Marlene Streeruwitz

Die Reise einer jungen Anarchistin in Griechenland

Roman
Cover: Die Reise einer jungen Anarchistin in Griechenland
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014
ISBN 9783100022448
Gebunden, 192 Seiten, 18,99 EUR

Klappentext

Marlene Streeruwitz übernimmt die Rolle ihrer Heldin Nelia Fehn aus "Nachkommen" und schreibt deren Erstlingswerk.
Eigentlich wollte Cornelia sich im Ökoresort ihrer Halbschwester auf Kreta Gedanken machen, wie ihr eigenes Leben nach der Matura nun weitergehen soll. Aber dann wird die Fahrt nach Athen zu ihrem Geliebten Marios eine abenteuerliche Irrfahrt durch eine Welt der Zwangsverhältnisse aus der Krise und den Verlusten daraus. Nelia Fehn will, dass alle wissen, was es heißt, mit den Folgen der nationalen und internationalen Verstrickungen leben zu müssen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.01.2015

Die Rezensentin Anna-Lena Scholz fühlt sich nicht ganz wohl damit, Marlene Streeruwitz' zweiten Roman, "Die Reise eine jungen Anarchistin nach Griechenland", allzu sehr zu loben, denn schließlich handelt es sich um eben jenes Buch, mit dem ihre Protagonistin Nelia Fehn in "Nachkommen" Erfolge feierte, einem Roman, der als Kritik am einfachen Strickmuster der Buchindustrie angelegt war. Dass das Buch der klugen, jungen, fotogenen Autorin jetzt ausgerechnet von einer klugen, jungen, fotogenen Autorin handelt, sollte zu denken geben, findet die Rezensentin, die sich unsicher ist, ob es reicht, der Industrie den Spiegel vorzuhalten, oder ob Literatur nicht direkter für ein anderes Bild sorgen müsste.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.11.2014

Florian Kessler frohlockt über Marlene Streeruwitz alias Nelia Frehn oder umgekehrt. Dass der Blick der Autorin auf die Gesellschaft noch einmal anders als schonungslos und sprachlich höchst eigensinnig, aber inzwischen auch etwas erstarrt daherkommen könnte, scheint er gar nicht mehr für möglich gehalten zu haben. Angenehm überrascht zeigt er sich denn, wenn Streeruwitz nun fast unbeschwert und gar in vollständigen Sätzen eine einfache Geschichte erzählt. Nelia Fehn, bekannt aus dem letzten Roman der Autorin, versucht darin, dem verseuchten Kulturgehabe des alten Europa zu entrinnen, neue Strukturen zu erkunden und gelangt dabei zu einer Solidität, die Kessler ob ihrer Hoffnungsfreude wirklich erstaunt. Groß und politisch relevant erscheint ihm die Autorin nach wie vor.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.10.2014

Spricht es gegen diesen Roman, dass Marlene Streeruwitz ihre Camouflage als Autorin Nelia Fehn nicht durchgehalten hat? Überhaupt nicht, meint Rezensentin Judith von Sternburg. Eigentlich wird es nur so erst zu Literatur, denn die "Autobiografie" der Nelia Fehn liest sich offenbar eher unliterarisch autobiografisch. Fehn ist eine junge Autorin, die intellektuell "nicht ernst genommen" wird, erklärt die Rezensentin, die sich an Helene Hegemann zu Zeiten von "Axolotl" erinnert fühlt. Sie reist nach Griechenland, um an einer Demo teilzunehmen. Dabei geht einiges schief und sie begegnet einer Reihe interessanter Figuren. Streeruwitz zeichnet hier das Porträt einer jungen Frau, die gut informiert ist, moralisch denkt und handelt, aber auch "bürgerliche Vorsicht" walten lässt. Klingt hohl? Überhaupt nicht, versichert Sternburg, die große Sympathie für diese "nüchterne Idealistin" hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2014

Von wegen "hübsche kleine Odyssee"! In Marlene Streeruwitz' satirischem Roman "Nachkommen" über den Literaturbetrieb behandelten die Literaturgockel das fiktive Werk der fiktiven Nelia Frehn noch recht herablassend, jetzt hat Streeruwitz es tatsächlich geschrieben und herausgekommen ist, wenn man Franz Haas Glauben schenken möchte, ein veritabler Horrortrip durch ein wirtschaftlich und kulturell verheertes Europa. Die junge Nelia, deren Schwester auf Kreta ein veganes Ferien-Resort betreibt, macht sich von dort aus auf nach Athen, zu ihrem Geliebten, dem Soziologen und Anarchisten Marios, der bei einer Demonstration von einem Polizeiauto verkrüppelt wurde. Ein böses Bild zeichnet Streeruwitz hier von Europa, meint Rezensent Haas, das nicht weiter von offiziöser Rhetorik und fröhlichen Erasmus-Klischees entfernt sein könnte: Ökonomisch deprivierte Griechen treffen auf kulturell verkümmerte Deutsche. Dabei erlebt der Rezensent die Autorin als "formidable Stimmenimitatorin", denn sie gibt Nelia genau die richtige "rabiat hilflose" Stimme, die es für einen solch "zornig funkelnden" Roman braucht.