Manfred Schneider

Das Attentat

Kritik der paranoischen Vernunft
Cover: Das Attentat
Matthes und Seitz, Berlin 2010
ISBN 9783882215373
Gebunden, 768 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Das Attentat ist eine im politischen und gesellschaftlichen Alltag allgegenwärtige Möglichkeit: Politiker, Stars, Prominente schützen sich mit immer rigideren Sicherheitssystemen und immer mehr Bodygards gegen eine wachsende Bedrohung. Manfred Schneider geht in seinem faszinierenden Buch der Geschichte, dem Wesen und Folgen des Attentats auf den Grund. An einer Vielzahl von Beispielen, von Brutus Cäsarenmord, über die Ermordung Marats, bis zu den Attentaten auf John F. Kennedy oder John Lennon, skizziert er die psychologische Struktur des Attentäters, dessen Tat immer für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Sein Ziel ist es, im Auge der Welt zu erscheinen. Doch es gibt auch eine Geschichte der Interpretationen: Fragen nach den Gründen, den Verschwörern und den Wirkungen auf die Geschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.01.2011

Absolut überzeugt ist Rezensent Robin Celikates von Manfred Schneiders Geschichte des Attentäters zwar nicht, aber gern gelesen hat er sie doch. Was Schneider in seinen literaturgeschichtlichen und kulturtheoretischen Reflexionen über die Figur des Attentäters - von Brutus über Lee Harvy Oswald bis Mohammed Atta - herausarbeitet, stellt Celikates so dar: "Der Attentäter neigt zu Überinterpretationen. Meist sieht er sich als Agenten der Geschichte, seine Logik sei zwar Irrsinn, aber nicht Unvernunft, seine Paranoia nicht irrational, sondern "hyperrational". Nicht immer, schreibt Celikates freundlich, seien Schneiders Spekulationen durch die historischen Tatsachen gedeckt, mitunter sieht der Rezensent das Material arg strapaziert, und eine Einordnung in den politischen Kontext wäre bei einer Person wie Carlos bestimmt sinnvoll gewesen. Aber an seinem insgesamt positiven Urteil über dieses "zeitgemäße wie gewichtige" Werk ändern diese Einwände nichts.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.01.2011

Des Autors Fähigkeit, Randlagen seiner Disziplin zu erforschen, imponiert der Rezensentin. Psychopathologisch geschult, wie er ist, hält der Germanist Manfred Schneider auch in dieser Studie, was Dorion Weickmann von ihm erwartet. Dazu gehört zum Beispiel, über das Kernthema der paranoischen Vernunft nicht nur trocken zu belehren, sondern den Leser zu unterhalten, das Thema ins "Allerweltsbefindliche" zu transportieren, wie Weickmann zweischneidig formuliert. Eine faszinierende Lektüre ergibt das für sie allemal, wenn der Autor Wahnepisoden aufreiht, Attentäter und ihre Motivation durch die Jahrhunderte vorstellt und den Schrecken und seine Proliferationsmöglichkeiten durch das Internet erkundet.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2010

Mit Faszination und Widerwillen zugleich hat Adam Soboczynski dieses 800-Seiten-Buch des Bochumer Germanisten Manfred Schneider gelesen, das seinen Informationen zufolge den Attentäter als paradigmatische Figur der Moderne beschreibt. Faszination deshalb, weil er hier "mit unverhohlen voyeuristischer Lust" bekannte wie vergessene Attentäter und ihre Anschläge vorgestellt fand. Und zwar als Symptome einer Moderne, in der alles zweckrational zugerichtet und medial zugekleistert sei. Auf der Kehrseite des Zwecks und der Bilder jedoch entstünden der Theorie Schneiders zufolge Paranoia und Verschwörungstheorien, tauche schließlich der Attentäter als "schwarzer Engel des Zufalls" auf. Doch so brillant der Kritiker Attentate und -täter auch geschildert findet, so luzide manche politische Zusammenhänge analysiert, grundsätzlich erscheinen ihm die theoretischen Grundlagen des Diskurses reichlich krude. Hier nämlich kann er kaum mehr erkennen als unscharfe Überlegungen zur Moderne, der Schneider einen umfassenden Verblendungszusammenhang unterstellt, so Soboczynskis Eindruck, und zu diesem Zweck allerlei Halbgares verrührt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2010

Rezensent Urs Hafner schätzt Manfred Schneiders Werk über das Attentat des Brutus bis heute als überaus anregend. Die Entwicklung der Physiognomie des Attentats aus der "Urszene aller politischen Anschläge", der Ermordung Cäsars durch Brutus, findet er ebenso aufschlussreich wie die über die Psyche des Attentäters. Ausführlich geht er auf Schneiders Ausführungen über die "paranoische Vernunft" des Attentäters ein. Paranoia wird für ihn dabei verständlich als eine Form von Rationalität, die einiges über die Moderne und die Welt, in der wir leben, zu sagen hat.