Susanne Riedel

Eine Frau aus Amerika

Roman
Cover: Eine Frau aus Amerika
Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783827004994
Gebunden, 232 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Der Molekularbiologe Hannes, in den sechziger Jahren nach Amerika ausgewandert, bemüht sich seit über dreißig Jahren des Zusammenlebens mit der Psychologin Sharon, so amerikanisch wie möglich zu leben und zu fühlen. Die schöne, kultivierte Sharon dagegen hält Hannes immer wieder sein Schicksal vor, als Deutscher geboren zu sein. Als "Dichterdesperado" laufe er sein ganzes Leben vor der Verantwortung für die eigene Geschichte davon. Durch erhitzte Diskussionen mit drei von Sharon zum universitären "Kulturaustausch" eingeladenen Deutschen über die Geschichte und die Stellung Deutschlands erreicht die Beziehungsproblematik letztlich ihren Höhepunkt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.07.2003

Einen Vorzug hat Susanne Riedels Roman für den Rezensenten Andreas Nentwich, nämlich "real existierende antideutsche Affekte nicht nur jüdischer Amerikaner in aller Schärfe vorzuführen". Aber das sei auch der Einzige. Riedels Geschichte um das Ende der Beziehung zwischen einem deutschen, in Amerika ansässigen Professor und dessen scheinbar amerikanischer Geliebten sei durch und durch von "freudianischen Plattitüden, ethno-psychologischen Zufallstreffern und Reizwortködern" getragen, ein "Schlachtfest der Aufklärung ins Nichts". Denn die Geliebte sei in Wirklichkeit eine deutsche Jüdin, die ihre amerikanisch-deutsche Umwelt manipuliere, indem sie sie in ihre eigenen "double-bind-Konstruktionen" verstricke. Und da Riedels Sprache sich in "kulturkritischen Spitzen" erschöpfe, werde ihr Roman gezwungenermaßen zu einem "Thesenroman", der die "Betroffenheitsschwelle" in "schwindelnde Höhen" treibe und "den eigenen Einsatz minimiere". Und so lautet Nentwichs gnadenloses Fazit: "Auch das ist eine Leistung, eine manipulative, keine aber der Literatur."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.06.2003

Mit ihrem dritten Roman über die zerrüttete Beziehung zwischen einer Amerikanerin und einem Deutschen hat Susanne Riedel den Rezensenten abgrundtief enttäuscht. Ihren "guten Ruf als Ausnahmetalent" hat die Autorin nun aufs Spiel gesetzt, meint Reinhard Baumgart. Er lese sich wie eine "lange Zündschnur": "sie pufft, zischt, sprüht, qualmt", aber das Ziel rücke dabei nicht näher. Auch Riedels Hang zu steilen Manierismen, der in den anderen Büchern eine Berechtigung gehabt habe, stört den Rezensenten diesmal nur. Die Hauptfiguren sind ihm beide zu "unerfreulich, unsympathisch", um Partei ergreifen zu können. Das dunkle Geheimnis, das am Schluss des Buchs enthüllt wird, "ahnt man zwar bald", jedoch nicht, warum es so lange verborgen wird, wundert sich Baumgart. Zumal der "verkorkste und verschwätzte Roman" doch sonst "die Klappe kaum halten kann". Dabei könne Riedel "durchaus böse brillieren", wenn sie auf Satire umschalte. So ist Baumgart geradezu "erschüttert" über die "unendliche Verschleuderung von Talent", und rät der Autorin: "Weiterschreiben, Zeitlassen, Bessermachen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2003

Martin Halter findet den Roman über das Scheitern einer deutsch-amerikanischen Beziehung trotz einiger Mängel lesenswert. Die Schwierigkeiten des "transatlantischen Kulturaustauschs" zwischen einer amerikanischen Psychologin und einem deutschen Molekularbiologen gipfeln schließlich in der Trennung: der Deutsche kehrt zurück nach Berlin. Dort erfährt er, dass seine langjährige Lebenspartnerin als Jüdin im KZ war, verrät Halter. Diese Auflösung befriedigt ihn jedoch weder "politisch" noch "literarisch". Weitere Schwächen sieht er in der Fixierung der Handlung auf "schwere Themen wie Auschwitz, Wiedervereinigung oder den 11. September" wodurch die Figuren zu Statthaltern nationaler Positionen reduziert würden. Auch die "eigenwillige Sprache" stört ihn. Dennoch lobt er Riedels "Mut und Feingefühl" in der Bearbeitung des "sperrigen Themas" und hält auch die Umsetzung, wie sie "aus Vergangenheit Gegenwart macht", großenteils für gelungen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

Petra Kohse ist berührt. Susanne Riedels Romane wirken wie Musik, schreibt sie. Auch beim Neuen ist das so. Klappt man das Buch auf, ist man voll drin in der Geschichte, klappt man es wieder zu, bleiben Sätze im Kopf, "Sätze für Stimmungen, in die man anders nie geraten wäre, und die deshalb wirkliche Erfahrungen sind". Die Rezensentin ist beeindruckt, wie tief die Autorin die von ihr beschriebene Traurigkeit von Hannes und Sharon verstanden haben muss, um sie mit derartiger "unterwasserhafter Geschmeidigkeit und Leichtigkeit" zu schildern. Riedel lasse Empfundenes neben das Wirkliche treten und schaffe so ein "langsames, stetiges Strömen", das die Geschichte durchziehe. Kurz und gut: Kohse ist buchstäblich bezaubert und hat noch sichtlich Mühe, sich aus dem Bann des Buches zu befreien und das Erlebte in Worte zu fassen.
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