Milena Jesenska

Prager Hinterhöfe im Frühling

Feuilletons und Reportagen 1919-1939
Cover: Prager Hinterhöfe im Frühling
Wallstein Verlag, Göttingen 2020
ISBN 9783835338272
Gebunden, 416 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem tschechischen von Kristina Kallert. Milena Jesenská ist bisher in erster Linie als Freundin Franz Kafkas bekannt. Diese Wahrnehmung versperrt den Blick auf ihre eigene schriftstellerische Tätigkeit. Ihr publizistisches Werk aus den Jahren 1919 bis 1939 steht gleichberechtigt neben Werken von Schriftstellerinnen wie Bettina von Arnim, George Sand oder Sophie Scholl. Die Journalistin Jesenská durchbricht die übliche thematische Festlegung auf Mode und Haus und zeigt in szenisch lebendigen Reportagen die Alltagsnot nach dem Ersten Weltkrieg in Wien, die Kinderarmut, die Bildungsverelendung und den Schleichhandel. In Prag propagiert Jesenská die Projekte der europäischen Avantgarde und deren gesamtgesellschaftliche Relevanz. Den politischen Höhepunkt bilden die Reportagen aus den Sudetengebieten 1937 bis 1939.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 26.01.2021

Rezensentin Angela Gutzeit verschlingt die Reportagen von Milena Jesenka aus den Jahren 1919 bis 1939. Der empathische, leidenschaftliche, ungeschönte und mit wörtlicher Rede Unmittelbarkeit schaffende Blick auf das soziale Elend in Wien, auf Ungerechtigkeit, später auf die Frauenemanzipation und schließlich auf die gewalttätige Zeit der Demagogen kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, die Jesenka in Prag erlebte, zieht Gutzeit schnell in die Texte und die Zeit hinein. Eine höchst politische Autorin, eine echte Entdeckung, findet Gutzeit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 11.12.2020

Rezensent Helmut Böttiger entdeckt die journalistischen Texte von Milena Jesenská. Die als Freundin Kafkas bekannt gewordene Jesenská erfährt mit der vorliegenden deutschen Textauswahl eine überfällige Würdigung als Autorin sozialkritischer Beiträge und Feministin, findet er. Dass der Band auch Einblicke in Kafkas Lebenswelt bietet, ist für Böttiger die Zuckerhaube. Wirklich bewegend und aktuell aber findet er Jesenskás Berichte aus den Gemeinschaftsküchen Wiens um 1918 oder ihre teils provokanten Artikel für die Frauenseite der Prager Zeitung "Národní listy".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.12.2020

Rezensent Paul Jandl empfiehlt die Feuilletons und Reportagen von Milena Jesenská aus Wien und Prag in den Jahren 1919 und 1939. Der Leser soll sich nicht etwa von einer auf Deutsch erhältlichen "schmonzettenhaften" Biografie täuschen lassen und lieber diese von Alena Wagnerova betreute Textauswahl zur Hand nehmen, rät Jandl. Beschenkt wird er laut Rezensent mit einem an Joseph Roth erinnernden Reportagestil, der sich ins Detail versenkt, in die Armut der Hinterhöfe wie in die Hinterhöfe der Macht. Für Jandl zeigt sich in den Texten und den darin abgebildeten sozialen Strukturen die "Signatur der Zeit". Jesenskás Empathie und Beobachtungsgenauigkeit scheinen ihm außergewöhnlich.