Maurice Halbwachs

Stätten der Verkündigung im Heiligen Land

Eine Studie zum kollektiven Gedächtnis
Cover: Stätten der Verkündigung im Heiligen Land
UVK Medien Verlagsges., Konstanz 2003
ISBN 9783896698940
Kartoniert, 268 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Stephan Egger. In dieser Untersuchung nimmt Maurice Halbwachs lange nach seiner Arbeit über das "kollektive Gedächtnis" erneut eine Fragestellung auf, die die Grenzen der Humanwissenschaften neu bestimmte. Seine Untersuchung zum geschichtlichen Wandel der christlichen Überlieferung zeichnet den Zugriff religiöser Gruppen auf die materiellen und räumlichen Bedingungen ihres Gedenkens nach und zeigt, auf welche Weise sich das religiöse Gedächtnis selbst eine Ordnung, einen Rahmen des Erinnerns gibt, der sich in geographischer Kontinuität versinnbildlicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.2003

Jan Assmann begrüßt sehr, dass dieses im Original bereits 1941 erschienene Buch von Halbwachs nun endlich übersetzt worden ist. So könne nun ein Umstand sichtbar werden, den der Rezensent "hochinteressant" nennt: Halbwachs habe seinen bis zu diesem Buch strikt auf das lebendige Gedächtnis beschränkten Gedächtnisbegriff sowie seine ganzen Hypothesen hier nun, und "offenbar bedenkenlos", auf die Sphäre der äußeren Zeichen ausgedehnt. Halbwachs habe in diesem letzten von ihm vollendeten Buch zum Thema Gedächtnis also, schreibt Assmann, seinen Focus vom "kollektiven" zum "kulturellen" Gedächtnis hin verlagert. Gegenstand dieses Buches sind, so erfahren wir, die Stätten des christlichen Gedächtnisses im Heiligen Land - an deren Beispiel Halbwachs dann unter anderem seine These belege, wonach Gedächtnis immer im Nachhinein rekonstruiert wird; insofern die Errichtung vieler dieser Stätten im Nachhinein nämlich aktuellen Bedürfnissen eines zur Staatskirche aufgestiegenen Christentums entsprang.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Mit "pochendem Herzen" hat Volker Breidecker dieses Buch gelesen und ruft alle auf, es ihm unbedingt gleichzutun. Denn bei Maurice Halbwachs, einem Schüler Durkheims, der im KZ Buchenwald ermordet wurde, hat er Wissen über das kollektive Gedächtnis gefunden, das ganz anders ist als alles, was bei Jung, Freud, Warburg, Proust und Benjamin steht. Und doch sei Halbwachs nie wirklich wahrgenommen worden, seine Erkenntnisse wurden zu einer "verlorenen Wissenschaft", und halb ahnt Breidecker, dass auch dieses Buch, das jetzt erstmals in deutscher Übersetzung vorliegt, ungelesen bleiben wird. Halbwachs führe darin am Beispiel der Heiligen Stätten Jerusalems und ihrer Rolle in der christlichen Erinnerungskultur vor, wie sich das kollektive Gedächtnis formt. Erinnerung sei für ihn "eine Konstruktion der Gegenwart über die Vergangenheit", ein "selbstständiges, aber von unseren kollektiven Vorstellungen, Sehnsüchten und Wünschen abhängiges Subjekt", ein Vorgang, ohne den die Pilgerstätten "nichts als Steine" wären. Ein grandios eigenartiges Buch, findet Breidecker, und zudem sehr politisch: "Man ahnt, nicht ohne Frösteln", was es "als historische Modellanalyse für die Untersuchung der politischen Religionen des 19. und 20. Jahrhunderts" bedeuten könne, mit ihren Heiligen Stätten vom Amselfeld bis zu Ground Zero. Doch man muss es selbst lesen, drängt Breidecker, denn es sei schlicht unmöglich, "den Gedanken und Bilderreichtum von Halbwachs' dicht gestricktem Buch ... auch nur annähernd wiederzugeben".
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