Norbert Borrmann

Frankenstein und die Zukunft des künstlichen Menschen

Cover: Frankenstein und die Zukunft des künstlichen Menschen
Diederichs Verlag, München 2001
ISBN 9783720521871
Gebunden, 366 Seiten, 20,45 EUR

Klappentext

Was ist Leben überhaupt? Norbert Borrmann beschreibt von Pygmalion, Golem, Homunculus über die Androiden und Frankenstein alle künstlichen Abbilder des Menschen in Geschichte, Literatur und Film - bis hin zu Gentechnologie und Robotik.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.12.2001

"Glänzend" nennt Hans-Jürgen Heinrichs diese Studie. Wenn der Autor die Geschichte des Menschen als eines Zweiten Schöpfers durch die Jahrtausende rekonstruiert, offenbart sich dem Rezensenten zum einen, dass der Mensch "schon immer" gern den Dr. Frankenstein spielte, zum andern aber, wie sehr solche Phantasien in einem "triebgeschichtlichen und mythisch-magisch-alchemistischen Untergrund wurzeln". Dass die "Besessenheit" des Autors im Umgang mit seinem mannigfachen Material den Rezensenten an Duerr, Theweleit und Sloterdijk erinnert, muss als Lob gemeint sein. Von der "Wissensfülle dieses Kompendiums" fast erdrückt, ist Heinrichs am Ende schließlich ein glücklicher Leser. Glücklich über so präzise wie leichtfüßige Begriffsdefinitionen und über eine Detailtreue, die einmal nicht auf Kosten des Strukturenvergleichs, des Blicks auf übergeordnete Gesichtspunkte geht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.08.2001

Gibt es "Unverfügbares - in einem radikalen Sinn des Wortes", fragt sich Michael Mayer und hat drei Bücher gelesen, die sich mit dem Thema Wissenschaft und ihren Zugriff auf das Leben beschäftigen. Die Autoren dieser Bände kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, hat der Rezensent herausgefunden, und ganz unterschiedlich ist auch die Qualität ihrer Reflexionen über die biotechnisch-ökonomische Diskussion "Künstliche Intelligenz, Transplantation und Gentechnologie", meint Mayer.
1.) Elisabeth List: "Grenzen der Verfügbarkeit. Die Technik, das Subjekt und das Lebendige"
Keinen Zweifel an der Dramatik des wissenschaftlichen Prozesses der vollständigen Erkundung und Beherrschung des Menschen lässt das "kluge Buch" von Elisabeth List bestehen, schreibt Mayer. Die Autorin kritisiere den Cartesianismus, der Leben nur thematisiere, wenn es experimentell erschlossen werden könne. Zwar führe List keine neuen, aber dennoch berechtigt griffige Thesen über den Wissenswahn zur Vergewisserung des Unsicheren an, lobt der Rezensent, der allerdings das Anliegen von List, gegenüber "Unsicherheiten" Gelassenheit zu zeigen, letztlich für eine "appellative Rhetorik" hält. Lesenswert ist das Buch für Mayer aber trotzdem, auch wenn er Lists Sprache etwas "unterkühlt" findet.
2.) Norbert Borrmann: "Frankenstein und die Zukunft des künstlichen Menschen"
Norbert Bormann hat sich dem Thema der Genmanipulation kulturwissenschaftlich angenähert, berichtet der Rezensent. Er hat die literarische Figur Frankenstein, 1818 von Mary W. Shelley zum Leben erweckt, zu einer "Art allegorischem Stellvertreter der gegenwärtigen Problemlage erhoben". "Beherzt" hat sich der Autor dabei der "Symbolfigur" angenommen, die bei ihm für alles herhalten muss: für die virtuelle Realität, das Roboterwesen und die Genforschung. Die Grenze zwischen wissenschaftlicher Fiktion und Science-Fiktion-Klamauk ist Mayer bei Borrmann nicht ganz deutlich geworden, trotzdem stellte sich beim Rezensenten dank der flotten Schreibe und dem Fünkchen Wahrheit ein "dezentes Gruseln" ob der Zukunft des Technikwahns ein, das dem Grusel der Originallektüre von Shelley gar nicht so unähnlich sei.
3.) Christian Jungblut: "Meinen Kopf auf deinen Hals.
Die neuen Pläne des Dr. Frankenstein alias Robert White"
Gruselig findet Mayer auch das Buch von Christian Jungblut - wenn auch aus anderen Gründen -, in dem der Autor Gespräche mit dem amerikanischen Gehirnchirurgen Robert White, der von der Transplantation menschlicher Köpfe auf Spenderkörper träumt, zusammengetragen hat. Diese Gespräche gehen auf eine Reportage Jungbluts aus dem Jahr 1997 zurück. Dabei hätte er es belassen sollen, ärgert sich der Rezensent, denn die Gespräche findet er endlos und überflüssig. Für Mayer sind sie eine "tumoreske Textwucherung", und zwar eine haarsträubende und enervierende.

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