Kathy Acker

Bis aufs Blut

Zerfleischt in der Highschool. Roman
Cover: Bis aufs Blut
März Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783755000013
Gebunden, 212 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Johanna Davids. Janey lebt in einem Zimmer, das von außen abgeschlossen wird. Zweimal am Tag kommt der persische Sklavenhändler herein und bringt ihr bei, eine Hure zu sein. Sonst passiert nichts. Als sie eines Tages in einer vergessenen Ecke des Zimmers einen Bleistiftstummel und ein Stück Papier findet, beginnt sie, ihr Leben aufzuschreiben. Angefangen hatte alles mit ihrem Vater, der gleichzeitig auch ihr Lover war, sich dann aber in eine andere verliebte …Mit "Bis aufs Blut" hat Kathy Acker eine subversive Erzählung geschaffen, die aus Gesprächen, Beschreibungen, Zeichnungen, Vermutungen und Notizen besteht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.11.2022

Kathy Acker ist hierzulande ein weitestgehend unbekannter Name, glaubt Rezensentin Antonia Baum (ältere Leserinnen würden protestieren), und macht dafür zwei Gründe verantwortlich: Zum einen sei Acker eine Autorin, die eher von anderen Schriftstellerinnen rezipiert werde als vom allgemeinen Lesepublikum und zum anderen sei sie so postmodern, wie es nur geht. In der Geschichte um Janey, die darunter leidet, sich Anerkennung und Liebe von einem abwesenden Vater zu wünschen und sich dafür völlig aufzureiben, geht es verwirrend und chaotisch zu, nicht nur inhaltlich, auch in der Form, so Baum. Als "Kernerfahrung weiblicher Existenz" bezeichnet es die Kritikerin, wie die Protagonistin versucht, ihren Schmerz bei der Suche nach dem "Vater-Mann" mit Sex und noch mehr Schmerz zu verdecken. Der Gebrauch einer ziemlich derben Sprache für ziemlich derbe Inhalte habe dazu geführt, dass der Roman bei seiner Ersterscheinung 1985 in Deutschland auf dem Index landete. Das wird mit dieser Neuübersetzung hoffentlich nicht passieren, resümiert Baum, sie wünscht der 1997 verstorbenen Acker viele neue Leser*innen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.06.2022

Rezensent Frank Schäfer freut sich, dass Kathy Ackers "Underground-Klassiker" von 1978 nun im März-Verlag neu erschienen ist. Denn dass das Buch 1985 nach der deutschen Erstübersetzung sofort auf den Index jugendgefährdender Schriften gesetzt wurde, wie der Kritiker weiß, wird durch seine Kritik zwar nachvollziehbar - es geht um die junge Janey Smith, die von ihrem pädophilen Vater verstoßen wird, sich dann auf den Straßen New Yorks herumtreibt, Drogen nimmt und zwei Abtreibungen hat, und dabei werde mit Beschreibungen von inzestuösen oder pädophilen Sexszenen nicht gespart, so Schäfer - aber dennoch spricht der Kritiker bei dem Verbot von einem "Fehlurteil", das nun glücklicherweise revidiert werde. Denn Ackers Buch sei nicht nur inhaltlich, sondern formal sehr "transgressiv": die Autorin spiele wild mit surrealistischen und avantgardistischen Techniken wie Text-Bild-Montagen, Cut-ups oder "Zitaten beziehungsweise Plagiaten", und das hält Schäfer für lesenswert. Eine "fordernde Fuge", die den Kritiker auch in ihrer Buchgestaltung anspricht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 03.05.2022

Rezensent Pascal Fischer begrüßt, dass Kathy Ackers wilder Punk-Roman "Bis aufs Blut", der 1986 auf den Index gesetzt wurde, nun in neuer Übersetzung erscheint. Acker erzählt darin die drastische, obszöne, von Inzest, Krankheit und Sex geprägte Geschichte der 13-jährigen Protagonistin Janey zwischen Lust und Unterwerfung. Formal nur lose zusammengebunden aus Tagebucheinträgen, Gedichten, Dialogen und unterstützt von derben Zeichnungen, erklärt Fischer. Das ist dem Rezensenten zufolge theoretisch und thematisch hochaktuell, vor allem, wenn es um männliche Herrschaft über den weiblichen Körper oder den eurozentrischen Blick geht. Glücklicherweise ist dieses Buch wieder zugänglich, resümiert Fischer, der sich bei der Lektüre fühlte wie in einer SM-Session: Ein wilder, schmerzhafter Rausch.
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