Uwe Johnson, Walter Kempowski

'Kaum beweisbare Ähnlichkeiten'

Der Briefwechsel
Cover: 'Kaum beweisbare Ähnlichkeiten'
Transit Buchverlag, Berlin 2006
ISBN 9783887472146
Gebunden, 143 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Eberhard Fahlke und Gesine Treptow. Eine nur auf den ersten Blick überraschende Nähe zwischen zwei der wichtigsten zeitgenössischen Autoren: der Rostocker Reederssohn Walter Kempowski und der in Mecklenburg aufgewachsene und später in Rostock studierende Uwe Johnson. Früh hatten sie ihre Väter verloren; früh gerieten sie in Konflikt mit der DDR-Obrigkeit: Kempowski wurde für acht Jahre in Bautzen eingeschlossen und 1956 in die Bundesrepublik entlassen, Johnson verließ die DDR 1959; beide entwickelten ein leidenschaftliches Interesse an deutscher Geschichte, beide arbeiteten an riesigen literarischen Projekten, hier "Echolot", dort "Jahrestage". Und beide waren Außenseiter: Johnson, ein akribischer, sprachmächtiger Formulierer und Beobachter entfernte sich schnell vom mainstream des literarischen Betriebs, Kempowski gehörte eigentlich nie dazu. Vielleicht konnten sie, trotz des völlig unterschiedlichen literarischen Ansatzes und Stils, deswegen zueinander Vertrauen fassen und ungewöhnlich intensive Briefe wechseln; zwei Autoren geben Auskunft über ihr Handwerk, ihre Arbeitsweise, ihre Verletzungen und über die Einsamkeit ihres Berufs, oft gespickt mit amüsanten oder widrigen Episoden aus der Abteilung "wirkliches Leben".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.01.2007

Richtig gute Geschichten von Uwe Johnsons Pub-Besuchen in Schottland warteten hier als kleine Erzähljuwelen auf den Leser, weckt Rezensent Jürgen Verdofsky den Appetit. Überhaupt zeichne sich dieser Briefwechsel von Uwe Johnson und Walter Kempowski durch eine ungewöhnliche "Vertrautheit" aus. In den 70er Jahren starteten die beiden eine Arbeitskorrespondenz mit wechselseitiger Lektüre des "Jahrestage"-Manuskripts beziehungsweise "Uns geht's ja noch gold". Kurz und schmerzvoll sei dieser Versuch gewesen, berichtet der Rezensent, schmerzvoll für Kempowski. Danach "tröpfle" der Briefwechsel verständlicherweise, breche aber nie ab, da Kempowski nicht nachtragend gewesen sei, und Johnson aus der schottischen Einsamkeit heraus schließlich einen langen "ungeschützten" Brief geschickt habe. Anschließend hätten beide zu alter Vertrautheit zurückgefunden und sich neben Melancholischem und Sarkastischem auch die besagten tollen Geschichten geschrieben. Der letzte Brief von Uwe Johnson vom Januar 1983 klingt für den Rezensenten nach Abschied, wenn Johnson für seine Mecklenburgica nach einem Sammler frage.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.12.2006

Entzückt zeigt sich Alexander Cammann von dieser Ausgabe des Briefwechsels zwischen Uwe Johnson und Walter Kempowski, die er als "liebevoll gestaltetes Kleinod für den Gabentisch" anpreist. Einleitung und Kommentierung der knapp 60 Briefe und Ansichtskarten scheinen ihm äußert sachkundig und profund. Er findet eine Reihe von Parallelen zwischen beiden Schriftstellern. Neben der Herkunft aus der gleichen "mecklenburgischen Weltgegend" nennt er vor allem die große Bedeutung der Erinnerung, die beide ihrem Erzählen beimessen. Die Briefe und Ansichtskarten dokumentieren für Cammann eine "ferne Nähe" zwischen Johnson und Kempowski. Besonders gefallen hat ihm ihre Mischung aus "nordischer Sprödigkeit und amüsiert-unbeholfener Herzlichkeit".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.10.2006

Beim Lesen von Briefwechseln kann man sich wohlfühlen oder auch nicht. Hier fühlt man sich als Leser wohl, befindet der Rezensent Ernst Osterkamp über die Korrespondenz zwischen Uwe Johnson und Walter Kempowski. Was nicht zuletzt daran liegen mag, dass der unnahbar mürrische und Distanz liebende Johnson es war, der den Kontakt zu Kempowski aufnahm, wie der Rezensent vermutet. In dieser Konstellation jedenfalls - Meister kontaktiert Debütanten, der vor lauter Respekt Distanz wahrt - erwartet den Leser das Glück in Tüten. Beide sehen die Ähnlichkeit zwischen ihren Werken, in denen "Erinnerung als eine Hauptfunktion des Erzählens" zelebriert wird, und beurteilen sich gegenseitig mit bewundernswerter "technischer Metiersicherheit". Nicht zuletzt, so der Rezensent, glänzt der Briefwechsel durch einige späte Briefe aus Johnsons Feder, in denen dieser sich, wohlgemerkt indirekt, selbst porträtiert. Warum allerdings einige der Briefe lediglich in (verkleinerter) fotografischer Reproduktion vorliegen und dadurch kaum zu lesen sind, kann der Rezensent beim besten Willen nicht nachvollziehen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006

"Zum Steinerweichen" findet der Rezensent Jörg Drews den Briefwechsel zwischen Uwe Johnson und Walter Kempowski, der ihn mit seinem von höflicher Hemmung geprägten Ton irgendwie rührt. Nachdem die Briefe anfänglich so dahinplätschern, wie der Rezensent berichtet, bringt 1980 ein Tropfen das Fass zum Überlaufen: Beide gestehen sich aufs Dezenteste Einsamkeit und gegenseitige Zuneigung. Richtig Spaß machen dem Rezensenten dann Johnsons spöttische Briefe über sein englisches Exil-Umfeld. Insgesamt würdigt er diesen Briefwechsel als ein "Memorial der Menschlichkeit in all ihrer Fragilität", das auch editorisch gelungen ist.
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