Tamara Stajner

Raupenfell

Roman
Cover: Raupenfell
Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2023
ISBN 9783884237014
Gebunden, 320 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Georgiana Duchamp, Dobrinka Ljubić und Beatriz Lazar kommen aus verschiedenen Ecken Europas. Ihr gemeinsamer Nenner ist Wien. Dort kreuzen sich ihre Wege, als alle drei in einer gerade äußerst turbulenten Lebensphase vor existenziellen Entscheidungen stehen. Die Traumata der drei Protagonistinnen in Tamara Štajners Debütroman werden auf heitere Art und Weise zelebriert: Nachdem ihre Mutter mit dem griechischen Sternekoch Vitalis Mylonas durchgebrannt ist und ihr Vater sich in eine Psychiatrie einliefern lässt, flüchtet die Rumänin Georgiana nach Wien. Jetzt ist sie Cellistin bei den Wiener Philharmonikern, sucht ihr Glück aber in Porto. Dobrinkas Eltern schicken ihre Tochter von der behüteten kroatischen Insel Lošinj zur Korrektur ihrer in der Kindheit gebrochenen Nase in die Donaumetropole. Seither hat sie den Wunsch, sich zur medizinischen Kosmetikerin ausbilden zu lassen und einen Schönheitssalon zu betreiben. Als die junge Beatriz zuschauen muss, wie ihre Mutter in einer kleinen Küche im slowenischen Novo mesto vor dampfender Pasta tot umfällt und ihr Vater sich schon längst aus dem Staub gemacht hat, beschließt sie, ein Leben als Pianistin in Wien aufzubauen. Sie landet im Kloster der Salesianerinnen, allerdings läuft auch das nicht ganz nach Plan.Wem gehört ein Körper, der um viele Herkünfte weiß? Wien, Porto, Ljubljana und zwei Inseln an der ehemals jugoslawischen Adriaküste geben die Kulisse für diesen europäischen Frauenroman, der außergewöhnliche Antworten findet auf das, was esbedeutet, sowohl Leben zu geben als auch selbst lebendig zu sein.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 25.08.2023

Drei Frauen, die ähnliches erleben, deren Lebenswege sich überschneiden und die trotzdem einsam bleiben - "Raupenfell", betont Rezensentin Beate Tröger, ist kein heiter versöhnlicher Roman über Frauenfreundschaften, sondern ein bedrückender Text über weibliche Ohnmacht und Vereinzelung. Alle drei Frauenfiguren haben einen Migrationshintergrund und leben in Wien, alle drei werden mit Schönheitsidealen, Rollenmustern und Zuschreibungen konfrontiert, sie erleben Gewalt durch Männer - physische oder psychische - und sie werden schwanger. Wie Stajner aus verschiedenen Perspektiven davon erzählt, findet Tröger größtenteils äußerst sensibel und darin sehr überzeugend. Besonders stark ist der Text, so Tröger, wenn er sich ganz nah an die Figuren herantastet, ihre Ohnmachtsgefühle beschreibt und die Schwierigkeiten, den eigenen Zuneigungen und Abneigungen wirklich zu trauen - danach zu handeln. Das Identifikationspotenzial für weibliche Leserinnen ist hier groß. Leider kann die Autorin den hohen Standard an Präzision nicht durchgehend halten, lesen wir. Zudem unterlaufen ihr hin und wieder Manierismen, die stören, seufzt die Rezensentin, die sich hier ein stärkeres Lektorat gewünscht hätte. Doch die paar Schönheitsfehler, so die überzeugte Rezensentin, können dieses "unerschrockenen Debüt" nicht entstellen.