Yahya Elsaghe

Die imaginäre Nation

Thomas Mann und das `Deutsche`
Cover: Die imaginäre Nation
Wilhelm Fink Verlag, München 2000
ISBN 9783770534555
Broschiert, 429 Seiten, 39,88 EUR

Klappentext

Als bedeutendster Schriftsteller der ersten deutschen Generation nach 1871, die in einem neu definierten Staatsgebilde aufwuchs und dennoch ein solides, in seinem Beharrungsvermögen sehr erklärungsbedürftiges Nationalbewusstsein entwickelte, wird Thomas Mann hier einer kulturwissenschaftlichen Relektüre unterzogen. Vor dem Hintergrund des Gesamtwerks und der nun schon hundertjährigen Forschungs- und Wirkungsgeschichte werden einige seiner Romane und Novellen exemplarisch innerhlb der je zeitgenössischen wissenschaftlichen und pseudowissenschaftlichen Diskurse rekontextualisiert un darauf befragt, aus welchen Phantasien genau sich `deutsche` Identität jeweils konsitutiert. Im Zentrum des Frageinteresses stehen dabei die Beziehungen zwischen ethnischer und sexueller Selbstvergewisserung und die Entlastungsfunktionen, welche Infektions- und Sexualängste bei der Formation nationaler Identität übernahmen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.02.2001

Albert von Schirnding bespricht in einer Doppelrezension zwei Bücher, die sich mit Thomas Mann und den Deutschen bzw. dem Antisemitismus befassen, und die nach Ansicht des Rezensenten kaum unterschiedlicher hätten ausfallen können.
1.) Yahya Elsaghe: "Die imaginäre Nation" (Wilhelm Fink Verlag)
Von Schirnding merkt nicht ohne Ironie an, dass es dem Autor hier "beinahe gelingt", den Leser vom Antisemitismus Thomas Manns zu überzeugen. Zwar sei dieser Antisemitismus durch die Forschung längst widerlegt, doch Elsaghe halte nicht viel von diesen Studien. Deswegen legt er nun, so von Schirnding, "umfangreiches Beweismaterial" vor, die seine These vom Antisemitismus Manns untermauern sollen. Grundlage sind dabei vor allem handschriftliche Anmerkungen Manns in Büchern oder Notizen, Bemerkungen also, bei denen Mann sich "unbeobachtet wähnt". Diese werden von Elsaghe wiederum in Bezug zu anderen Textstellen Manns bzw. seiner Biografie gebracht. Der Rezensent bewertet dieses Vorgehen nicht dezidiert, doch dem Tenor seiner Besprechung darf entnommen werden, dass er diese Studie nicht besonders ernst nehmen kann.
2.) Jochen Strobel: "Entzauberung der Nation" (W. E. B. Universitätsverlag)
Zu diesem Buch merkt Albert von Schirnding an, dass der Autor- bezogen auf die Studie von Elsaghe - zu "fast genau gegensätzlichen Resultaten" kommt. So sind nach Strobel Begriffe wie `Rasse` und `Blut` bei Thomas Mann eher "als Chiffren zu verstehen" und keineswegs in dem Sinne, wie sie von der völkischen Bewegung verwendet wurden. Außerdem habe Strobel darauf aufmerksam gemacht, dass Mann Juden keineswegs nur negativ porträtiert habe, wie es offenbar die Studie von Elsaghe nahe legt. Ähnliches gilt nach von Schirnding auch für Thomas Manns Einstellung zur Monarchie und Repräsentation, bei der Strobel durchaus eine gewisse Distanz und sogar Kritik des Schriftstellers ausmache. Insgesamt macht von Schirnding keinen Hehl daraus, dass er Strobels Studie der Elsaghes vorziehen würde.
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