Pascale Kramer

Eine Familie

Roman
Cover: Eine Familie
Rotpunktverlag, Zürich 2019
ISBN 9783858698445
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Andrea Spingler. Ein Tag des Glücks für Danielle und Olivier, könnte man denken, an dem ihre Tochter Lou ein Kind zur Welt bringt. Die ganze Familie kommt in Bordeaux zusammen: Mathilde hat sich in Barcelona in den Nachtbus gesetzt, Edouard reist aus Cahors an. Allein, der älteste Bruder fehlt, und sein Schatten ist mächtig. Romain, einst verträumtes Kind, der sich rührend um seine Geschwister kümmerte, trank sich schon als Jugendlicher ins Koma. Alle verwickelte er sie in ein Lügennetz, bis er fortging und in Paris auf der Straße landete. Nun ist er wieder in der Gegend, beteuert, sein Leben endlich in die Hand zu nehmen, als ein Anruf die aufkeimende Hoffnung zunichte macht. Pascale Kramer legt in ihrem mehrstimmigen Roman die Gefühle jedes einzelnen für den so geliebten wie gehassten Sohn und Bruder frei. Im Moment der Geburt der kleinen Jeanne untergraben Schuldgefühle, Trauer, Wut und Sorge das Schweigen und das Nie-Gesagte. Das neuralgische Konstrukt einer Familie gerät ins Wanken.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2019

Für den Rezensenten Roman Bucheli ist Pascale Kramer eine Meisterin der Familientragödie. Entsprechend begeistert nimmt der Kritiker das neue Buch der in Paris lebenden Schweizer Schriftstellerin zur Hand, das ihm die Geschichte des lebensmüden Romain erzählt, der verwahrlost und gespenstisch am Gare du Nord lebt bis ihn seine Familie gegen seinen Willen zurückholt. Wenn Kramer dann mit "klinischer" Präzision das Familienleben seziert, die Hilflosigkeit und "bürgerliche Beflissenheit" der Familie und die Abwesenheit und Lebensuntauglichkeit Romains, dabei die familiäre Vorgeschichte einbezieht und ein "dichtes" Gewebe aus Schuld und Verhängnis freilegt, verschlägt es dem Kritiker schier den Atem. Mehr noch: Kramer vermag nicht nur das Seelenleben ihrer Figuren mit "bestürzender Klarheit" auszuloten, sondern sie erhebt die psychologischen Fragen gar zu metaphysischen, staunt der Kritiker. Ein großer Roman von "elementarer Sprachkraft", der von Andrea Spingler exzellent ins Deutsche übertragen wurde, lobt Bucheli.