Michael Lentz

Pazifik Exil

Roman
Cover: Pazifik Exil
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783100439253
Gebunden, 463 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Viele Intellektuelle und Künstler flohen während der Herrschaft der Nationalsozialisten ins Exil an die amerikanische Pazifikküste. Michael Lentz findet mit den Mitteln der Erinnerung und der Fiktion diese Leben wieder, in denen jeder Blick an der Vergangenheit haftet, die Gegenwart des Exils aber im Gegenlicht der Verunsicherung steht: Heinrich Mann überquert die Pyrenäen; Brecht verabschiedet sich im Gedicht von einer verstorbenen Mitarbeiterin; Feuchtwanger streitet sich im Geiste mit Thomas Mann über Pelikane und entdeckt seltsame Zeichen in seiner Bibliothek; Thomas Mann wimmelt einen Reporter ab, der in sein Haus geschlichen war; Schönberg trauert einem verliehenen Sessel nach, den er längst zurückbekommen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2007

Letztlich hat sich Michael Lentz mit seinem Roman über die illustren deutschen Persönlichkeiten im kalifornischen Exil übernommen, deutet Rezensentin Nicole Henneburg an. Der Versuch, Thomas Mann oder Brecht als Romanfiguren anzulegen und sie mit der Sprache Lentz' sprechen zu lassen, findet sie "riskant" und "ehrgeizig". wirft für sie eine Diskrepanz auf, wenn auch der lentzsche Duktus dafür sorgt, die lose verbundenen (Selbst)-Gespräche oberflächlich und synthetisch zusammenzuhalten. Am besten sind ihrer Ansicht nach die Passagen, die direkt oder indirekt das Original zitieren oder solche, in denen die Figuren ein Eigenleben entwickeln. Inhaltlich findet sich stellenweise Amüsantes aber ebenso Banales, ja sogar Voyeuristisches. Die Rezensentin findet das unangebracht, denn "damit macht der Autor seine Figuren klein".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2007

Ein bisschen wundert sich Christoph Bartmann schon: Ist der Sprachartist Michael Lentz jetzt ins Romanfach gewechselt? Und wieso ausgerechnet mit einem Dokudrama über ein derart bekanntes Gebiet der Literaturhistorie? Tatsächlich entdeckt Bartmann hier nichts wirklich Neues über Brecht, Mann und die anderen unter der Sonne Kaliforniens. Doch halt: Da ist dies "emphatische Gegenwartsbewusstsein". Und das, findet Bartmann, macht Lentz zum Remixer des Stoffes, ja des Erzählens. Gut fürs Buch. Bartmann macht die Lektüre Spaß, weil in die "Spannweite denkbarer Exil-Dispositionen" bei Lentz schließlich doch so etwas wie "sprachlicher Überschuss" einfließt, "Witz und Energetik". Ein "Sprach-Ereignis", also doch.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2007

"So viel historische Personality, so viel hohen Geist gab es noch nie zwischen zwei Buchdeckeln", stöhnt Rezensent Manuel Karasek, für den dieser Roman gründlich daneben gegangen ist. Denn an seinem Versuch, das Innenleben der deutschen Literatur-Exilanten in Kalifornien abzubilden, sei Michael Lentz gescheitert. Nicht, dass es keine gelungenen Passagen gebe, schreibt Karasek, der sich immer wieder durchaus beeindruckt zeigt: von der Darstellung des Kulturclashs von europäischer Intelligenz mit dem kalifornischen kulturellen Niemandsland zum Beispiel, dem Hadern mit Hitler oder den Sterbeszenen Schönbergs und Werfels. Auch zählt für ihn zu den Stärken des Buchs, wie Lentz Figuren wie Brecht oder Thomas Mann zu entmythologisieren versucht. Insgesamt aber fehlt es dem Roman aus seiner Sicht an Spannungsbögen, gerät manche Figur unfreiwillig zur Karikatur, langweilen ihn überflüssige Parabelgeschichten und repetierende Passagen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2007

Viel ist über die Literatur der Exilanten und diese selbst geschrieben worden. So wie Michael Lentz das in diesem Buch unternimmt, aber noch nicht. Er begibt sich tief hinein in die Lebenssituation der aus dem Dritten Reich geflohenen Autoren wie Bertolt Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Franz Werfel, aber auch des Komponisten Arnold Schönberg. Deren Lage schildert er in inneren Monologen, die real existierenden Brief- und Tagebuchdokumenten Vieles verdanken. Bei genauem Hinhören aber ist, wie der Rezensent Edo Reents versichert, der "Michael-Lentz-Sound" zu hören, den man aus den bisherigen Büchern des Autors kennt. Reents findet das Buch zwar nicht in jedem Detail gelungen - die Heinrich Mann gewidmeten Passagen gefallen ihm am wenigsten -, aber die lose Gesamtstruktur hält er für eine kluge Entscheidung und alles in allem sei das Ganze dann doch ein "imponierender Roman".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.09.2007

Helmut Böttiger zeigt sich enttäuscht von Michael Lentz' neuem Roman "Pazifik Exil", der seiner Meinung nach nicht als ein solcher erscheinen dürfte. Darin lege der Autor lediglich ein Humorarchiv mit einigen bekannten Exil-Schriftstellern an, die von ihm fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt werden. Ob Heinrich Mann, der andauernd nur die Brüste seiner jungen Frau Nelly zeichnet, oder Berthold Brecht, der sich auf einer lustigen Schifffahrt die Kante gibt - alle Figuren werden von Lentz derart überzeichnet und ad absurdum geführt, dass der Rezensent nicht mehr genau weiß, ob er es hier mit Literatur oder nur mit seichter Abendunterhaltung zu tun hat: "Es ist der Stil des Magazinjournalismus: Prominente privat." Während Böttiger im ersten Teil des Buches noch den Eindruck hatte, der Autor wolle hier "wirklich Literatur machen", war er sich nach dem zweiten Teil sicher, dass dieses Buch von Anfang an auf Wirkung, "auf ein augenzwinkerndes Einverständnis" kalkuliert war.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.09.2007

Fast ein wenig erstaunlich findet der Rezensent Roman Bucheli, dass auf die diesem Roman von Michael Lentz zugrunde liegende Idee einer fiktiven Darstellung des deutsch-kalifornischen künstlerisch-literarischen Emigrantenmilieus in Zeiten des Dritten Reichs noch keiner gekommen ist. Geforscht worden sei dazu schließlich schon jede Menge, viele Details und Fakten sind bekannt. Umso hinreißender ist nun aber, schwärmt Bucheli, Lentz' Versuch gelungen, die Szene in ihren Protagonisten Bert Brecht, den Brüdern Mann, Franz Werfel und Arnold Schönberg von innen her, nämlich vorzugsweise in inneren Monologen darzustellen. Das ganze hat eine Bandbreite von der "Farce" zur "Verzweiflung", treffe die Figuren punktgenau und bleibt trotz viel eingearbeiteten Brief- und Dokumentarmaterials eigenständig. Kurzum: ein nicht weniger als "großartiger" Roman.