Simone Hirth

Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft

Roman
Cover: Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft
Kremayr und Scheriau Verlag, Wien 2016
ISBN 9783218010450
Gebunden, 192 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Das Elternhaus: zertrümmert. Lebenskonzepte: abhanden gekommen. Regeln, ein toter Maulwurf und Anleitungen - das sind Dinge, an die man sich hält, wenn nichts mehr da ist. Eine junge Frau, Mitte 20, sitzt nach dem Abriss ihres Elternhauses im Schutt und versucht einen Wiederaufbau. Wie besessen räumt und schleppt sie das Vergangene in ihre Notunterkunft. Dabei entsteht nicht nur eine solide Bleibe, sondern auch ein Gegenmodell zur gesellschaftlichen Norm. Simone Hirth geht an die Grenzen literarischer Möglichkeiten und trifft dort auf das Eigentliche. Zynismus verkehrt sich in Galgenhumor, die Sprache wird zum Experiment.  "Dass es weitergeht, weiß ich, ich habe längst Adieu gesagt zu den Zweifeln. Meine Oberarme sind schon enorm. PS: Es riecht ein wenig nach Schimmel. Ich werde lüften müssen."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.02.2017

Simone Hirths Ich-Erzählerin hat keine Lust mehr, erklärt Rezensent Gerhard Melzer, weder auf die moderne Konsumgesellschaft und alle Normen und Regeln, die damit zusammenhängen, noch auf deren verschleiernden, verlogenen Sprachgebrauch, der sich nicht nur der Normen, sondern auch aller Alternativen bemächtigt. Ihre Gesellschaftskritik ist also gleichermaßen Sprachkritik, erkennt Melzer, woraus folgt, dass mit ihrem materiellen Neuanfang, dem Bau einer Notunterkunft, der Ernährung von Abfall, auch ein sprachlicher Neuanfang einhergehen muss. Dieser Wiederaufbau in doppelter Hinsicht findet auch in der formalen Struktur des Romans seine Entsprechung, wo sich erzählerische Bruchstücke, Briefe, Träume und Zitate zu einem heterogenen, zusammenmontierten Ganzen fügen. Besonders beeindruckt scheint der Rezensent davon, dass Hirth am Ende nicht nur das "veritable Luftschloss", das sie errichtet hat, für sich stehen und glänzen lässt, sondern auch der Realität, die unweigerlich irgendwann Einzug nehmen muss, Rechnung trägt.