Stanislaus von Moos

Erste Hilfe

Architekturdiskurs nach 1940. Eine Schweizer Spurensuche
Cover: Erste Hilfe
gta Verlag, Zürich 2021
ISBN 9783856763978
Gebunden, 448 Seiten, 55,00 EUR

Klappentext

Mit 285 Abbildungen. Die 1940er Jahre gelten in der Architekturgeschichte als eine Art Zwangspause, als eine Zeit der "Ruhe" vor dem Bauboom nach 1945. Während in Europa der Zweite Weltkrieg wütete, blieb die neutrale, aber mit ihren Nachbarn eng verfilzte Schweiz weitgehend von der Außenwelt abgeschottet. Trotzdem oder gerade deshalb gab es seit 1940 vielfache Versuche, von dort aus "Erste Hilfe" zu leisten, teils unter der Ägide des Roten Kreuzes und der Mitwirkung zahlreicher, oft anonymer Aktivistinnen der humanitären Idee. Die verheerenden Zerstörungen und deren Folgen konfrontierten zudem die unmittelbar und mittelbar Betroffenen mit elementaren Fragen des Planens und Bauens: Notunterkunft, Wiederaufbau, Rekonstruktion, Neubau - Fragen, die von anhaltender Aktualität sind. Das Buch begibt sich auf Spurensuche, wie Schweizer Architekten, Historiker und Kritiker auf die Herausforderungen des Krieges reagierten. Ihre Überlegungen - ob strategisch, pragmatisch, theoretisch oder konkret - richteten sich nicht nur nach außen; im Land selbst wurden mit großem Elan Themen wie Landesplanung, Heimatschutz oder Altstadtsanierung befördert. Entgegen der Rede vom Jahr 1945 als der "Stunde Null" hat die Nachkriegsmoderne auch in der Schweiz bereits im Jahr 1940 eingesetzt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.12.2021

Wie genau Zertrümmerung, Krankenpflege und Stadtplanung zusammenzudenken sind, wird aus Sabine von Fischer Besprechnung zwar nicht ganz ersichtlich, aber der Band scheint doch Einiges über Schweizer Mentalität nach dem Kriege zu sagen. Das Land war einerseits nicht kriegsversehrt, was eher den Neid der Schweizer Architektenschaft auf das verwüstete Ausland erzeugte, erläutert Fischer. Dort hatte der Krieg eine Tabula rasa hinterlassen, und Architekten konnten ihre Zeichen setzen. Zugleich ist die Schweiz als Bystander der Weltgeschichte gerne mit helfenden Institutionen wie dem Roten Kreuz befasst - und so erschließt sich wohl die Schweizer Seele im Hinblick auf alles nicht Schweizerische. Moos' synthetisierenden Blick nennt Fischer zwar "stellenweise skurril", aber offenbar doch tiefsinnig, was die Schweiz betrifft. Man lernt auch ein bisschen was über Protagonisten der Schweizer Nachkriegsmoderne wie Armin Meili und seinen "heimelig-unheimlichen Landi-Stil". Und Max Frisch spielte bei der architektonischen Schweizer Selbstbvergewisserung auch eine Rolle.