Ronald Dworkin

Religion ohne Gott

Cover: Religion ohne Gott
Suhrkamp Verlag, Berlin 2014
ISBN 9783518586068
Broschiert, 146 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Eva Engler. Das Zentrum wahrer Religiosität, so der bekennende Atheist Albert Einstein, sei die Ehrfurcht vor den Mysterien des Universums, "deren höchste Weisheit und strahlende Schönheit wir mit unseren matten Erkenntnisvermögen nur rudimentär begreifen können". In diesem Sinne sei er, Einstein, ein tiefreligiöser Mensch. Aber was ist religiös an einer solchen Haltung, in der Gott offensichtlich keine Rolle spielt? Mit dieser Frage beschäftigte sich Ronald Dworkin in seinen Einstein-Vorlesungen, die er bis kurz vor seinem Tod zu diesem Buch ausgearbeitet hat. Religion, so seine Antwort, bezeichnet eine Sicht auf die Welt, die von einem tiefen Glauben an objektive Werte getragen wird etwa daran, dass Geschöpfe eine Würde haben, dass ein Leben erfüllt oder verfehlt sein kann oder dass Schönheit, die uns den Atem raubt, sich nicht als pures Produkt unserer Sinnesorgane erklären lässt. Auch Theisten teilen diese Werte, meinen aber, sie seien gottgegeben. Für Dworkin verhält es sich genau umgekehrt: Die Idee eines Gottes rührt daher, dass es diese Werte wirklich gibt. Und an Gott (oder Götter) zu glauben ist eine Weise, dies auszudrücken, aber nicht die einzige.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.07.2014

Rezensent Uwe Justus Wenzel hat Ronald Dworkins Alterswerk "Religion ohne Gott" mit großem Interesse gelesen. Der kürzlich verstorbene amerikanische Moral- und Rechtsphilosoph formuliert - nun auch für den deutschen Buchmarkt lesbar - in diesem Werk  seine Thesen zum sogenannten "religiösen Atheismus", die der Kritiker durchaus reizvoll findet, etwa wenn er liest, dass nicht nur der Glaube an Gott, sondern jede Bewunderung des Alls oder Ehrfurcht vor dem Leben als Religion verstanden werden könne. Auch Dworkins "ökumenischer Vorschlag", ein Aufeinanderzugehen zwischen Gottgläubigen und "religiösen" Atheisten findet Wenzels Zustimmung. Nicht zuletzt folgt der Rezensent aufmerksam Dworkins Thesen zum verfassungsrechtlichen Problem der Religionsfreiheit und seinen Gedanken zu Tod und Unsterblichkeit. Auch wenn nach der Lektüre nicht alle Fragen geklärt sind, kann der Kritiker dieses anregende Buch unbedingt empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.07.2014

Ronald Dworkins "unbedingter Werterealismus" setzt den Sinn, Ordnung und Wert des Lebens und des Universums voraus, die Frage, ob sie nun von einem Gott erschaffen wurden oder nicht, sei weder von Theologen noch von Wissenschaftlern endgültig zu beantworten, und letztendlich komme es nur auf die geteilten Werte an, nicht auf deren Ursprung, fasst Friedrich Wilhelm Graf zusammen. Das alles läuft dann zwangsläufig auf das heraus, was schon der Titel ankündigt: "Religion ohne Gott" zu denken, um unnötige Konflikte zu vermeiden, erklärt der Rezensent. Denn auch, wer sich inbrünstig als Atheist bezeichnet, glaube an bestimmte Werte, die sich nicht letztgültig beweisen lassen, also auf eine gewisse Form der Religiosität angewiesen bleiben, so Graf. Gerade der Respekt, den Dworkin der 'anderen', theistischen Denktradtion erweist, macht dieses Buch so lesenwert, findet der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.07.2014

Eher skeptisch tritt Christof Forderer an dieses postum veröffentlichte Werk des Philosophen Ronald Dworkin heran: Religion ohne Gott, das klingt für ihn zunächst nach entkoffeiniertem Kaffee. Davon, wie Dworkin aus dem Konzept der Religion die Idee der Werteobjektivität vom zurückgewiesenen Gottesglaube isoliert und als gesellschaftliches Ideal in Position bringt, lässt er sich aber dennoch gerne überzeugen. Andererseits kommen dem Kritiker gehörige Zweifel, ob dieser "religiöse Atheismus" seinen Anhängern tatsächlich dasselbe Maß an "Weltgeborgenheitsgefühl" wie der Theismus bieten kann: Dworkins Aussagen darüber, dass auch szientifisch denkende Atheisten in ihrem Wissensdrang über Beschaffenheit und Grund der Welt ein Religionen vergleichbares Maß an Gelassenheit gegenüber dem eigenen Erkenntnishorizont entwickeln, hält Forderer jedenfalls für sehr theoretisch gedacht und jenseits des philosophischen Hörsaals für kaum gültig.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.06.2014

Dass die Frage, ob es einen Gott gibt oder nicht, völlig unerheblich ist, lernen wir aus Dirk Pilz' sehr interessanter Besprechung des Fragments "Religion ohne Gott". Alle Menschen, Gläubige wie Atheisten, teilen einen gemeinsamen religiösen Impuls, so Pilz zusammenfassend. Dass diese Erkenntnis jedoch Religionskonflikte löst, wie Ronald Dworkin vorschlägt, sei eher unwahrscheinlich, so der Rezensent: Dafür nähmen die einen Gott und die anderen ihre Gottlosigkeit viel zu ernst. Und auch wenn die Argumentation bisweilen mangels konkreterer Begriffe "im Schaumbad der Differenzlosigkeit" zu verschwinden droht, lobt Pilz dennoch Dworkins Fortführung seiner Werte-Theorie als "unerhört mutig, gänzlich unzeitgeistig" und somit auf jeden Fall lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.05.2014

Noch kurz vor seinem Tod hat der Rechtsphilosoph Ronald Dworkin ein Buch geschrieben, das den bescheidenen Anspruch hat, die Weltreligionen miteinander sowie mit den Atheisten und Wissenschaftsgläubigen gleichermaßen zu versöhnen, berichtet Thomas Assheuer. Das Buch heißt "Religion ohne Gott", und genau darum geht es auch, verrät der Rezensent: um einen Glauben, der sich aus dem Kosmos selbst schöpft, aus dem staunenden Blick in den Nachthimmel und dem transsubjektiven Gefühl der Erhabenheit, der Tiefe, das sich bei uns allen, unabhängig von der heiligen Schrift unserer Wahl, einstelle, fasst Assheuer zusammen. Die "sinnhafte Einheit des Kosmos" sei es, die Glauben und Wissen versöhne und jedem Menschen eine "(Selbst-)Verantwortung" auferlege, die nicht relativierbar, sondern ganz real sei, erklärt der Rezensent, der allerdings skeptisch scheint, wie weit die praktische Relevanz von Dworkins Ansatz tatsächlich trägt.