Was ist eigentlich mit den
Chiquita-Bananen? Klebt da immer noch das Blut lateinamerikanischer Plantagenarbeiter dran, wie schon in
"Hundert Jahre Einsamkeit" nachzulesen und danach in Mittelamerika so oft recherchiert? Darf man die Dinger ohne
schlechtes Gewissen essen? Nicht unbedingt, zumindest nicht, wenn auf ihnen
Colombia steht, sie also aus Kolumbien kommen, wie eine Recherche von Ignacio Gomez
belegt. "Trotz der Existenz einer Reihe unabhängiger Produzenten, kontrolliert dieses Unternehmen praktisch die gesamte Wirtschaft der Region Uraba, ganz ähnlich wie es ihre Vorgängerin
United Fruits in den zwanziger Jahren in Cienaga tat", schreibt Kolumbiens profiliertester investigativer Reporter. Mehr noch: der kolumbianische Ableger von Chiquita Brands war in den vergangenen Jahren nicht nur in einen Bestechungsskandal, sondern auch in einen großen
Waffenschmuggel für rechtsradikale paramilitärische Gruppen verwickelt, die zudem auch noch 100.000 Dollar Schutzgeld erhielten. Nachdem schon die New Yorker Börsenaufsicht eine Strafe verhängte, ermittelt nun auch das US-amerikanische Justizministerium.
Nachzulesen ist das alles in
Palabra, einem gerade in Kolumbien gestarteten Nachrichtenmagazin-Projekt. Kein leichtes Unterfangen in einem Land, in dem sich derzeit nur eine nationale Tageszeitung sowie eine Handvoll Zeitschriften halten können. Um Unterstützung zu finden (mehr dazu
hier), wurde erst einmal eine Nullnummer erstellt, die seit dieser Woche auch im Netz zugänglich ist. Offensichtlich ist das Bemühen über ein anderes, nicht-offizielles Kolumbien zu schreiben: unter anderem finden sich dort ein
Reisebericht über den
Amazonas, Reportagen aus
Koka-Anbaugebieten (
hier) und
paramilitärischen Hochburgen (
hier), aber auch Bestandsaufnahmen des
kolumbianischen Hip-Hop (
hier) sowie der örtlichen
Swinger-Clubs (
hier).
Aufmachung und Stil sind noch verbesserungswürdig, aber dafür lässt sich sich die Geschichte von
Dalton Howard nachlesen, eines liebenswerten siebzigjährigen Mannes, der das
Meer hasst, obwohl er sein ganzes Leben auf
Old Providence, einer kleinen, Kolumbien zugehörigen Karibikinsel verbracht hat. "Auch kann er nicht fischen, und
Boote mag er sowieso nicht",
berichtet Cristian Valencia. Wie sich dann herausstellt, ist das durchaus nachzuvollziehen: Dalton Howard war als Kind 1943 mit seiner Mutter auf einem Segelboot unterwegs, als dort -sozusagen am Ende der Welt - ein
deutsches U-Boot aufkreuzte und angriff. Er bekam einen Lungenschuss ab, das Segelboot sank.