Yoko Ogawa

Das Ende des Bengalischen Tigers

Ein Roman in elf Geschichten
Cover: Das Ende des Bengalischen Tigers
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2011
ISBN 9783935890755
Gebunden, 224 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. In elf miteinander verwobenen Geschichten entwirft Yoko Ogawa eine Alltagswelt, in die unvermittelt etwas Fremdes, Bedrohliches einbricht: Eine Frau möchte zum zehnten Geburtstag ihres Sohnes, der vor Jahren durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, in einer Konditorei zwei Erdbeertörtchen kaufen. Doch als sie den Laden betritt, kommt niemand, um sie zu bedienen. Die zierliche Konditorin steht mit dem Telefonhörer am Ohr hinten in der Küche und weint stumm vor sich hin. Einige Jahre zuvor bekommt eine Schriftstellerin von einer alten Witwe, bei der sie zur Untermiete wohnt, eine Karotte geschenkt, die einer menschlichen Hand ähnelt. Sogar die Lokalnachrichten interessieren sich für die merkwürdige Karotte. Doch kurz darauf macht die Polizei im Gemüsegarten der Witwe einen grausigen Fund.
Was hat eine Mutter, die ihr Kind verloren hat, mit einer alten Witwe zu tun, deren Mann vor Jahren unter mysteriösen Umständen verschwunden ist? Yoko Ogawa spinnt ein feines Netz von Geschichten, die in einer rätselhaften Welt spielen. Alle Figuren folgen ihrem eigenen unergründlichen Schicksal, und doch kreuzen sich ihre Wege, während sie wie im Traum an den Abgründen des Lebens entlangwandeln.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2011

Steffen Gnam fängt gleich selbst das Dichten an, so metapherntreffsicher gelingt Yoko Ogawa in diesem bereits 1998 im Original erschienenen Band mit Erzählungen der Blick auf zwischenmenschliche Abhängigkeiten, immer mit dem Shintoismus im Rücken, aber auch mit knallbunten Symbolen aus der Postmoderne. Für Gnam entstehen da konkrete wie sehr poetische, fast surreale Momentaufnahmen und morbide Stilleben aus der Konsum- und Leistungsgesellschaft. Labyrinthisch nennt er diese Prosa, eine gute Entsprechung für den von Ogawa konstatierten Mangel an Kommunikation in dieser Welt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2011

Ein Gefühl der Beklemmung haben Yoko Ogawas Erzählungen bei Rezensentin Katharina Granzin immer wieder ausgelöst. Die motivisch gekonnt miteinander verknüpften Geschichten etwa um eine Frau, die ihr Herz außerhalb des Körpers trägt oder einen Garten, in dem Möhren in Form von menschlichen Händen wachsen, zeichnen sich für sie aus durch ihre eindringliche Mischung aus Horror und Poesie. Sie hebt die starken morbiden Bilder hervor, die die Autorin souverän in ihre reduzierte, einfache Prosa einwebt und die oft erst auf den zweiten Blick, dann aber umso stärker ihre Wirkung entfalten. Ihren feinen, ausgeklügelten Horror beziehen die Geschichten nach Einschätzung der Rezensentin vor allem daraus, dass die entworfenen Szenen aus dem Leben im Grunde Bilder des Todes meinen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.07.2011

Den Rezensenten Leopold Federmair fröstelt es ein wenig am "kalten Feuer", das die japanische Autorin Yoko Ogawa in ihrem für ihn eher als verknüpfte Erzählungen denn als Roman aufzufassenden Buch entfacht. Er bestaunt die kontrollierte Erzählweise, in der noch die bizarrsten Einfälle knapp und kühl notiert werden. Da erntet die Eigentümerin eines Mietshauses Mohrrüben, die exakt wie eine Hand aussehen, wenig später wird die Leiche ihres von ihr ermordeten Ehemanns aus dem Beet geborgen. Oder eine Krankenschwester schüttelt den Arztkittel eines von ihrer Kollegin ermordeten Arztes aus und es fallen ihr die noch warme Zunge, die Stimmbänder und die Lippen entgegen. Mit diesen Kostproben belegt der Rezensent nicht nur die Blüten der absonderlichen Fantasie Ogawas, es zeigt sich für ihn darin auch die bemerkenswerte "Kontrolle", mit der die Autorin ihre alltagssprengenden Geschichten im Griff hat.

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