Nancy Huston

Ein winziger Makel

Roman
Cover: Ein winziger Makel
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2008
ISBN 9783498029920
Gebunden, 368 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Deutsch von Claudia Steinitz. Der sechsjährige Sol, die sechsjährige Erra: In wie unterschiedlichen Lebenswelten wachsen sie auf! Sol, verwöhnt, altklug und öfter im Internet unterwegs, als seine gluckenhafte Mutter erfahren darf, lebt in jenem Land, in dem "Gott mit Bush befreundet ist". Erra, das glückliche Mädchen mit der Wunderstimme, das in Trümmern spielt, salutiert noch vor Adolf Hitler. Erra ist Sols Urgroßmutter. Über Generationen sind die beiden verbunden, und dennoch liegt in dieser Genealogie ein unentdecktes Geheimnis vergraben...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.04.2008

Zufrieden zeigt sich Maike Albath mit Nancy Hustons weit ausholendem Familienroman "Ein winziger Makel". Im Blick auf die thematische Vielfalt des Romans - es geht um Rassenlehre, Nationalsozialismus, Judentum, Deutschland heute und während des Dritten Reichs, die USA heute und in den sechziger Jahren, Israel und den Libanonkrieg - könnte man auf die Idee kommen, das Buch sei überladen. Doch Albath zerstreut diesen Eindruck und bescheinigt Huston, ihr anspruchsvolles Vorhaben gut umgesetzt zu haben. In diesem Zusammenhang lobt sie insbesondere die komplexe Erzählform, den souveränen Einsatz der Kinderperspektive der vier Ich-Erzähler und die "virtuose Konstruktion" des Romans. Pathos und eine zu starke Aufladung der Geschehnisse werden ihres Erachtens damit vermieden. Bisweilen fühlt sie sich bei Hustons Ich-Erzählern an Jonathan Safran Foers großtuerischen Ukrainer aus "Alles ist erleuchtet" erinnert. Dabei verhehlt sie nicht, dass Foer in ihren Augen "literarisch viel mehr zu bieten" hat.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.02.2008

Als sehr lesenswert und spannend lobt Rezensent Thomas Laux diesen etwas anderen Familienroman, der mit heiklem, weil nationalsozialistisch kontaminiertem Material hantiert, und es seinen Lesern nicht ganz einfach macht. Doch trotz der Schwierigkeiten, die Laux zufolge speziell der komplexen, wenn auch stimmigen Komposition des Romans aus vier Erzählpersepektiven geschuldet ist, bescheinigt er dem Roman der in Frankreich lebenden Kanadierin große atmosphärische Dichte. Es geht Laux zufolge um vier Generationen einer Familie, in der ein Schweigekartell über die Abstammung der Urgroßmutter aus dem "Lebensborn"-Programm der Nazis die Kolportage einer Lüge, eine falsche Genealogie zur Folge hatte. Doch es ist nicht nur der "originelle" Plot, der sich dem Rezensenten "in seiner ganzen Eigenart" erst mit durch der Erzähldramaturgie geschuldeter Verzögerung zu erkennen gibt, sondern auch das virtuose Ineinander von Einst und Jetzt, das den Rezensenten auch mit Unverträglichkeiten und Vertracktheiten des Romans versöhnt.