Mario Frank

Walter Ulbricht

Eine deutsche Biografie
Cover: Walter Ulbricht
Siedler Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783886807208
Gebunden, 540 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Walter Ulbricht, 1893 in Leipzig als Spross einer sächsischen Handwerkerfamilie geboren, schloss sich nach einem Zwischenspiel bei der SPD früh der kommunistischen Bewegung an. Er wird Reichstagsabgeordneter der Kommunistischen Partei und geht im Oktober 1933 in die Emigration nach Prag, Paris und Moskau, wo er Herbert Wehner wiedertrifft. Für sein Buch hat Mario Frank erstmals geheime Unterlagen der Kommunistischen Internationale eingesehen, die diese wichtige Lebensphase von Ulbricht erhellen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.03.2003

Holger Gumprecht hat für Franks neue Ulbricht-Biographie nur Lob. Sie beweist für ihn, dass alle bislang herrschenden Auffassungen von Ulbricht "zu kurz" gegriffen hätten. Hier dagegen nun werde er gezeigt als "der mächtigste Deutsche seiner Zeit". Dass Frank sich seinem Gegenstand als Nicht-Historiker und Nicht-Ostdeutscher, als "Außenseiter" also gleichsam nähert - er ist Rechtswissenschaftler und Geschäftsführer der "Sächsischen Zeitung und der Dresdner "Morgenpost" - empfindet der Leser nach Auskunft des Rezensenten nie als Manko. Das Buch ist vielmehr "aufwendig recherchiert", und Frank hat erstmals bislang verschlossene Archive für seine Komplettierung des Ulbricht-Bildes zur Verfügung gehabt, berichtet Gumprecht. Frank lasse sein Buch außerdem "dramaturgisch geschickt" beginnen, sein "Detailwissen" sei "frappant", das Buch mit "aufschlussreichen Anekdoten" nur so "gespickt" und schließlich verstehe sein Autor auch noch "leicht lesbar" und "nicht selten sogar spannend" zu schreiben. Am Ende hat der Leser das Gefühl, "alles Wissenswerte" über Ulbricht erfahren zu haben, aber auch "nichts Weiteres mehr über diesen Menschen erfahren zu wollen". Das Erste ist Franks Verdienst, das Letzte liege in der "belanglosen und abstoßenden Person des Porträtierten begründet", schreibt Gumprecht zum Abschluss.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.04.2002

Weniger eine Biografie sondern eher eine Geschichte der KPD und der DDR, "mit besonderem Blick auf Walter Ulbricht" nennt Rezensent Marius Zippe dieses "leicht verständliche und sehr durchdachte" Buch. Im "furiosen Einstieg" präsentiere der Autor den Diktator von sowjetischen Gnaden zunächst als typischen Machtmenschen, der mit Wendigkeit und Härte im Krisenjahr 1953 seine Position erfolgreich verteidigt. Erst mit der Bereitschaft zu Reformen verlor der alternde SED-Vorsitzende die Gunst Breschnews und ebnete, laut Zippe, so dem "Betonkopf Honecker" den Weg, und wirke im Vergleich zu diesem "nicht einmal unsympathisch".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.08.2001

Dem aus Rostock stammenden Historiker Mario Frank ist es gelungen, ein facettenreiches Bild über jenen gebürtigen Leipziger Tischler zu entwerfen, der sich lange an der Macht und dessen "sächsische Fistelstimme" ungezählte Stimmimitatoren in Atem hielt, schreibt Norbert Seitz. Die Rede ist hier von Walter Ulbricht, dem Gründer der DDR, dessen Leben und politische Karriere der Historiker aufgezeichnet hat. Dabei konnte er auf Unterlagen aus Archiven zurückgreifen, die erst seit kurzem zugänglich sind, informiert der Rezensent. Sehr anschaulich werde hier die zunehmende Selbstherrlichkeit eines ansonsten spartanisch lebenden Menschen gezeigt, der jedoch mit 70 Jahren auf einmal eine gewisse "Störrigkeit" an den Tag legte, die Annäherung zu Willy Brandt suchte und dafür von Honecker und Breschnew aus dem Amt "gemobbt" wurde, berichtet Seitz, der die Biografie über den "deutschen Ordnungsmenschen" gerne gelesen hat. Nur eines vermisst der Rezensent: Ulbrichts rigoroser Regierungsstil hatte Auswirkungen auf die Befindlichkeiten des Volkes, und darüber erfährt der Leser dieser Biografie recht wenig, bemängelt Seitz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.04.2001

