Larissa Boehning

Lichte Stoffe

Roman
Cover: Lichte Stoffe
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783821807379
Gebunden, 324 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

"Warum trägt man sein Leben lang Geheimnisse mit sich herum? Und nimmt sie dann mit ins Grab." Alleingelassen mit einem Mischlingskind in der Trümmerwüste Berlins 1946 - das Trauma ihres Lebens hat Neles Großmutter nie verkraftet und an die nächste Generation weitergegeben. Als Nele Niebuhr von der Existenz eines Degas-Gemäldes erfährt, das sich am Ende des Zweiten Weltkriegs im Besitz ihrer verstorbenen Großmutter befunden haben soll, geht es für sie mehr als nur um die Frage nach dem Verbleib eines wahrscheinlich millionenschweren Familienerbes. Denn um das Gemälde rankt sich eine bislang sorgsam verschwiegene Familiengeschichte. Ein schwarzer amerikanischer Besatzungssoldat hatte das Bild einst ihrer Großmutter geschenkt, bevor er auf Nimmerwiedersehen nach Amerika verschwand und sie mit dem gemeinsamen Kind in der Trümmerwüste Berlins allein zurückließ. So jedenfalls hatte es ihre Großmutter erzählt. Nach ihrem Tod findet Nele im Nachlass Hinweise, dass diese Geschichte nur ein Teil der Wahrheit gewesen ist. Sie macht sich auf, den verschollenen Großvater in Amerika zu suchen - und mit ihm das Gemälde und den Schlüssel zum Verständnis ihrer eigenen Herkunft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Rezensentin Carola Ebeling ist im Großen und Ganzen angetan von diesem Romandebüt, dessen einzige Schwäche sie darin sieht, dass die Autorin Larissa Boehning bisweilen zu viel in ihm sagen will. Doch Ebeling findet, dass der Familienroman, abgesehen von einigen hölzernen Sequenzen, die dieser Überambitioniertheit geschuldet ist, "Form und Inhalt" überzeugend zusammenbringt. Die Fremdheit zwischen den Figuren, die auch durch neue Erkenntnisse über die gemeinsame Geschichte nicht überwunden werden kann, stellt die Autorin überzeugend dar. Zentrales Thema der Romans ist nach Beobachtung der Rezensentin "Lebensangst", und die Frage, welche Mittel legitim sind, um diese Angst im Zaum zu halten. Boehning gibt jedem ihrer Protagonisten seinen eigenen Raum, der "aus dem Roman herauszufallen scheint". Doch genau dieser Prozess bildet in Ebelings Augen den Kern des Romans. Boehning verwebt gekonnt die Vergangenheit mit der Gegenwart: "Das Beharren auf der Geschichte und das gleichzeitige Hinterfragen ihrer Möglichkeit treibt den Roman voran."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2007

Die Debütantin mache hier alles richtig, schreibt Meike Fessmann, und spart nicht mit Lob für Larissa Boehning. Von den ersten Seiten an hat sie bei der Autorin das beruhigende Gefühl gehabt, dass nichts schief gehen wird mit der Geschichte. Die besteht im Wesentlichen aus einem Flug über den Atlantik, auf dem sich die Protagonistin Nele mit ihrem Sitznachbar unterhält. Diese "Scheherazade-Situation" hält die Rezensentin schon mal für einen guten Einfall, damit könne Boehning "ganz natürlich" die Themen anreißen, die sie interessieren. Heraus kommt dann zum Beispiel eine "kenntnisreiche" Persiflage auf die Marken-Welt, die der Gesellschaft mittlerweile ihre Mythen gegen Bezahlung liefert. Dass die Vergangenheit mit der Konstruktion eines geheimnisvollen amerikanischen GI-Großvaters hereingeholt wird, mag in der Anlage etwas "fadenscheinig" wirken, meint Fessmann, dass daraus aber trotzdem ein "spannender" Roman werde, spreche für die Autorin. Die bekommt von der Rezensentin außerdem Sonderpreise in den Kategorien "hellwache Wahrnehmung" und "geschickte Figurenführung".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2007

Ganz hingerissen zeigt sich Rezensentin Julia Bähr von Larissa Boehnings Roman "Lichte Stoffe". Sie bewundert den brillanten Stil der Autorin, der sie in seiner Perfektion an Oscar Wilde erinnert. Gleichwohl wirkt er nie künstlich auf sie, sondern immer "elegant und leichthändig". Sie sieht in dem Roman auch eine Skizze der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Lobend hebt sie hervor, dass Boehning hierbei sämtliche Klischees vermeidet. Die Autorin zeichne das überaus facettenreiche Bild eines Landes in permanenter aggressiver Verteidigungshaltung. Im Blick auf die Entwicklung der Hauptfiguren attestiert Bähr der Autorin ein "sicheres Gespür für die Situationen, die den Menschen gewissermaßen bis auf den Wesenskern aufbrechen". Negativ wirkt das Buch auf sie gleichwohl nicht. Ihm Gegenteil: Bähr würdigt es als einen "bezaubernden Roman voller Menschlichkeit".
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