Pablo de Santis

Die Übersetzung

Kriminalroman
Cover: Die Übersetzung
Unionsverlag, Zürich 2000
ISBN 9783293002722
Gebunden, 156 Seiten, 13,29 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Gisbert Haefs. Das merkwürdig fahle, nur halb bewohnte Hotel an der argentinischen Atlantikküste ist genau der richtige Ort für einen Kongress über Sprachen: über erfundene, fiktionale, verschlüsselte, hermetische ? über Geheimsprachen. Der Erzähler Miguel De Blast, ein menschenscheuer und wortkarger Übersetzer, fährt nur hin, um seine alte Jugendliebe Ana wieder zu treffen. Die angespannte Atmosphäre unter den Kongressteilnehmern wird panisch, als der Ober-Esoteriker Valmer stirbt. Vor seinem Tod hatte er in einer allen unbekannten Sprache gesprochen. Dann trifft auch Naum ein, der brillante Star im Literaturbetrieb und De Blasts Rivale um die Gunst von Ana. Der Tanz der wissenschaftlichen Eitelkeiten nimmt jäh ein Ende, als auch die italienische Kollegin Rina tot in ihrem Zimmer aufgefunden wird, als Senor Zuniga im Koma liegt - wie alle Opfer - mit einer Nickelmünze unter der Zunge. Miguel De Blast macht sich daran, das tödliche Rätsel zu lösen, das sich als Sprachrätsel entpuppt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.02.2001

Martin Ebel ist hingerissen. Den Argentinier Pablo De Santis hält er für einen vielversprechenden Jungautor. "Die Übersetzung" sei nicht einfach ein Krimi. Das Genre diene De Santis lediglich als Schablone für die Handlung. Und die Aufdeckung der mysteriösen Morde und Selbstmorde stehe in Einklang mit der Entschlüsselung des Falls durch den Leser. Sofort denkt der Rezensent an zwei große Autoren, die diese Schreibweise perfektioniert haben: Jorge Luis Borges und Umberto Eco. Bei Eco sterben die Protagonisten in "Der Name der Rose" an einem geheimnisvollen Buch - bei De Santis ist es die Sprache, die sie zu Tode bringt, erzählt Ebel. Und mehr als die kriminalistischen Aspekte stehe die entfesselte Phantasie des Autors im Mittelpunkt. Großartig, wie Borges, meint Ebel. Er möchte nicht eine Zeile dieser "intelligent geführten Imagination" missen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.02.2001

Zum Glück habe der argentinische Schriftsteller Pablo De Santis seinem Roman ein Zitat von Jorges Luis Borges vorangestellt. Denn sonst würde sein Text wie ein heimliches Plagiat wirken, merkt Sebastian Domsch an. Reichlich habe der Autor in der Zitatenkammer gewühlt und zahlreiche bekannte Motive in seiner Kriminalgeschichte untergebracht. Diese ist durchaus rätselhaft und bietet eine verblüffende Lösung, so der Rezensent. Der Leser gerate in ein Versteckspiel, das Versatzstücke des Krimis sowie literarische und mythische Anspielungen und - als intellektuellen Mehrwert - sprachphilosophische Reflexionen enthalte. Doch De Santis bleibt einer eigenen Vorliebe verhaftet, kritisiert Domsch. Der Autor, der für die parapsychologische Presse gearbeitet und Drehbücher für argentinische Mystery-Serien geschrieben habe, bleibt - trotz der ironischen Schreibweise - selbst der Esoterik verhaftet. Schade, meint der Rezensent. "Die Übersetzung" sei eigentlich literarische Fantastik, doch De Santis sei der humorlosen Gläubigkeit der Esoterik auf den Leim gegangen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2000

Mit diesem Debüt des jungen Argentiniers, einem "intellektuellen Krimi" beschäftigt sich Klaus Siblewski und stellt fest: die Geschichte von der Aufdeckung eines Mordes an einem Übersetzer ist "kühl" und "spachlich präzise" erzählt. Ähnlich wie Umberto Eco und Antonio Tabucchi, so Siblewski, hat de Santis "ein Geheimnis zum Zentrum seines Romans gemacht" und dieses Geheimnis ist das der Doppeldeutigkeit von Sprache, durch die das Böse Einlass in die Welt findet. Ein zunächst simpel angelegte Grundsituation führt tief in die Geheimgänge übersetzerischer Welten. Solange de Santis Morde, Sprache und ihre Aufkärung betreibt, geht alles gut. Nur manchmal, wenn er nämlich mit den "finsteren Mächten" zu kokettieren beginnt, kommt, so der Rezensent, ein "unangenehm-esoterischer Tiefsinn" zu Platz.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.08.2000

Robert Brack bespricht drei Kriminalgeschichten aus Lateinamerika, die voller Esoterik und übertriebener Aufmerksamkeit für Körperfunktionen stecken, was bei dem Rezensenten auf nachhaltige Enttäuschung stößt.
1) Santiago Gomboa: "Verlieren ist eine Frage der Methodik"
Ob Hämorriden beim Protagonisten, einem Journalisten, oder Fresssucht beim Kriminalbeamten - private Probleme, körperliche Dysfunktionen schieben sich bei diesem kolumbianischen Krimi in den Vordergrund, bedauert Robert Brack, dem die körperlichen Ausschweifungen des Helden eher wie Abschweifungen vom Thema vorkommen. Mit wachsendem Widerwillen ist der Rezensent dem "frustrierten Macho" durch Bogotà gefolgt, hat an seinem verkümmerten Liebesleben Anteil genommen und nebenbei auch den Mordfall mitaufgeklärt - nicht unbedingt eine Leseempfehlung.
2) Ramón Fonseca Mora: "Der Tanz der Schmetterlinge"
Uns will nicht ganz einleuchten, warum Robert Brack findet, dass Pflichtbewusstsein etwas Niedliches an sich hat ? Jedenfalls findet er auch die Sprache des panamesischen Autors zu niedlich, obwohl es in dessen Buch um ein fiktives Land geht, in dem Militärs mit Hilfe eines esoterischen Zirkels die Gesellschaft kontrollieren. Auf Dauer diskreditiere der Autor sein Thema und sein Buch durch die naive Schreibweise und eine klischeehafte Darstellung, schreibt der Rezensent und mutmaßt, dass es nicht an der Übersetzung liegen kann.
3) Pablo de Santis: "Die Übersetzung"
Als "hübsche kleine Fingerübung" lässt Brack dieses Buch gelten, das kein klassischer Krimi ist, sondern mehr in der Tradition von Poe, Kafka, Lem und Borges steht. Hört sich jedenfalls interessant an, was Brack berichtet: ein Übersetzerkongress am Meer, ein Hotel, seltsame Todesfälle bilden den Hintergrund für eine mehr sprachphilosophisch zu ergründende Intrige, bei der es um eine Kunstsprache geht, deren Gebrauch Katastrophen herbeiführen soll. Mehr hat der Rezensent nicht verraten, das Buch aber als Strandlektüre empfohlen.
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