Steinunn Sigurdardottir

Herzort

Roman
Cover: Herzort
Ammann Verlag, Zürich 2001
ISBN 9783250600329
Gebunden, 477 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Isländischen von Coletta Bürling. Harpa Eir, Anfang dreißig, ist alleinerziehende Mutter eines Teenagers in Schwierigkeiten. Ihre Tochter Edda ist drogenabhängig. Um ihr zu helfen beschließt Harpa, sie aus Reykjavik und der schlechten Gesellschaft fortzubringen. Sie will mit ihr zu Verwandten an den Herzort ihrer Kindheit in die Ostfjorde ziehen. Der Transport ist schnell organisiert. Heide, Harpas beste Freundin, wird Mutter und Tochter samt Hausrat im bis unter die Plane vollgepackten Pickup quer durch Island chauffieren. So beginnt eine abenteuerliche Reise durch die Schönheit der isländischen Landschaften, erschwert durch die Unberechenbarkeit des isländischen Wetter und vor allem Eddas, des geliebten Monsters, das die Mutter "von Zeit zu Zeit vergessen muss, um zu überleben". Erschwert wird die Fahrt aber auch durch die Freunde Eddas, die den drei Frauen in ihrem gelben Vehikel folgen, um Edda zurück nach Reykjavik zu holen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.04.2001

Ganz herrlich spielt die isländische Schriftstellerin Steinunn Sigurdardottir mit den Stereotypen des isländischen Lebens, freut sich Sybil Wagener. Allein schon deshalb hält die Rezensentin nicht nur das nordische Road Movie, drei Frauen auf dem Weg von Reykjavik zu den Ostfjorden, sondern auch die Schriftstellerin selbst für eine herausragende Vertreterin der modernen isländischen Literatur. Egal, was die Autorin schreibt, sei es der Dialogwitz, die Skizzierung von Landschaften oder die minutiöse Schilderung von Bekleidung, Inneneinrichtungen, Mahlzeiten oder Wetterlagen - die Rezensentin ist gänzlich hingerissen. "Herzort" steckt voller Überraschungen, die die Autorin kunstvoll in einem dichten und sperrigen Textgewebe miteinander verwoben hat, verspricht Wagener.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.04.2001

Wenn Friedhelm Rathjen eines an diesem Roman der Isländerin Steinunn Sigurdardottir stört, dann ist es der deutsche Titel. "Herzort" trifft so gar nicht das, was die Autorin hier beschrieben hat, denkt der Rezensent. Denn hier gehe es nicht um Liebe, Schmerz und seichte Sommerlektüre, sondern um ein Trio infernale, das eine Reise ins Ungewisse unternehme und seinen Trip mit reichlich derben, aber auch lyrisch tiefsinnigen Sprüchen würze. "Herzblut" ist ein "heftig-deftiger Brocken", ein mit Bildern und Sprache prall gefüllter literarischer Road Movie, findet der Rezensent. Es ist "wunderbar", lobt er, wie die Autorin vor allem die Sprache als treibenden Motor in Bewegung hält, und zwar so gekonnt verführerisch, dass sie den Rezensenten geradezu berauscht hat. Und so missfallen Rathjen auch nur die Stellen im Roman, an denen sich die Figuren zu erklären suchen. Einfach und schlicht ist die Botschaft: "Der Weg ist das Ziel" - und Sigurdardottir pflastert diese Reise mit außergewöhnlichen sprachlichen Schlenkern und Berg- und Talfahrten, resümiert Rahtjen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.03.2001

Schöner Roman, das, findet Christine Holliger und unterscheidet zunächst einen inneren von einem äußeren Rahmen: Das Außen des Ganzen bilde die zweitägige Reise der drei Hauptfiguren von Reykjavik quer durch Island an die Ostfjorde. Der innere Rahmen aber, das sei die symbolische Reise dreier Frauen zu sich selbst. Doch wichtiger als das Thematische, meint die Rezensentin, sind in diesem Buch doch das Spiel mit den Erzählformen und der gleichfalls spielerische Umgang mit der Sprache. Postmodern nennt sie das, wenn etwa "filmhaft wirkende Szenen" mit "magisch-realistischen Passagen" abwechseln, in denen, so Holliger, auch schon mal ein "herrenloses Bein" herumspukt. Die Sprache des Romans findet sie leichtfüßig, ironisch und bildgewaltig und zieht den Hut vor einer scheinbar mühelos gemeisterten übersetzerischen Herausforderung.
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