Vladimir Jabotinsky

Die Fünf

Roman
Cover: Die Fünf
Die Andere Bibliothek, Berlin 2012
ISBN 9783847703365
Gebunden, 350 Seiten, 36,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Die Lyrik wurde übertragen von Jekatherina Lebedewa. Ein Gesellschaftsroman über den Untergang des bürgerlich-jüdischen Odessa zu Beginn des 20. Jahrhunderts. "Die Fünf" ist eine elegische Erinnerung, verkörpert in den fünf Geschwistern der Familie Milgrom, die in den politisch-kulturellen Wirren ihrer Zeit zwischen revolutionärer Gewalt und Assimilation heranwachsen. Es entfaltet sich ein theatralisch-tragisches Menschenschauspiel. Es sind die letzten Tage von Odessa.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.06.2013

Ulrich M. Schmid liest diesen erstmals 1936 erschienenen und jetzt wieder entdeckten Roman von Vladimir Jabotinsky als dezidiert "politisches" Werk. Er berichtet über das Leben des russischen Zionisten und hebt dessen hartnäckigen Kampf für einen jüdischen Staat hervor. Jabotinskys Familiengeschichte um eine alteingesessene jüdische Familie in Odessa, die von herben Schicksalschlägen gebeutelt wird, erscheint Schmid - anders als zahlreichen Kritikern - nur auf den ersten Blick als eine sehnsüchtige Beschwörung jüdischen Lebens in der multikulturellen Hafenstadt am Schwarzen Meer. Er sieht in dem Werk vielmehr eine "Warnung vor dem Verlust der jüdischen Identität in der Diaspora". In literarischer Hinsicht hat das Buch bei ihm zwiespältige Gefühle hinterlassen. Einerseits lobt er die komplexen und mitunter "exzentrischen" Figuren, die Jabotinsky entwickelt, und seine effektvolle Schreibweise. Andererseits fehlt ihm ein einigermaßen stringenter Plot, und er kann nicht des Eindrucks erwehren, es eher die "Kopfgeburt eines Politikers" als mit eine "literarisch überzeugende Schöpfung" vor sich zu haben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.01.2013

Mathias Schnitzler schwelgt in der "Anmut und Sinnlichkeit" dieses im Original schon 1936 veröffentlichten Romans, der am Beispiel der Schicksale von fünf Geschwistern den Verfall einer jüdischen Familie in Odessa schildert. Für den Rezensent handelt es sich hierbei um eine weitere Wiederentdeckung aus der russischen Literatur, wie es in den letzten Monaten einige zu bewundern gab. Schnitzler zeigt sich darüber sehr beglückt, zeichnet sich für ihn in dieser Veröffentlichungswelle doch erstmals die Kontur einer klassischen russischen Moderne ab. Mit Jabotinsky streift der sichtlich genießende Rezensent am Vorabend der russischen Revolution durch eine noch friedlich intakte, sinnliche Welt, deren Geistes- und körperliche Freuden er anschaulich beschreibt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.01.2013

Dankbar begrüßt Rezensent Jens Bisky diese erste deutsche Übersetzung des im Jahre 1936 erstmals veröffentlichten Romans "Die Fünf" von Vladimir Jabotinsky. Fasziniert folgt der Kritiker dem eigensinnigen und mitreißenden Erzähler durch das bunte Odessa des Fin de Siecle und erlebt in "schaurig-heiteren" Szenen, bei Theaterbesuchen und Liebesabenteuern die letzte Zeit der Leichtigkeit und Sorglosigkeit vor dem Ausbruch des Krieges. Bisky bewundert nicht nur das Vermögen des Autors, die Eigenheiten des Odessaer Slangs wiederzugeben, sondern lobt auch Jabotinskys Stärke, in verschiedenen Stimmungen und Atmosphären das "innerliche Ersterben" seiner Helden darzustellen. Allerdings muss der Kritiker gestehen, dass er sich von dem Verlag ein wenig mehr an Information über das bemerkenswerte Leben des Verfassers, der sich in den dreißiger Jahren für die Rettung der osteuropäischen Juden einsetzte, gewünscht hätte. Nichtsdestotrotz gilt ihm dieses Buch als außergewöhnliches Dokument über die "Unzuverlässigkeit des Zeitgefühls, der Meinungen und der Erinnerungen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2013

Viel zu lange haben deutschsprachige Leser auf diesen Odessa-Roman von Vladimir Jabotinsky warten müssen, findet Christiane Pöhlmann. Dass er doch endlich übersetzt wurde, rechnet sie der Anderen Bibliothek hoch an. "Die Fünf" ist mehr als ein weiteres Zeugnis des gerühmten Odessaer Humors, "schlitzohrig und schalkhaft", wie die Rezensentin ihn kennt. Pöhlmann zufolge ist er sogar eine ganze Menge mehr: Stadtporträt, dichte Beschreibung einer aufkommenden Überwachungsgesellschaft, "Abgesang auf die Zeit" der Décadence, ein Kulturschauspiel von Religionen und "hundert Sprachen". Serjosha Milgrom ist eines von fünf Kindern einer jüdischen Handelsfamilie, Lebemann und hat, wie die zaristische Gesellschaft Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, seine besten Tage hinter sich. Seine Geschwister übernehmen die Vorreiterrolle in der Familie: Torik, der Familienstreber; Marussja, die auf ihren Gesellschaften "sophistische Wettbewerbe" austrägt; die zukünftige Spionin Lika. Fünf Geschwister, fasst Pöhlmann zusammen. Nicht ganz klar wird in ihrer Rezension allerdings, ob Serjosha der Ich-Erzähler ist oder das unerwähnte gebliebene Familienmitglied. So oder so, die Rezensentin erkennt Ähnlichkeiten zwischen ihm und seinem Autor: beide sind wegen ihres politischen Engagements in Schwierigkeiten gekommen.
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