Steffen Mau

Sortiermaschinen

Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert
Cover: Sortiermaschinen
C.H. Beck Verlag, München 2021
ISBN 9783406775703
Kartoniert, 189 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Der kosmopolitische Traum von einer grenzenlosen Welt hat in den letzten Jahren tiefe Risse bekommen. Aber war er überhaupt jemals realistisch? Steffen Mau zeigt, dass Grenzen im Zeitalter der Globalisierung von Anbeginn nicht offener gestaltet, sondern zu machtvollen Sortiermaschinen umgebaut wurden. Während ein kleiner Kreis Privilegierter heute nahezu überallhin reisen darf, bleibt die große Mehrheit der Weltbevölkerung weiterhin systematisch außen vor.  Während die Mobilität von Menschen über Grenzen hinweg in den letzten Jahrzehnten stetig zunahm und Grenzen immer offener schienen, fand gleichzeitig eine in Wissenschaft und Öffentlichkeit unterschätzte Gegenentwicklung statt. Vielerorts ist es zu einer neuen Fortifizierung gekommen, zum Bau neuer abschreckender Mauern und militarisierter Grenzübergänge. Grenzen wurden zudem immer selektiver und - unterstützt durch die Digitalisierung - zu Smart Borders aufgerüstet. Und die Grenzkontrolle hat sich räumlich massiv ausgedehnt, ja ist zu einer globalen Unternehmung geworden, die sich vom Territorium ablöst. Der Soziologe Steffen Mau analysiert, auf welche Weise und mit welchen Mitteln die neuen Sortiermaschinen Mobilität und Immobilität zugleich schaffen: Für erwünschte Reisende sollen sich Grenzen wie Kaufhaustüren öffnen, für andere sollen sie fester denn je verschlossen bleiben. Nirgends tritt das Janusgesicht der Globalisierung deutlicher zutage als an den Grenzen des 21. Jahrhunderts.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.11.2021

Rezensent Florian Coulmas staunt, wie plausibel ihm der Soziologe Steffen Mau den inneren Zusammenhang von Globalisierung und der Verhärtung von Staatsgrenzen aufzuzeigen vermag. Dass Digitalisierung und Globalisierung nicht unbedingt Entgrenzung bedeuten, sondern neue Technologien zu einer Beschränkung menschlicher Freiheiten beitragen und dies nicht nur in totalitären Regimen, muss Coulmas schweren Herzens bei der Lektüre erkennen. Maus "alarmierendes" Nachdenken über Grenzen und ihre Funktion, politisch und wirtschaftlich, geht laut Coulmas weit über den dem Buch zugrundeliegenden Aufhänger der Pandemie hinaus. Und eine "Rückkehr ins Davor" wird es nicht geben, ahnt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.10.2021

Rezensentin Miryam Schellbach empfiehlt Steffen Maus Essay über Grenzen all jenen zur Ernüchterung, die sich von zu viel Globalisierungsemphase haben hinreißen lassen. Denn sehr überzeugend führt ihr der Berliner Soziologe vor Augen, dass sich seit den neunziger Jahren nicht nur die Grenzen verfestigt haben (vor fünfundzwanzig Jahren waren fünf Prozent der Grenzen fortifiziert, heute sind es zwanzig Prozent). Sie haben auch ihre Funktion verändert: Mau zufolge sind Grenzen nicht mehr dazu da, Menschen an und für sich abzuhalten, wie Schellbach erklärt, sondern nur die, die man nicht haben will. Grenzen filtern heute - dank zunehmend smarter Technologie - erwünschte von unerwünschten Einwandern. Instruktiv findet die Rezensentin Maus Ausführungen, und elegant geschrieben.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2021

Rezensent Lennart Laberenz lernt in Steffen Maus "Sortiermaschinen" die Geschichte und Gegenwart der Grenzen auf dieser Welt kennen. Der Soziologe belegt darin, wie Laberenz erklärt, dass es trotz der vermeintlich offeneren Welt durch Tourismus und Co. immer mehr Grenzen gebe, die sozioökonomische Ungleichheiten verdeutlichen und verstärken und zu einer ausgewhählteren Zuwanderung führen. Dem Rezensenten gefällt die weitreichende, objektive Herangehensweise des Autors. Das sei eine überaus geeignete Lektüre für Herbstreisende, schließt er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2021

Nein, meint der hier rezensierende Politikwissenschaftler Herfried Münkler, die Grenzen sind für das 21. Jahrhundert nicht neu erfunden worden, auch in der globalisierten Welt dienen sie nicht als absolute Barriere, sondern als Filter, um erwünschte Waren und Menschen hereinzulassen, und unerwünschte draußen zulassen. Wie schon im Mittelalter. Dass in der Soziologie aber anerkannt wird, dass die Grenzen nicht gefallen oder überflüssig geworden sind, wie vielleicht manch ein oft durch die EU jettender Wissenschaftler geglaubt haben könnte, findet ein bemerkenswert spitz schreibender Münkler begrüßenswert. Das eröffnet dann eben doch den Blick darauf, wie genau die Grenzregimes von heute aussehen, wie sie sich in andere Ländern vorverlagert haben beziehungsweise in den Binnenraum hinein. Hier verdankt Münkler dem Buch interessante Einsichten, etwa dass sich Privileg auch darin bemerkbar macht, Einfluss auf die Grenzziehungen zu nehmen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 02.09.2021

Rezensentin Vera Linß findet Steffen Maus Buch über territoriale Grenzen sehr interessant. Der Soziologe informiert darin über die territorialen, politischen und technologischen Entwicklungen der Grenzen in Zeiten der vermeintlich weltöffnenden Globalisierung, erklärt Linß. Es ist eigentlich viel eher eine "Schließungsglobalisierung", lernt die Rezensentin, die die Grenzen verstärkt und sie so zu "Sortiermaschinen" macht, die zu immer mehr Benachteiligung führen. Somit fungiert das Buch für Linß nicht nur als scharfer Einblick in diese Entwicklung, sondern auch als eindringliche Warnung vor deren Folgen.