Harald Wessel schickt erst mal voraus, was es heißt, "dieser geschichtlichen Schlüsselfigur einigermaßen gerecht zu werden", was es heißt auch, sich damit zugleich an eine breitere Öffentlichkeit zu wenden sowie der Wissenschaft von Nutzen sein zu wollen. Wessel macht das, um seine Beglückwünschung des Autors unmittelbar folgen zu lassen: Das Buch, schreibt er, werde Furore machen, "weil es den 'Fall Ulbricht' neu aufrollt - mit neuem Aktenwissen (aus dem Moskauer Archiv der Komintern etwa) und der Gelassenheit des neuen Jahrhunderts." Drei Aspekte des Buches hält Wessel für besonders anregend: Die Darstellung von Ulbrichts Rolle in den Auseinandersetzungen um eine antifaschistische Einheitsfront, die Ausführungen zur Funktion Ulbrichts bei den dramatischen Entwicklungen vor und nach dem 17. Juni 1953 und jene schließlich, die sich mit den Reformversuchen Ulbrichts in den Sechzigern befassen. Dass es, so zu den Reformversuchen, bei einer Figur wie Ulbricht immer auch etwas nachzutragen gibt, hält der Rezensent dabei für ganz natürlich.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.04.2001

Rezensent Lothar Bisky weiß, wovon er spricht. Wenigstens erscheint dem Leser seine Kritik an dieser neuen Ulbricht-Biographie fundiert und gerecht, und wenn Bisky schließlich von seinen Gesprächen mit Ulbrichts Witwe erzählt und mutmaßt, was diese Frau ihm, und ausdrücklich nur ihm, anvertraut habe - Dinge aus Ulbrichts sozio-kulturellem Umfeld -, fehle in diesem Buch, so wünschten wir, die Vorurteile Lotte Ulbrichts gegen die "bürgerlichen Medien" wären weniger stark. Bisky indes hat noch einen gewichtigeren Einwand. Das Buch, erklärt er, enthalte eine Menge wichtiger Tatsachen wie richtiger Wertungen und sei durchaus lesenswert - "wenn man den antikommunistischen Grundgestus des Verfassers und seine fraglose Selbstgewissheit (Bisky spielt hier vor allem auf das Geschichtsverständnis Franks an) zu überlesen in der Lage ist." Genau dies zu tun jedoch, war der Rezensent außerstande.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2001

Skepsis äußert Carola Stern gegenüber dem Vorhaben, eine Ulbricht-Biografie zu schreiben, da es deren schon einige gebe. Was könnte man Neues bieten? Immerhin besteche es, dass der Autor im Westen aufgewachsen sei und sehr ausführlich und fleißig recherchiert habe. Allerdings werde durch diese Arbeit das Ulbricht-Bild nicht revidiert (das letzte Mal sei dies durch Monika Kaiser der Fall gewesen), aber immerhin lerne man einige neue Details über Ulbricht. Nach dem Lob des ersten Kapitels, konstatiert Stern, dass der Autor seine Perspektive "von außen" verspielt, weil er bisweilen in den Ulbricht-Originalton verfalle. Außerdem vermisst sie die konturierte Zeichnung der Menschen im Umfeld Ulbrichts, die heute kaum noch bekannt und doch wichtig seien für das Profil Ulbrichts. Der Schluss überzeugt die Rezensentin wieder, obwohl ihr die Darstellung des alten Ulbricht im Vergleich zu Monika Kaisers Studie nicht plausibel erscheint. Trotzdem bekomme aber der weniger kritische Leser im ganzen einen guten Einblick in die "kalte Apparatwelt" der DDR.