Peer Hultberg

Eines Nachts

Roman
Cover: Eines Nachts
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2007
ISBN 9783902497260
Gebunden, 232 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Dänischen von Angelika Gundlach. Gleich auf den ersten Seiten, als Rudolf Loften seine Wohnung verläßt, sich umblickend, als fürchte er, entdeckt zu werden, ahnt man die ständige Bereitschaft zur Katastrophe. Dabei will er doch nur etwas kaufen. Etwas? Eine Flasche halt, vielleicht auch zwei, warum nicht? Darum nicht, meint seine Schwester Brigit, die ihn zufällig trifft, nein, nicht trifft, die ihn ertappt, im Park, nachdem er die erste Flasche geöffnet und ein paar gute Schlucke genommen hat, er, ihr großer Bruder, der sich doch immer nur für seine griechischen Verben interessiert hat. Hat er? Und sie selbst, die allein lebende Klavierlehrerin, die da auf den Besuch ihres Ehemaligen wartet? Und Kit, die Dritte, die so gut Situierte, warum zieht sie sich so auffällig an, als sie am Abend unauffällig ihr Haus verläßt? Und was ist mit den Eltern, warum wartet ihr Vater im unteren Stockwerk, warum geht er nicht hinauf zu seiner kranken Frau?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.09.2008

Für Kai Wiegandt ist Peer Hultberg, dessen Roman "Eines Nachts" noch vor dem dänischen Original auf Deutsch erschienen ist, trotz Hubert-Fichte- und Nordischem Literaturpreis ein nicht angemessen gewürdigter Autor. Darin bestärkt ihn einmal mehr diese Familiengeschichte, die er als ebenso originell wie faszinierend preist. Erzählt wird von einer einzigen Nacht im Leben von drei Geschwistern, einem paranoiden Alkoholiker, einer verhinderten Pianistin, die sich als Klavierlehrerin durchschlägt und einer tagsüber ganz etablierten Frau, die, wenn es dunkel wird,  als Prostituierte durch die Stadt zieht. Dazu kommt noch der Vater, dessen todkranke Frau sich in dieser Nacht das Leben nimmt, während er, von ihr fortgeschickt, im Nebenzimmer wartet. Also ein wirklich dunkler Roman, der dennoch seine "schaurig-humorvollen" Seiten hat, wie der Rezensent betont. Die Geschichte macht Eindruck, ohne auf Effekt zu zielen, lobt Wiegandt, der das der Sensibilität des Autors geschuldet sieht. Wenn dann auch noch die flüssige Übersetzung ins Deutsche von Angelika Gundlach hinzukommt, dann bleibt für den Rezensenten kein Wunsch offen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.2008

"Dänisch-bitter" erscheint Rezensent Peter Urban-Halle dieser nachgelassene Roman des im vergangenen Jahr verstorbenen Schriftstellers und Psychoanalytikers Peer Hultberg. Er berichtet von der Geschichte des Buchs, das vermutlich schon 1976 entstanden ist und damit das "fehlende Glied" wäre zwischen den frühen und den späteren Werken des Autors. Im Mittelpunkt des Werks sieht Urban-Halle den Zerfall einer Familie, wobei er darauf hinweist, dass es weniger um den ökonomischen Abstieg geht, als um den seelischen und erotischen. Die Angstzustände, Neurosen und Verkorkstheiten der Romanfiguren, des Altsprachlers Rudolf Loften etwa, der heimlich trinkt und versucht seine Scham zu verbergen, oder dessen Schwester Kit, die Heim und Familie hat, aber eines Nachts aufbricht, um sich als Hure zu verdingen, scheinen ihm überaus präzise beschrieben. Überhaupt attestiert er Hultberg, den Verfall "schonungslos" zu schildern: je auswegloser die Beziehungen seien, "desto insistierender, quälender und länger werden seine Sätze".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.12.2007

Als "erstaunliches, großes, bewegendes" Buch feiert Ulrich Greiner diesen Roman des Dänen Peer Hultberg, der als Autor und Psychoanalytiker zwei Qualitäten aufweisen kann: Der Mann kann schreiben und er kennt die Menschen. Wie Hultberg von dieser Familie erzählt, die eigentlich nur noch verbindet, dass sie alle gleich unglücklich und zerrissen hinter ihrer Fassade des gut situierten Lebens sind. Was Greiner zunächst noch als trüb erschien, entfaltete bald eine Traurigkeit, die ihn wie ein Sog in das Buch hineinzog, wie er fasziniert bekennt. Dabei hat Greiner am meisten berührt, dass das Unglück dieser Menschen nie tragisch überhöht werde, sondern immer "eher erbärmlich und banal" bleibe - also "dem eigenen Elend" nicht unähnlich. Die Übersetzung von Angelika Gundlach muss der Rezensent auch als "glänzend" loben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2007

"Sagenhaft" lautet das Prädikat von Karl-Markus Gauß. Schon allein wie Peer Hultberg, nach Ansicht des Rezensenten einer der bedeutendsten dänischen Autoren der Gegenwart, seinen sozialphobischen Protagonisten Rudolf angstbeladen durch die Stadt schickt, das habe Klasse. Auch die beiden Schwestern von Rudolf sowie die Eltern haben ihr Päckchen an Neurosen zu tragen, was diesen Roman ziemlich "düster" macht, das gibt Gauß zu. In der im Titel besagten Nacht bringt sich die Mutter um, Rudolf fügt sich Verletzungen zu, eine Schwester wird zum zweiten Mal verlassen, die andere verkauft sich freiwillig als Prostituierte. Allzu niedergeschlagen wirkt der Rezensent aber nicht, was sowohl dem "Sprach-Rausch" als auch den "aberwitzigen, hochironischen" Passagen zu verdanken sein dürfte. Und das Ende sei zwar elend, aber offen.
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