Stefanie de Velasco

Kein Teil der Welt

Roman
Cover: Kein Teil der Welt
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2019
ISBN 9783462050431
Gebunden, 432 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Ein ostdeutsches Dorf kurz nach der Wende. Die junge Esther wurde über Nacht aus ihrem bisherigen Leben gerissen, um hier, am anderen Ende der Republik, in der alten Heimat ihres Vaters, mit der Gemeinschaft einen neuen Königreichssaal zu bauen. Während die Eltern als Sonderpioniere der Wachtturmgesellschaft von Haus zu Haus ziehen, um im vom Mauerfall geprägten Osten zu missionieren, vermisst Esther ihre Freundin Sulamith schmerzlich. Mit Sulamith hat sie seit der Kindheit in der Siedlung am Rhein alles geteilt: die Fresspakete bei den Sommerkongressen, die Predigtdienstschule, erste große Gefühle und Geheimnisse. Doch Sulamith zweifelt zunehmend an dem Glaubenssystem, in dem die beiden Freundinnen aufgewachsen sind, was in den Tagen vor Esthers Umzug zu verhängnisvollen Entwicklungen führt. Während Esther noch herauszufinden versucht, was mit Sulamith geschehen ist, stößt sie auf einen Teil ihrer Familiengeschichte, der bislang stets vor ihr geheim gehalten wurde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.02.2020

Nach ihrem ersten Roman "Tigermilch" ist Stefanie de Velasco mit "Kein Teil der Welt" literarisch stärker geworden, findet Rezensent Wolfgang Schneider. Über ihren Austritt aus der Sekte  der Zeugen Jehovas schreibt die Autorin aus der Perspektive der sechzehnjährigen Ich-Erzählerin Esther Joellenbeck, die mit ihrer Familie nach der Wende vom Rheinland ins fiktive Dorf Peterswalde in den "Nahen Osten" zieht, wo die Sektenanhänger dem Missionieren der "atheistischen Steppe" nacheifern. Durchzogen wird die Geschichte mit Rückblenden in die Zeit vor Esthers Umzugs, in der ihre Freundschaft zur widerständigen Sulamith beleuchtet wird und durch das Auftreten von Cola, die sich zur Sekte hinwendet. Aufgrund dieser literarischen "Gegenläufigkeit" setzt sich der Roman Schneider zufolge von einer "bloßen Aussteigergeschichte" ab und ist "fesselnd" und stilistisch geschrieben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2019

Rezensentin Cornelia Geissler hat nur wenig an dem neuen Roman von Stefanie de Velasco auszusetzen. Der Geschichte um die 15jährige Esther, die mit ihren Eltern nach der Wende vom Westen in den Osten zurückzieht, wo ihre Eltern eine Gemeinschaft der Zeugen Jehovas aufbauen, liest die Kritikerin interessiert, vor allem mit Blick auf die Emanzipation des jungen Mädchens, das sich weder im Osten noch in der Religionsgemeinschaft dazugehörig fühlt. Auch die Konflikte zwischen Esther und ihrer Freundin Sulamith, ebenfalls durch ihre Mutter bei den Zeugen Jehovas, erscheinen Geissler "differenziert" und plastisch beschrieben. Dass die Autorin noch ein "dunkles Geheimnis" in ihren Roman einbaut, findet die Kritikerin indes überflüssig.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.11.2019

Rezensentin Isabelle Bach ist schwer beeindruckt von Stefanie de Velascos Buch über die Ängste einer jungen Zeugin Jehovas in der DDR. Dass die Autorin anstatt auf mediale Bilder auf eigene Erfahrungen zurückgreift, um die ostdeutsche Atmosphäre Anfang der 90er zu beschreiben, gefällt ihr. Die Angst der ständig reflektierenden und mit Zweifeln ringenden Protagonistin vor Ablehnung, vor den streng gläubigen Eltern und vor dem Tag des Jüngsten Gerichts überträgt sich auf die Rezensentin. Ein genauer, überzeugender Einblick in eine Parallelwelt, so Bach.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.10.2019

Nico Bleutge bedauert das didaktische Moment in Stefanie de Velascos Roman, in dem es um zwei Mädchen im Osten nach der Wende geht, die unter Einfluss der Zeugen Jehovas aufwachsen. Didaktisch wirkt auf Bleutge vor allem die doppelte Perspektive, die alles versucht von zwei Seiten zu beleuchten und nur ja nicht in den Ton einer Abrechnung zu verfallen. Dass die Autorin Denkmuster der Zeugen wiederholt, "statt sie erzählerisch zu durchdringen", findet der Rezensent ebenfalls schade. Denn mit der Großmutter-Figur gibt es laut Bleutge durchaus eine "spannende historische Ebene" im Text, die auf die Verfolgung der Zeugen Jehovas im "Dritten Reich" verweist.
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