Ruth Schweikert

Wie wir älter werden

Roman
Cover: Wie wir älter werden
S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2015
ISBN 9783100022639
Gebunden, 272 Seiten, 21,99 EUR

Klappentext

Wie spät ist es? Draußen liegt Schnee. Drinnen bereitet der 87-jährige Jacques wie jeden Morgen das Mittagessen für seine pflegebedürftige Frau Friederike vor. Neun Jahre lang lebte er zwischendurch mit einer anderen Frau zusammen, dann aber kehrte er in seine alte Ehe zurück. Auch im Leben der erwachsenen Kinder und Enkelkinder gibt es immer wieder Trennungen und Wandlungen, Abschiede und Aufbrüche, getrieben von der Sehnsucht nach Freiheit und Verlässlichkeit zugleich. In wechselnden Perspektiven umkreist "Wie wir älter werden" die Geschichten dreier Generationen, die vom Zweiten Weltkrieg bis in die unmittelbare Gegenwart reichen. Ein Familienroman über das Vergehen der Zeit und die verschlungenen Wege der Liebe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2016

Rezensent Friedmar Apel sind Ruth Schweikerts Familienszenen zu lang. Was das Auserzählen des Kaffeekochens für den Verlauf der Handlung bedeutet, erschließt sich ihm nicht, wie auch die Bedeutung vieler anderer Passagen im Buch. Zwei Ehepaare in der Schweiz, dazu ein Haufen Nebenfiguren und Perspektivwechsel, über die der Rezensent die Übersicht verliert, und immer wieder kleinste Details, die sich aus für den Rezensenten unerfindlichen Gründen im Text mit Weltgeschehen abwechseln. Nein, aus der Komposition wird Apel nicht schlau. Ein Roman? Wohl eher ein Flickenteppich, findet er.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.06.2015

Sechzig Jahre währende Verstrickungen zahlreicher Lebensläufe in Form unchronologischer, assoziativer, oft unvermittelt einsetzender Rückblenden, dabei stets die Frage im Hinterkopf, wie sich Zeit, Vergänglichkeit und Erinnerung erzählen lassen: So umreißt Rezensent Christoph Schröder Ruth Schweikerts seiner Meinung nach sorgfältig und kunstfertig konstruierten Roman. Das Projekt hält er im Großen und Ganzen, insbesondere aber auch stilistisch für sehr gelungen. Nur im einzelnen hat er kritische Anmerkungen: Die zahlreichen Mikro-Erzählungen, die sich oft auch um Nebenfiguren mäandernd auftun, zwingen die Autorin "häufig zum nüchternen Resümieren" und zum Abhaken historischer Wegmarken, meint der Kritiker, was seine Freude an den "starken Momenten" jedoch nur unwesentlich schmälert: Die Lebensplanung, so das Fazit aus dieser Lektüre, unterliegt oft unabsehbaren Determinanten - hier könne man lesend miterleben, wie die Zeit - so ein im Roman angeführtes Zitat von Max Frisch - den Menschen entfaltet.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 06.06.2015

Was dieser Roman von Ruth Schweikert hätte sein können, erkennt Martin Ebel nur an wenigen Pasagen im Buch. Der große Rest ist einfach zu komplex und zu kompliziert. Nicht nur, dass die Autorin den armen Rezensenten mit einer langen Liste von Figuren und familiären Überkreuzungen fordert, sie stellt auch noch ein veritables Familienrätsel ins Zentrum des Romans, das sich nicht auflöst, wie Ebel klagt, sondern durch etliche Erzählperspektiven noch rätselhafter erscheinen lässt. Hinzu kommt laut Rezensent die Neigung der Autorin, die sich über vier Generationen und sieben Jahrzehnte erstreckende Familiengeschichte mit weltgeschichtlichen Ereignissen zu verquicken. Der Übersichtlichkeit hilft das kaum, meint Ebel verzweifelt, der Verwimmelbildlichung des Textes dagegen sehr.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.05.2015

In Ruth Schweikerts neuem Roman "Wie wir älter werden" passiert derart viel, dass er dem Rezensenten Roman Bucheli wie die Geschichte von "Tausendundeiner Nacht" erscheint: Zwei Familien treten in diesem Roman auf, deren Schicksal durch Seitensprünge, außereheliche Kinder, unzählige Todesfälle und den gemeinsamen Pakt des Schweigens eng miteinander verknüpft ist, dazu verwebt die Autorin immer wieder historische Ereignisse wie den 11. September oder den Amoklauf Anders Behring Breiviks in ihre Geschichte, lässt das meiste aber offen, erzählt nahezu "anarchisch" unchronologisch und baut noch ein Theaterstück in den Roman ein, so dass der Kritiker während der Lektüre ganz außer Atem gerät. Das eigentliche Problem bei all diesem erzählerischen Gewicht ist allerdings Schweikerts fehlende Objektivierung ihrer Handlung im Ästhetischen, klagt Bucheli, der leider schließlich nicht mehr als ebenso beliebig wie aufwändig protokollierte Lebensläufe gelesen hat.