Susanne Fischer

Julia, laß das!

Arno Schmidts Zettelkasten zu Julia, oder die Gemälde
Cover: Julia, laß das!
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518804803
Broschiert, 120 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Mit Fotos von Jan Philipp Reemtsma. "Ich ziehe mich nunmehr in andere Bereiche zurück - hoffentlich gelingts noch einmal - wenn's wird, wird's ebbes Kurioses werden", teilte Arno Schmidt seinem Lektor Ernst Krawehl mit, als er die Niederschrift des Romans Julia, oder die Gemälde begann. Nach dem Tod des Autors am 3. Juni 1979 blieb ein Fragment zurück - und ein Zettelkasten mit 13 339 Notizzetteln zum Roman.Wie wäre das Buch weitergegangen, was lässt sich aus den Zetteln schließen? Susanne Fischer hat das gesamte Material erkundet und zeigt, wie der Autor mit seinen Notizen arbeitete. Sie präsentiert Hunderte von Beispielen aus allen Themenbereichen des geplanten Romans. Witzige Sentenzen im typischen Schmidt-Ton finden sich ebenso darunter wie Befremdliches und Rätselhaftes. Vor allem überrascht die Dominanz der Sexualität in den Notizen, obwohl es doch über Sex dort auch heißt: "je mehr ich darüber nachdenke, je weniger sagt es mir zu" (Zettel 8 081). Ergänzt wird der Band mit dokumentarischen Bildern von Arno Schmidts Arbeitsplatz, die unmittelbar nach seinem Tod aufgenommen wurden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.12.2021

"Wie belastbar" das Nachlassmaterial wirklich sei, mit dem Susanne Fischer, Geschäftsführerin der Arno-Schmidt-Stiftung, sich in ihrem Buch Arno Schmidts unvollendetes letztes Werk zu erschließen versucht, findet Rezensent Tilman Spreckelsen zwar fraglich, dann aber auch gar nicht so wichtig. Denn viel aufschlussreicher scheint ihm ohnehin Fischers Vergleich von Schmidts berühmten Zetteln mit schon bestehenden, nicht mit ungeschriebenen Passagen, weil sich hier interessante Diskrepanzen zeigen. Auch als Einblick in Schmidts "monomanisches Gehirn" und dessen Wahrnehmung liest Spreckelsen das Buch gerne. Aus den Notizen abzuleiten, wie Schmidts Roman wohl weitergegangen wäre (etwa mit überwiegend sexuellen Inhalten, wie Fischer überlegt), scheint dem Kritiker dagegen eher fruchtlos, hält das Fischers "verdienstvollem" Buch aber keineswegs vor.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.11.2021

Wie Susanne Fischer sich dem Nachlass Arno Schmidts widmet, findet Rezensent Hans-Jürgen Linke vorbildlich. Eine geradezu Schmidt'sche Versessenheit beim Zählen und Sichten fällt dem Rezensenten auf, aber auch Zurückhaltung bei der Deutung. Wie Schmidts Fragment gebliebener Roman mit seinen Zettelkästen korrespondiert bzw. eben nicht, zeigt die Ausgabe dem Rezensenten jedenfalls auf sorgfältige Weise. Was der Leser hier laut Linke außerdem erfährt: Schmidt war spätenstens zur Zeit der Abfassung ein "dirty old man", ein alter Sack voller Sexismen und Rassismen. Schwamm drüber, findet der Rezensent, hier geht's um den Bargfelder Mikrokosmos, nicht um politcal correctness.