Wlodzimierz Nowak

Die Nacht von Wildenhagen

Zwölf deutsch-polnische Schicksale
Cover: Die Nacht von Wildenhagen
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783821858296
Gebunden, 300 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Joanna Manc. Als Wlodzimierz Nowak sie trifft, ist Adelheid M. bereits 65 Jahre alt. Doch immer noch hat sie Angst - Angst vor der Erinnerung an die Nacht, in der die Mütter und Großmütter des Ortes erst ihre Kinder und Enkelkinder, dann sich selbst mit Messern, Schlingen und Seilen umbrachten aus Angst vor den vormarschierenden Russen. Adelheid überlebte, weil ein sowjetischer Soldat sie rechtzeitig von der Schlinge erlöste. 50 Jahre nach der Schreckensnacht von Wildenhagen: An der deutsch-polnischen Grenze entlang der Neiße gibt es unzählige Schleuser, die gegen Geld Flüchtlinge aus Russland, Sri Lanka oder Afghanistan nach Deutschland führen. Nowak hat einen von ihnen aufgesucht, den 23-jährigen Arek Banecki. Ohne seine illegale Arbeit würden die Baneckis nicht überleben können ... Anhand von zwölf Schicksalen erzählt Wlodzimierz Nowak von der komplexen, oft schmerzhaften Beziehung zwischen Polen und Deutschen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.11.2009

Wlodzimierz Nowaks Reportagen über deutsch-polnische Schicksale haben Rezensent Thomas Urban tief beeindruckt. Die Geschichten, die der Autor minuziös recherchiert hat und in denen er den psychologischen Verwerfungen zwischen Deutschen und Polen nachspürt, sind ihm sichtlich nah gegangen. Dabei hebt er hervor, dass die beschriebenen Schicksale individuell sind, zugleich aber die "Mechanismen der großen Politik aufzeigen". Auch wenn einige Reportagen in der Gegenwart angesiedelt sind, sieht er das Hauptanliegen des Autors darin, "die seelischen Wunden auszuleuchten, die der Krieg geschlagen". Er würdigt Nowak als "großartigen Erzähler" und seine Reportagensammlung als eines der "besten aktuellen Bücher" über die noch immer schwierigen deutsch-polnischen Beziehungen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2009

Einen würdigen Nachfolger der alten Garde der "Gazeta Wyborcza" sieht Marta Kijowska in diesem Autor, der sie mit seinen Reportagen genauso überzeugt, wie einst Malgorzata Szejnert oder Ryszard Kapuscinski. Die zwischen 1997 und 2006 in der "Gazeta" erschienenen Texte Wlodzimierz Nowaks, die um deutsch-polnische Geschichte und Schicksale kreisen, halten sie ganz schön in Atem. Dabei kommen laut Kijowska nicht nur Fakten zutage, die weitgehend unbekannt sind. Nowaks lakonischer Berichterstatterstil, seine Beobachtungs- und Recherchegabe und seine eingehende Beschäftigung mit den Menschen, die er dem Leser vorstellt, bescheren der Rezensentin "unglaubliche Schicksalsbeschreibungen". Wehrmachtsdeserteure haben ihren Auftritt, Schlepper und alte und neue Feindbilder. Spannung beziehen die Texte laut Kijowska durch Nowaks die Nüchternheit unterlaufenden Hang zu Zeitsprüngen und assoziativem Denken. Am Ende hat die Rezensentin nicht nur individuelle Schicksale vor Augen, sie weiß auch um die "historischen Mechanismen" dahinter.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.07.2009

Beeindruckt ist Rezensent Jörg Plath von diesem Band mit zwölf polnisch-deutschen Reportagen des Wlodzimierz Nowak. Der für die Warschauer Zeitung "Gazeta Wyborcza" schreibende Journalist wirkt auf ihn oft wie ein "teilnehmender Beobachter" und "Ethnologe", wenn er etwa von Heimattouristen, einem deutschen Soldaten, der zu den polnischen Partisanen desertierte, polnischen Schleppern oder polnischen Studenten an der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder berichtet. Die Lebensläufe, die Nowak erzählt, bringen Plath immer wieder zum Staunen. Dabei hebt er die "literarische Kraft" hervor, mit der sich der Autor diesen Lebensläufen widmet. Das habe zur Folge, dass der Leser fertige Urteile und Erwartungen schnell fallen lasse. Er würdigt Nowak als einen "Schicksalssammler", der das Verworrene "behutsam und respektvoll" gerade nur so weit ordne, "dass man ihm staunend zu folgen vermag".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.03.2009

Die zwölf Reportagen, die der für die Gazeta Wyborcza schreibende Wlodzimierz Nowak zwischen 1997 und 2006 verfasst hat, zählen für Andreas Wirthensohn zur "hohen Kunst des Journalismus", die östlich der Oder-Neiße-Grenze gepflegt wird. Erstaunt nimmt der Rezensent die völlige Uneitelkeit des Reporters zur Kenntnis, die ihm den Zugang zu den Menschen, ihren mitunter grausamen Geschichten aus der deutsch-polnischen Vergangenheit oder ihren nicht immer ganz legalen Geschäften in der Gegenwart erleichtert haben wird, so Wirthensohn. Auch dass der Autor sich "Verallgemeinerungen und dezidierte Werturteile" versagt, gehört für den Rezensenten zu den Qualitäten der Reportagen, die für ihn als "Glücksfall" zu bezeichnen sind.
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