Wolfgang Kraushaar

Fischer in Frankfurt

Karriere eines Außenseiters
Cover: Fischer in Frankfurt
Hamburger Edition, Hamburg 2001
ISBN 9783930908691
Gebunden, 255 Seiten, 18,41 EUR

Klappentext

Der Historiker und Politologe Wolfgang Kraushaar analysiert die Außenseiterkarriere Joschka Fischers, indem er sie in wichtigen Aspekten entpersonalisiert. Er beschreibt den historischen Kontext, aus dem die Stationen von Fischers politischer Biografie zu begreifen sind - die antiautoritäre Revolte, die Sponti-Szene mit Daniel Cohn-Bendit, den Frankfurter Häuserkampf und den Konflikt um die Durchsetzung des realpolitischen Flügels bei den Grünen. Erst aus diesen sozialen und kulturellen Zusammenhängen gewinnt die Person des Außenministers ihre Kontur.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.11.2001

Die Vergangenheit von Außenminister Fischer wird vermutlich noch viele beschäftigen. Einem jedenfalls ist die Konversion vom Sponti zum Staatsmann so wichtig, dass er sämtliche seiner darüber entstandenen Texte, und seien sie auch älter als zehn Jahre, zu einem Buch zusammenstellt hat, berichtet Gabriele Metzler. Sie kann Wolfgang Kraushaars' Sammelsurium allerdings nicht allzu viel abgewinnen. Gelungen findet sie Kraushaars Schilderung über die Häuserkämpfe im Frankfurter Westend, weniger vielversprechend seinen Ansatz, Joschka Fischer mit dem Burschenschaftler Ludwig August von Rochau zu vergleichen. Den Autor sieht die Rezensentin zwar als ausgewiesenen Kenner der 68er, aber seine Vergleiche und Analysen erscheinen ihr doch etwas impressionistisch. Ein neues Bild über Fischer und seine Generation hat sich für Metzler jedenfalls nicht ergeben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2001

Überaus positiv beurteilt Barbara Sichtermann dieses Buch von Wolfgang Kraushaar, das, anders als man denken könnte, keine Biografie ist. Es beschäftige sich aus äußerst angenehmer Distanz mit "der Rolle der Gewalt in der Politik", wobei sich Kraushaar einer sehr interessanten Analogie bediene, nämlich der zwischen dem deutschen Außenminister und einer sehr ähnlich gelagerten Biografie aus dem 19. Jahrhundert, nämlich die von Ludwig August von Rochau, der den Ausdruck "Realpolitiker" erfunden haben soll. Da man die eine Lebensgeschichte als Leser durchaus wohlwollend begleite, werde man somit dahin geleitet, auch der Biografie Fischers mit mehr Gelassenheit gegenüberzustehen als es leider sonst häufig der Fall sei. Die Rezensentin freut sich über ein Buch, das endlich zu mehr Objektivität und weniger vorgefassten Meinungen zurückkehre.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2001

Gerd Koenen warnt den Leser vor falschen Erwartungen. Wer hier ein frisch verfasstes Porträt des grünen Außenministers Joschka Fischer erwartet, werde bitter enttäuscht. Stattdessen warte Wolfgang Kraushaar mit älteren und neuen Aufsätzen über die 68er und den Häuserkampf in den 70ern auf, ohne dass die Texte durch einen roten Faden zusammengehalten würden, ärgert sich der Rezensent. Kraushaars These, Fischer sei vom sozialen Außenseiter zum Außenminister mutiert und beim "Gang durch die Institutionen" von diesen geschluckt worden, mag Koenen nicht zustimmen. Und Fischers Erfolg Daniel Cohn-Bendit zuzuschreiben, lehnt der Rezensent schlicht ab. Außerdem stören ihn Kraushaars "minutiöse Schlachtenchroniken" und seine strenge Abrechnung mit dem einstigen Genossen. Ab und an, räumt Koenen ein, schimmere durch Kraushaars Texte die Fähigkeit des Autors, biografisch-psychologisch zu deuten, aber leider, schließt er bedauernd an, überwiegen chronologische Verknüpfungen und soziologische Typisierungen. Über Fischer in Frankfurt erfährt der Leser, so das Fazit, herzlich wenig.