als einen der beeindruckendsten Aspekte dieses Romans. Bei Schoch verweist nicht das Fehlen, die Lücke auf zunehmende Entfremdung, sondern im Gegenteil: Das Zuviel. So wird denn auch, je konkreter Schochs Schilderungen des Geschehens werden, das "Befremden" der Ich-Erzählerin immer spürbarer. Gespannt ist der beeindruckte Rezensent, wie die Autorin an diesen ersten Teil einer geplanten Trilogie anknüpfen wird. Leicht wird das nicht, ahnt er.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2022

Rezensent Gregor Dotzauer findet Julia Schochs "Das Vorkommnis" großartig. Die Ich-Erzählerin, die autobiografische Ähnlichkeiten zur Schriftstellerin aufweise, beschreibt darin ihren Umgang mit einer "mehr oder weniger überraschende Familienvergrößerung", nachdem sie beim Signieren ihrer Bücher von einer Frau angesprochen wurde, die behauptete, den gleichen Vater zu haben. Dass die Protagonistin zuerst keinerlei Interesse an dieser Offenbarung zeigt, erzeugt in Dotzauer nicht nur Unverständnis, sondern vor allem Ungeduld, doch er weiß, dass dies dem Raffinement der Autorin geschuldet ist, die sich dadurch verstärkt auf die Grundskepsis ihrer Figur konzentriert. Nebenbei wird hier auch noch ein Stück DDR-Geschichte erzählt. Das ist tastendes Schreiben einer bemerkenswerten Stimme und stellt zwei weitere Bücher in dieser Reihe in Aussicht, schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 05.02.2022

Rezensent Richard Kämmerlings erfährt mit Julia Schochs neuem Roman um eine Frau, die aus heiterem Himmel mit einer unbekannten Halbschwester konfrontiert wird, was es heißt, in den Abgrund der eigenen Biografie und Familiengeschichte abzugleiten. Was Fiktion, was Fakt ist, diese Frage nimmt der Text, wie sooft bei Schoch, damit erneut auf, erklärt Kämmerlings. Wie lakonisch und zugleich psychologisch dicht Schoch den "seelischen Schwindel" ihrer Protagonistin beschreibt, sodass er sich auf den Leser überträgt, hält Kämmerlings für meisterlich.