William Boyd

Trio

Roman
Cover: Trio
Kampa Verlag, Zürich 2021
ISBN 9783311100720
Gebunden, 432 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Patricia Klobusiczky und Ulrike Thiesmeyer. Es ist der Sommer 1968: In Paris gehen die Studenten auf die Straße, in Vietnam wütet der Krieg, Martin Luther King wird ermordet. Während die Welt in Aufruhr ist, wird im sonnigen Brighton ein aparter Kinofilm gedreht. Hier kreuzen sich die Wege eines Filmproduzenten, einer Schriftstellerin und einer Schauspielerin. Alle drei führen ein Doppelleben: Elfrida, der keine Zeile mehr einfällt und deren Ehe zerrüttet ist, ertränkt ihren Frust in Wodka. Talbot, der Filmproduzent, hat ein geheimes Hobby und macht gute Miene zum bösem Spiel, denn er weiß, dass sein Geschäftspartner versucht ihn auszubooten. In Anny, die umwerfende Hauptdarstellerin, ist die ganze Welt verliebt, aber ihre Liebschaften bereiten dem Filmstar nur Scherereien: Sie hat eine Affäre mit ihrem Filmpartner, und natürlich taucht ihr Liebhaber, ein Philosoph aus Paris, überraschend am Set auf. Außerdem sitzt Anny ihr Ex-Mann im Nacken - und das FBI. Während die Dreharbeiten bei scheinbar ausgelassener Stimmung voranschreiten, rumort es hinter den Kulissen gewaltig. Die Geheimnisse des Trios drohen aufzufliegen. Wie lange kann jeder seine Rolle spielen? Und wer inszeniert das größte Drama?

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.06.2021

Dieselbe Frage, die in William Boyds Roman die scheiternde Schriftstellerin Elfrida Wing 1968 von ihrem Literaturagenten als Reaktion auf ein Manuskript über Virginia Woolfs letzten Lebtag zu hören bekommt - Warum soll das heute noch interessant sein, wo die Welt in Flammen steht? - könnte man auch an Boyds Roman selbst richten, meint Rezensent Richard Kämmerlings. Im Rahmen eines Filmdrehs in Brighton erzählt er von drei privilegierten Künstlern und ihren Lebensdramen: die alkoholkranke Elfrida mit gescheiterter Ehe, die fragile Anny Viklund, amerikanischer Filmstar mit linksradikalem Ex-Mann, und der heimlich homosexuelle Filmproduzent Talbot Kydd. Dessen unbeholfenes Coming-Out ist für den Rezensenten die "berührendste" Geschichte innerhalb der "satirisch zugespitzten" und an cineastischen Referenzen angereicherten Rahmenhandlung des Filmdrehs. Interessant seien solche Geschichten eben auch heute noch, so Kämmerling unter Bezug auf eine Romanstelle, um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen, die sich hinter den Masken der Menschen verbergen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.05.2021

Als einer der facettenreichsten Schriftsteller Großbritanniens bringt William Boyd alle Voraussetzungen mit für einen vielschichtigen und komplexen Roman wie "Trio", konstatiert der begeisterte Rezensent Martin Ebel. Unterhaltsam und spannungsvoll wie ein Krimi und trotzdem von beeindruckender psychologischer Tiefe, Klugheit und Kunstfertigkeit scheint ihm dieses Buch. Im Zentrum stehen drei Figuren - ein erfolgreicher Filmregisseur, der seine Homosexualität verheimlicht, eine junge Schauspielerin, die den Druck der Filmbranche nur dank zahlreicher Liebhaber, Drogen und Medikamenten aushält, und eine Autorin, die ihre Selbstzweifel in Wodka ertränkt. Durch die erlebte Rede kommen die Leser den drei Figuren sehr nahe, beschreibt Ebel - näher sogar, als sich die Protagonisten selbst sind. Dabei fügen sich die fragmentierten Innenansichten zu einem grandiosen Mosaik zusammen, welches all die erzählerische Raffinesse des Autors offenbart, fährt der Kritiker fort. Dass die politischen Ereignisse des Jahres 1968, in dem die Geschichte spielt, kaum thematisiert werden, ist übrigens weder Zufall noch der Ignoranz des Autors geschuldet, erklärt Ebel: Es zeige, dass wir die Gegenwart mit anderer Gewichtung wahrnehmen als wir sie in der Rückschau wahrnehmen werden. Und so wird aus diesem spannenden Roman ein "literarisches Altmeisterstück" über "Innen- und Außenwahrnehmung, Ignoranz und Selbsterkenntnis".
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 04.03.2021

Rezensent Johannes Kaiser braucht ein bisschen, um den neuen Boyd-Roman genauso zu lieben wie all die anderen. Allzu bekannt erscheint ihm zumindest der Plot um eine saufende Schriftstellerin mit Schreibblockade. Aber genau wie bei den anderen beiden Hauptfiguren, Produzent Talbot und Schauspielerin Annie, aus deren Perspektive Boyd erzählt, gelinge es dem Autor einmal mehr so plastische Figuren zu schaffen, dass der Kritiker kaum glauben mag, dass sie nicht tatsächlich gelebt haben. Dass der politische Hintergrund - immerhin schreibt man das Jahr 1968 - an keiner Stelle durchscheint, findet Kaiser bedauerlich. Boyds Kunst, überraschungsreich und mit "Fantasie und Witz" in die Abgründe hinter die Fassaden seiner Helden zu schauen, entschädigt ihn aber schließlich.