Laurent Mauvignier

Geschichten der Nacht

Roman
Cover: Geschichten der Nacht
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2023
ISBN 9783751809399
Gebunden, 510 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. In einem abgelegenen Weiler irgendwo in der französischen Provinz wohnen vier Menschen eng beieinander und erleben trotzdem ganz unterschiedliche Realitäten. Das eine Haus bewohnen Marion und Patrice gemeinsam mit ihrer Tochter Ida, im anderen wohnt Christine, die fast schon wie eine Verwandte zur Kleinfamilie gehört. Sie alle hüten ihr eigenes Geheimnis, zu Marions vierzigstem Geburtstag aber überwinden sie ihre Differenzen und kommen zum Feiern zusammen. Doch schnell wird die seltene Eintracht getrübt, als drei fremde Männer auf dem Hof auftauchen und die Bewohner gefangen nehmen. Was als geselliger Abend geplant war, entwickelt sich zu einer Nacht des Schreckens und eine Spirale der Gewalt setzt sich in Gang. Mit geschärften Sinnen nimmt jede der Geiseln die beängstigenden Geschehnisse auf ganz eigene Weise wahr und wird auf essenzielle Fragen zurückgeworfen: Kann man jemandem vertrauen, ohne seine Vergangenheit zu kennen? Was macht eine Familie wirklich aus und kann nur eine einzige Wahrheit das gesamte Leben verändern?

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.01.2024

Ein Meisterwerk annonciert Rezensentin Katharina Teutsch mit diesem Roman des französischen Autors Laurent Mauvignier. Dabei passiert vordergründig wenig - und doch genug, um die Kritikerin in einen Sog zu ziehen: Kleinbauer Patrice lebt mit seiner schönen Frau Marion in einem Weiler in der France Profonde, auf dem Hof wohnt auch die einsame Malerin Christine, schließlich tauchen drei Männer auf, die den Hund töten und auch darüber hinaus für Beunruhigung sorgen. Wie Mauvignier daraus ein Psychodrama spinnt, das sich schließlich zu einem fesselnden Thriller ausweitet, findet Teutsch brillant: Etwa, indem der Autor Marions Vorgeschichte samt Verweise auf die MeToo-Debatte einstreut, knapp und in "mäandernden Sätzen". Schließlich scheut Teutsch den Vergleich mit Sartres Stück "Huis Clos" nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2023

Eine "Weltschau der psychologischen Mikroskopie" liest der begeisterte Kritiker Cornelius Wüllenkemper bei Laurent Mauvignier und dessen Roman, der gar nicht so leicht in Worte zu fassen ist: Es geht um eine kleine Familie, Mutter Marion, Vater Patrice und Tochter Ida, die in einem einsamen Dorf leben und eines Tages eine Art Überfall erleben, den der Autor minutiös, wie unter einer Lupe und äußerst spannend erzählt. Wüllenkemper kann gar nicht nachvollziehen, was andere Kritiker bemängeln, für ihn ist die Dichotomie zwischen Innenleben der Figuren und Oberflächenspannung der Handlung besonders reizvoll. Eine hochspannende Geschichte, deren Ausgang der Rezensent nicht verraten, aber darauf hinweisen will, dass die Auflösung wie bei "einer literarischen Kernspaltungen" ungeahnte Kräfte freisetzt.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.10.2023

Fast filmreif erzählt Laurent Mauvignier hier einen Dorf-Thriller, der sein Tempo langsam, sehr langsam, steigert, bemerkt Rezensent Burkhard Müller. Das Dorf, in dem sich die Handlung abspielt, wird von nur vier Personen bewohnt: Die Eltern Patrice und Marion, die Tochter Ida und die Nachbarin Christine, schildert Müller. Während wir die Protagonisten kennenlernen, entfaltet sich die spannungsvolle Ungeduld, die uns schon vermuten lässt, dass da etwas gewaltig schief gehen wird. Und so ist es dann auch: Drohungen und merkwürdige Vorkommnisse schalten das Tempo der Erzählung sukzessive höher, bis drei Männer bei einem Familienfest eintreffen, die Marion kennt, und die wohl Schlimmes vorhaben, deutet der Kritiker voraus, möchte das Ende aber nicht verraten. Noch reizvoller wäre es, wenn auch die Gedanken der Figuren im Ungefähren verbleiben würden, eine filmische Umsetzung könnte hier Abhilfe schaffen, schließt Müller.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.09.2023

Gebannt verfolgt Rezensentin Sylvia Staude die Handlung von Laurent Mauvigniers neuem Roman. Und das, obwohl erst einmal nicht viel passiert in dieser Geschichte um vier Menschen - ein Paar mit Kind und eine Nachbarin -, die in einem abgelegenen Provinznest leben. Die Handlung spielt, lernen wir, an einem einzelnen Tag und wird äußerst detailliert aus unterschiedlichen Perspektiven aufgefaltet. Man ahnt zwar, so die Rezensentin, dass irgendwann noch etwas, und zwar nichts Gutes, passieren wird, aber bis dahin bleibt alles eng am Alltag und an der Normalität. Geschickt, wie Mauvignier die Hintergründe seiner Figuren erst nach und nach offenbart und zu einem Thriller zusammenfügt, der ganz und gar nicht am Reißbrett entworfen ist.