Michael Roes

Weg nach Timimoun

Roman
Cover: Weg nach Timimoun
Matthes und Seitz, Berlin 2006
ISBN 9783882218640
Gebunden, 176 Seiten, 17,80 EUR

Klappentext

"Weg nach Timimoun" ist die abenteuerliche Reise zweier Jugendlicher durch das von politischen und religiösen Spannungen geprägte Algerien. Im Mittelpunkt steht Laid, der zwischen seinem modernen, europäisch geprägten Leben in der Großstadt am Meer und den Erinnerungen an seine Kindheit in einem traditionellen Oasendorf in der Sahara zerrissen zu werden droht. Mit seinem Freund Nadir macht er sich auf die spannungsvolle Fahrt in die Vergangenheit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.12.2006

Michael Roes beeindruckt den Rezensenten Heribert Hoven mit seinem "schmalen Roman", der nichtsdestotrotz ein "gewaltiges Thema" behandelt. Hoven gefällt, dass der Autor nicht versucht, das Verstörende aus einer Situation der Fremdheit zu eliminieren. Er attestiert Roes ein Interesse an "archetypischen Situationen", besonders an solchen, die von der arabischen Welt inspiriert werden, und findet, dass der Autor sie mit der richtigen Balance aus "Mythos und Gegenwart" aufbereitet. Auch der Stil, die "ganz unprätenziöse Sprache", mit der "Ethnopoet" Roes seine Geschichte erzählt, gefällt dem Rezensenten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.11.2006

In den höchsten Tönen preist Sibylle Cramer Michael Roes' Reiseroman über das postkoloniale Algerien. In Form objektiver Bilder beschreibe der Autor die Reise seines Protagonisten Laid ins heimatliche Wüstendorf, wo dieser nach dem Wunsch seiner Familie Blutrache für den Tod eines Angehörigen nehmen soll. Dabei entwickle der Autor eine "Intensität, deren in deutscher Sprache allenfalls Hubert Fichte fähig war", vermerkt die Rezensentin beeindruckt. Mit kunstvoller, kompliziert komponierter Einfachheit schildere der Autor, wie es Laid und seinem Freund Nadir gelingt, sich von den patriarchalischen Anforderungen zu emanzipieren und den Gewaltzyklus zu durchbrechen. Die Rezensentin lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Roes' neuer Roman einen imponierenden Beitrag zum noch jungen Genre der "poetischen Ethnologie" leistet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2006

Angetan ist Andreas Langenbacher von Michael Roes' Reiseroman. Er kann dieser Beschreibung des Weges zweier junger Algerier durch die Wüste die Qualitäten eines "Roadmovies" abgewinnen. Aus ihrem Konflikt zwischen der traditionellen Forderung der Familie, den gewaltsamen Tod des Vaters zu rächen und dem Versuch, trotz ihrer ökonomisch wie politisch ziellosen Situation einen eigenen Lebensweg zu finden, mache der Autor ein gelungenes "Psychogramm von Algeriens jüngerer Generation". Die "entspannte Dichte" und das "lakonisch gezähmte Pathos" gefallen dem Rezensenten ebenso gut wie das Schlussbild - statt die traditionell geforderte Blutrache zu üben, rodeln die Protagonisten auf einem Autoreifen die Dünen herab.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.08.2006

Rezensent Christoph Haas scheint Michael Roes? Roman über einen jungen Algerier, der sich als Fotograf verdingt, bis ihn seine Schwester auffordert, den Tod seines Vaters zu rächen, eher durchwachsen. Er sieht es dem Roman deutlich an, dass er auf einen Film von Roes zurückgeht. Das gilt seines Erachtens sowohl für filmische Elemente wie Parallelmontage, die in das Buch eingegangen sind, als auch für den nüchternen Stil des Romans, der Haas an den Stil eines Drehbuchs erinnert. Das muss allerdings nicht immer schlecht sein. Gerade bei der Schilderung von Grausamkeiten erachtet Haas die lakonische Darstellung als gelungen. Um so ungenießbarer findet er aber die immer wieder auftauchenden "expressionistischen Lyrismen". Auch die intertextuellen Verweise auf die "Orestie" erscheinen Haas überflüssig. Dagegen hat ihn Roes? Idee überzeugt, die potenziellen Szenarien der finalen Konfrontation "allein in Tag- und Alpträumen durchzuspielen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.07.2006

Friedmar Apel findet es ziemlich mutig, dass sich Michael Roes mit seinem Roman über zwei junge Männer, die sich auf eine Reise zum mythischen Wüstenort Timimoun begeben, so unerschrocken in die Fußstapfen von Autoren wie Rachid Boudjedras oder Mouloud Mammeri begibt. Doch anders als bei seinen algerischen Vorgängern gerät Roes diese Reise nicht zum Weg in die wechselvolle und gewaltsame Geschichte Algeriens, sondern seine Helden finden darüber in eine "kindliche Unbeschwertheit" und inszenieren sich auf durchaus unterhaltsame Weise als "archaische" Helden, wie der Rezensent meint. Nicht unbedingt politisch korrekt, gibt Apel zu. Aber vielleicht demonstriere der Autor, der laut Rezensent als Experte für Nordafrika gelten kann, damit ja auch seinen Widerstand gegen die unpoetische, pragmatische Haltung, mit der für gewöhnlich Krisengebiete in den Blick genommen werden.
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