Uwe Schmitt

Mondtränen, Bürohelden und Küchengerüchte

Japanische Widerreden
Cover: Mondtränen, Bürohelden und Küchengerüchte
Picus Verlag, Wien 2000
ISBN 9783854527336
Gebunden, 130 Seiten, 14,21 EUR

Klappentext

Uwe Schmitt geht den Geheimnissen und Banalitäten Japans auf den Grund und weist mit viel kulturellem Hintergrundwissen und Sinn für das Skurrile den Weg durch den japanischen Alltag. Er erzählt von den Tücken der japanischen Namensgebung, den Segnungen von Lautsprechersystemen zur flächendeckenden Beschallung ganzer Stadtteile, dem Ritual des hemmungslosen Schenkens am Valentinstag und den Wohltaten der bemannten Tankstelle, die den Gedanken an Selbstbedienung absurd erscheinen lassen. Aber auch der kritische Blick auf die japanische Gesellschaft fehlt nicht. Schmitt schreibt über die irritierende Verehrung von Kriegsverbrechern, berichtet von den Problemen der ehemaligen Wirtschaftssupermacht, hinterfragt den Mythos der "salarymen", der Bürohelden, und spricht mit dem Nobelpreisträger Kenzaburo Oe, der an der Weltabgewandtheit seines Landes leidet. Und er berichtet vom "anderen" Japan: von der Rücksichtnahme und Kinderliebe im Alltag, der diskreten Überlegenheit der Frauen und der so subtilen wie kultivierten Verpflichtung zur Höflichkeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.02.2001

In einer Sammelrezension bespricht Ludger Lütkehaus fünf Bücher, die alle einen Bezug zu Japan haben.
1) Ludwig Harig: "Reise mit Yoshimi" (Zu Klampen Verlag)
Lütkehaus merkt an, dass die Bezeichnung `Reportagen` im Untertitel möglicherweise etwas irreführend sein könnte. Denn seiner Ansicht nach handelt es sich hier vielmehr um "subtile poetische Annäherungsversuche", bei denen sich der Autor an Max Dauthendey anlehnt. Dieser hat, wie Lütkehaus erläutert, in Japan `acht Gesichter` gesehen, wie etwa `Landschaft-, Wetter-, Seelen-, Tages- und Jahreszeitengesichter`. Dass Harig nicht "umstandslos in Dauthendeys Spuren" geht, sondern sich vielmehr einfach inspirieren lässt, scheint dem Rezensenten recht gut zu gefallen.
2) Irmela Hijiya-Kirschnereit: "Japanische Gegenwartsliteratur" (edition text und Kritik)
Lütkehaus stellt die Autorin zunächst als eine der "besten Kennerinnen Japans" vor und weist darauf hin, dass die Hijiya-Kirschnereit hier insbesondere ausführliche und aktuelle Informationen zum ersten japanischen Nobelpreisträger Kawabata bietet. Dabei habe die Autorin eigene Artikel aus dem `Kritischen Lexikon zur fremdsprachigen Gegenwartsliteratur überarbeitet und einige weitere hinzugefügt.
3) Irmela Hijiya-Kirschnereit: "Japan" (Suhrkamp Verlag)
Zu diesem Buch merkt der Rezensent nur kurz an, dass die Autorin in ihrem Essayband auf "die nötige Distanz zu den Wahrnehmungsklischees", mit denen Japan hierzulande üblicherweise betrachtet wird, setzt.
4) Uwe Schmitt: "Mondtränen, Bürohelden und Küchengerüchte (Picus Verlag)
Lütkehaus preist dieses Buch begeistert als lohnende Lektüre an, und das nicht nur wegen des "glänzenden Schreibstils" des Autors. Besonders gefällt dem Rezensenten, wie Schmitt "Unterhaltsames mit überraschender Information" verbindet. Als Beispiel dafür nennt Lütkehaus das Kapitel über Harakiri, in dem der Autor mit im Westen verbreiteten Legenden vom "geradezu lyrischen Selbstmord" aufräumt und darüber hinaus deutlich macht, dass die Japaner keineswegs anfälliger für Selbstmord sind als andere Völker. Gut gefallen dem Rezensenten auch die Passagen des Buchs, in denen Schmitt über die unterschiedliche Einstellung zum Tod und insbesondere zum Selbstmord zwischen japanischer und christlicher Tradition eingeht.
5.) Florian Coulmas: "Japanische Zeiten" (Kindler Verlag)
Nach Lütkehaus geht es in diesem "Pionierwerk" besonders um Zeit und Zeitempfinden in Japan - etwa um den Konflikt zwischen gregorianischem Kalender und der Tradition, Zeit an den Herrschaftszeiten der Kaiser zu messen. Oder auch um den scheinbaren Widerspruch von hektischer Arbeitswelt und Naturnähe bzw. Meditation. Und nicht zuletzt gehe es um die Uhrenfirma Seiko, die die Uhren immer auf zehn nach zehn stellte, damit die Uhren aussehen wie lächelnde Gesichter. Lütkehaus fällt dabei auf, dass auch das Buch selbst "die zyklische Struktur, die es beschreibt" zeigt, was ihm offenbar sehr gut gefällt. Darüber hinaus lobt er den leichten Schreibstil des Autors, mit dem es Coulmas seiner Ansicht nach gelingt, viel Information in gut lesbarem Stil zu vermitteln.
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