Mary Miller

Always Happy Hour

Erzählungen
Cover: Always Happy Hour
Hanser Berlin, Berlin 2021
ISBN 9783446267879
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Stefanie Jacob. In Mary Millers Erzählungen suchen junge Frauen genau an den falschen Orten nach Liebe. Sie sind gierig nach romantischen Gefühlen, aber gefangen in Zeiten pornografischer Abgeklärtheit. Sie haben keine Ahnung, was sie mit ihrem Leben anstellen sollen, und sorgen sich um ihr Gewicht und wie sie in weißen Bikinis aussehen. Sie treffen ständig schlechte Entscheidungen und sind sich selbst ihr schlimmster Feind. Die orientierungslosen jungen Frauen in "Always Happy Hour" verbringen ihre besten Jahre in Shopping Malls, Drogerien, Karaoke-Bars und Fast-Food-Restaurants, wo sie zu viel Alkohol trinken und komplizierte Gespräche über Essen führen. So damit beschäftigt, irgendwelchen Männern zu gefallen, merken sie gar nicht, wie egal ihnen diese Männer eigentlich sind. Mary Miller beschreibt eine atemlose Gegenwart, die keine Zukunft kennt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 20.08.2021

Rezensentin Lara Sielmann wäre mit einer einzelnen Erzählung aus "Always Happy Hour" sehr zufrieden gewesen - humorvoll, lässig, teils herrlich zynisch bieten Mary Millers Geschichten durchaus gute Unterhaltung. Im Verbund jedoch langweilen die Texte eher. Die Frauen, von denen Miller erzählt, unterscheiden sich nämlich kaum - immer handelt es sich um weiße, heterosexuelle Mittelschichtlerinnen mit denselben Problemen. Worin diese Probleme genau bestehen, lässt sich schwer greifen, und genau darin scheint die Krux zu liegen: Es ist eine innere Leere, die diese Frauen quält. Von außen, so Sielmann, mögen sie erfolgreich und selbstbestimmt aussehen: Sie haben gute Jobs, Geld, Männer, Freundinnen und nehmen sich, was sie wollen. Doch all das ist eben nur Staffage jenes "vermeintlich richtigen Lebens", das die Protagonistinnen kaum in Frage stellen und dennoch daran leiden, erklärt Sielmann. Ihrer Frustration begegnen sie dann mit Medikamenten, Alkohol und Affären, was teilweise amüsant zu lesen ist, aber eben schnell ermüdet, fährt Sielmann fort. Abgesehen davon ärgert sich die Rezensentin über die Übersetzung - Offenbar hat man es nicht für nötig befunden hat, das lediglich in Anführungszeichen gesetzte "N-Wort" irgendwie zu kommentieren, meint sie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.08.2021

Rezensent René Hamann findet den neuen Erzählband von Mary Miller "sehr amerikanisch": Geradlinig und ohne Experimente (von denen er sich manchmal etwas mehr gewünscht hätte), aber mit Gespür für emotionale Feinheiten seien die Geschichten geschrieben, in denen es um junge amerikanische Frauen aus einfachen Verhältnissen, ihre Probleme und ihre Männergeschichten geht - vieles davon kennt man aber schon aus Millers Vorgängerband "Big World", seufzt der Rezensent. Wie die Autorin aber subtil konventionelle Liebes- und Familienkonzepte befragt und außerdem bis zu den Namen gewisser Produkte hin großes "Klassenbewusstsein" zeigt, findet der Rezensent lobenswert, wie auch die nahezu "fehlerfreie" Übersetzung von Stefanie Jacobs. Dass Miller in der kleinen Form zu Hause ist, beweist der Band für Hamann ein weiteres Mal.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 07.08.2021

Rezensentin Marie-Luise Goldmann sieht in Mary Millers Erzählband eine aktualisierte Version von Flauberts Madame Bovary. Wie diese seien auch die Frauen in Millers Geschichten in einer alltäglichen Verzweiflung gefangen: Eine kranke Frau lässt sich auf einer Yacht von ihrem Mann "ficken", zwei Freundinnen fahren jedes Jahr zusammen in den Urlaub, ohne sich überhaupt zu mögen, eine Hundeliebhaberin traut sich nicht, einen eigenen Hund zu kaufen. Dennoch kommen die Erzählungen, wie Goldmann betont, weniger tragisch und düster als "grell" daher, mit pinken Luftmatratzen und einer "gelassenen Abgeklärtheit", auch in sprachlicher Hinsicht - und drängen gerade darin "wundersam zur Wahrheit", staunt die Kritikerin.
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