Jayrôme Robinet
denkt in der taz über das
Bearbeiten von Kinderbuch-
Klassikern nach, um künftigen (Vor-)Lesegenerationen unliebsam gewordene Begriffe oder klischierte Illustrationen zu ersparen - und schlägt auf beiden Seiten der Kontroverse Entspannung, sowie eine "diachrone" Sichtweise vor: "Im 23. Jahrhundert werden die Menschen unsere heutigen Neufassungen als Zirkel benutzen können, um unsere Zeit zu umreißen, als Archiv für die Werte des beginnenden 21. Jahrhunderts - dazu gehören auch die Debatten darüber. Es findet also keine Geschichtsklitterung statt, sondern das Gegenteil: eine
Geschichtsschreibung." So werden wohl die Leute irgendwann ""merken: Jim Knopf mit einer helleren Hautfarbe zu illustrieren, das hat einen Namen. Es heißt
Colorism, eine Unterform des Rassismus, der schwarze Menschen mit hellerer Haut bevorzugt. Hat der Verlag in dem Versuch, Rassismus zu vermeiden, unbeabsichtigt eine andere Form von Rassismus reproduziert?"
In einem Essay für "Bilder und Zeiten" der
FAZ denkt
Isabel Fargo Cole über ihre Arbeit als
Übersetzerin im Zeitalter der
KI nach: "Eine standpunktlose Maschine, ein
Abstraktum ohne Welterfahrung kann niemals wirklich schreiben oder übersetzen, glaubte und glaube ich." Und "man wird nicht müde, zu beteuern, der menschliche Arbeiter, der Übersetzer etwa, bleibe auf jeden Fall in the loop, nämlich als Bediener und Zuarbeiter der Maschinen. Also:
aus der stumpfen Arbeit erlöst und in die Sphären der Ingenieure versetzt. Im entfesselten Markt werde das Verschwinden traditioneller Übersetzungsarbeit durch das Zehnfache an Postediting-Aufträgen kompensiert, händeringend werde nach Fachkräften gesucht. Derselben Fortschrittslogik entsprechend, zeichnet sich allerdings jetzt schon der Trend ab, auch das Postediting, sogar die Qualitätskontrolle der KI zu überlassen. Und was spräche dagegen? Heute verfassen Bots Bücher, die
Amazon überschwemmen, um von Millionen weiterer Bots 'gelesen' zu werden."
Außerdem: Für die
FAS porträtiert Susanne Romanowski
Toxische Pommes, die mit ihrem lakonischen Humor auf
Instagram die
österreichische Alltagskultur aufspießt und jetzt mit
"Ein schönes Ausländerkind" ihren ersten Roman geschrieben hat. Oliver Jungen resümiert in der
FAZ die Diskussionen auf der
Lit.
Cologne. Der
Schriftsteller Rayk Wieland denkt in "Bilder und Zeiten" der
FAZ über den Umstand nach, dass sein
Roman "Beleidigung dritten Grades" seit wenigen Monaten in Russland als Übersetzung erhältlich ist: Eingewilligt hatte er, weil er "sehen wollte, was passiert", doch "seitdem ist, um die Wahrheit zu sagen,
nicht viel passiert". Rainer Moritz schreibt im Literarischen Leben der
FAZ einen Liebesbrief an das häufig gering geschätzte und noch häufiger aus Texten herausredigierte
Semikolon: Doch "das so oft beschimpfte, bemitleidete oder verabschiedete Semikolon feiert Wiederauferstehung - in der Literatur, wo
das Ambivalente und Zwiespältige besonders gut aufgehoben ist." Zur Leipziger Buchmesse bringt die
FAS ihre alljährliche Suada mit dem bösesten Gossip der Branche.
Besprochen werden unter anderem
Omri Boehms und
Daniel Kehlmanns Gesprächsband "Der bestirnte Himmel über mir" über
Kant (
taz),
Mark SaFrankos Krimi "AmeriGone" (online nachgereicht von der
FAZ),
Fien Veldmans "Xerox" (
taz),
Inga Machels Debütroman "Auf den Gleisen" (
taz),
Irene Vallejos "Elyssa" (
FAZ) und
Elizabeth Strouts "Am Meer" (
SZ). Mehr ab 14 Uhr in unserer
aktuellen Bücherschau.
FAZ,
Welt und
SZ bringen außerdem heute ihre Beilagen zur Leipziger Buchmesse, die wir in den kommenden Tagen
an dieser Stelle auswerten. Auch das Feuilleton der
FAS steht ganz im Zeichen der Literatur.