Miljenko Jergovic

Der rote Jaguar

Roman
Cover: Der rote Jaguar
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783895613890
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert. Auf einer traumhaften Küstenstraße kreuzen sich zwei Lebenswege auf verhängnisvolle Weise: Zoran ist ein Serbe, der keiner sein will, seiner Heimatstadt Sarajevo den Rücken gekehrt hat und inzwischen in Wien lebt. Seit er nach einem Punkkonzert der Staatssicherheit berichten musste, verfolgt ihn die Scham über seine Schwäche. Erstmals nach langer Zeit ist er mit seiner Frau in einem roten Jaguar wieder in der alten Heimat unterwegs. Der Kroate Ante Gavran dagegen, der aus einfachen Verhältnissen zum General aufgestiegen ist, hält große Stücke auf sein Land. Voller Stolz verhilft er dem faschistischen Erbe der Ustascha mit Gewalt zur Geltung. Mitten in einem aufgeheizten Fußballspiel zwischen den beiden Nationen, das alle im Fernsehen verfolgen, läuft der Sohn des Generals auf die Straße. Direkt vor den Jaguar. Miljenko Jergović braust in seinem neuen Roman in eine nahe Zukunft, in der die Geister des Nationalismus, die der Balkan rief, mithilfe von Fake News außer Rand und Band geraten sind.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2022

Rezensent Jörg Plath kann Miljenko Jergovic nur bewundern für den Kraftaufwand, den ihn seine Kritik an seiner Heimat Kroatien kostet. Wie der Autor in seinem Roman das Verdrängte des serbisch-kroatischen Krieges wiederaufleben lässt, indem er verschiedene Handlungsstränge über Kroaten und Serben schließlich miteinander kollidieren lässt, erscheint Plath hingegen mehr mit einer der ätzenden Zeitungskolumnen des Autors gemein zu haben als mit einem Roman. Unterwegs verliert der Text alles, was Plath zunächst schätzt: seinen "betörenden" Ton, die Ambivalenzen der Figuren und die plastischen Nebenhandlungen. Was laut Rezensent übrigbleibt, ist eine ausladende Kritik an den kroatischen Behörden und Medien.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.12.2021

Rezensent Michael Martens erfreut sich an Miljenko Jergovićs Roman, empfiehlt ihn aber nicht als Einstiegslektüre in das Werk des Autors. Denn die 1985 im belagerten Sarajewo spielende Geschichte um einen pensionierten Offizier der jugoslawischen Volksarmee, der Serbe ist, und um einen kroatischen Kriegsverbrecher und liebenden Vater zeigt Sarajewo zwar von einer anderen Seite, lobt Martens, weil Jergović auch aus der Perspektive von in Sarajewo gebliebenen und dort marginalisierten Serben erzähle. Viele Details seien aber im "außerjugosphärischen Kontext" nicht bekannt und für viele Leser wohl nur mit Internetrecherche zu verstehen, gibt der Kritiker zu bedenken. Er selbst schätzt jedoch den "furiosen Stil" des Autors, die komplexen Identitäten der Figuren und die Satire auf das heutige Kroatien, die er hier sieht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.10.2021

Die Tatsache, dass es Miljenko Jergovic in seinen Romanen immer wieder gelingt, zu zeigen, wie die Vorurteile von "Kroaten, Serben und Bosniaks" entstanden sind und wie sie immer wieder instrumentalisiert werden, ist eine große Leistung, betont Rezensent Nico Bleutge. Die Art, wie Jergovic dies gelingt - auch in seinem neuen Roman, ist eine "Kunst für sich". Umso enttäuschter ist der Rezensent, dass sich diese Kunst in den ersten beiden Erzählsträngen von "Der rote Jaguar" zwar voll entfalten darf, durch den dritten allerdings wieder in ihrer Wirkung geschwächt wird. Während Bleutge in den zwei aus der Ich-Perspektive erzählten Strängen die Zuschreibungen, Selbstvergewisserungen, Denk- und Verdrängungsmuster zweier Männer nachvollziehen konnte, ist er sich im dritten, berichtartig angelegten Teil nicht mehr sicher: Wer genau erzählt hier eigentlich? Von wem kommen die Anmerkungen und Bewertungen? Unentschieden wirkt Jergovics Schlingern zwischen objektiver Berichterstattung und satirischem Kommentar, findet Bleutge.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 23.09.2021

Rezensent Roland Zschächner ist von Miljenko Jergovićs Roman "Der rote Jaguar" beeindruckt. Der kroatische Autor erzählt in insgesamt vier Kapiteln auf eindrückliche Weise, wie unterschiedlich der Serbe Zoran und der Kroate Cumur den Jugoslawienkrieg wahrgenommen und erlebt haben. Aber auch die Gefahren des Nationalismus sind ein Thema, so der Rezensent, demzufolge Jergovic ein "außergewöhnlicher Erzähler" ist. Das Buch dient auch als Warnung vor den alten Konflikten des Balkans, die bis heute unterschwellig existieren und jederzeit, sei es nur durch einen Unfall, wiederaufleben können, schließt der Rezensent.