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Suchwort: "Leben"
Rubrik: Tagtigall - 54 Artikel - Seite 2 von 5
Tagtigall 14.04.2021 […] ärgerliche kuchen, wer sollte
es uns verüblen".
Ja, Sie haben richtig gelesen, da steht nicht "ihnen", sondern "uns". Wir sind es, die den imaginierten Mücken, den angeblichen Schmarotzertierchen, das Leben vermiesen. Wir Attraktionen. Sei's drum. Wir nehmen es uns nicht übel.
Doch Spaß beiseite: Gleich das erste Gedicht gibt das Thema vor: der Tod, an den wir klammheimlich ja viel öfter denken, als […] bedeuten" auftauchen. Doch apropos Tod und Leidenschaft: In einer ihrer Selbstbeschreibungen gibt sie als voraussichtliches Sterbejahr "circa 2056" an, was die Dringlichkeit, bis dahin lebendig am Leben zu sein, erhöht.
komm lass mich meinen kopf in deinen legen,
ich bin der spiele so müde, selbst die messer
haben das stechen satt und das schneiden
und das steak will wachsen zum tier
Die Variation […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 03.07.2020 […] Buchstabe gleicht hier dem Anderen. Im Text selbst erzählt ein Ich, die Hebamme habe sie, kaum dass sie zur Welt gekommen sei, in die Lüfte gehoben und dabei "Engelgotteskind" gerufen. Ein Spitzname fürs Leben.
das unfaszbare (das blutige) war geschehen : ich war geboren : es hatte mich vorher noch nie gegeben, wie in einem Märchen umschwebten mich die guten Feen und die schönen Engel = die violetten Fittiche […] Jahreszeiten haben: Sommer, Herbst, Winter
und Frühling. Das ist kompliziert.
Aber Schwerkraft, Temperatur,
Druckverhältnisse und die Glocke, die luftige Kugel,
in der wir sind, erlauben uns zu leben. Eine kleine Veränderung
reicht aus und wir verschwinden, doch es hat
jemand die Parameter so präzise justiert, dass
das Wunder währt. Sein Prinzip ist die Zeit. Auf ihr
steht das Gebäude. Auf einem […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 20.12.2019 […] Heute jedenfalls nicht mehr. Vielleicht war das zum Zeitpunkt der Entstehung des Gedichtes anders. Schließlich ist die Poesie von Mayröcker aus Leben gemacht. Leben = Schreiben, hat Marcel Beyer einmal als Formel für ihre Dichtung geprägt.
Doch um welches Leben geht es hier? Bei Recherchen zur ersten Zeile von "mondo nuovo" fand ich heraus: Sfax liegt in Tunesien, und bis zum Kriegsgräber-Abkommen vom […] Existenz vor die Füße. Das größte Rätsel ist der Mensch sich selbst, wusste Novalis. Wie kommt er nur dazu, sich für einen Knüller, eine Sensation zu halten?
Wie keine versteht es diese Dichterin, das Leben in Wörter zu verwandeln, Kiesel gen Jenseits auszuwerfen und uns in der Sprache Fährten zu legen, die nicht zu neuen Welten führen, wohl aber in "clairières", in Lichtungen, wo sich die Wörter frei […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 20.06.2019 […] vorbeirauschenden Waren: Avokado, Zucker, Wurst, Seife und Kvas. Unterbrochen wurden diese Chorstücke des repetitiven Lebens durch Solo-Selbstgesprächsfetzen - Gedanken und Erinnerungen aus dem eigenen Leben: Emigration, Arbeitslosigkeit, die Liebe oder die permanente Reproduktion partriarchaler Verhältnisse. ("Du hast schon wieder die falsche Taste gedrückt."/ "Gestern habe ich einen großen Topf voll Suppe […] aus nichts. Plastikmeere, Megacities und der Machbarkeitswahn inklusive der Allmachtsfantasie, dass demnächst mit den Möglichkeiten des 3D-Drucks eine unkaputtbare Ersatzwelt geschaffen werde. Das Leben geht - Jonny Technik kommt, könnte man sagen, weshalb Marion Poschmann vor einiger Zeit die "Polarnacht aus Zellophan" beschwor. Wohin nur mit dem Plastik?
Auf dem Strand, vielleicht dem letzten Fleckchen […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 14.05.2019 […] Ihr in freierer Menschheit heranwachsen werdet, folget nicht diesen nach, deren Schicksal es war, im furchtbaren Bewusstsein des Untergangs inmitten einer ahnungslosen, hoffnungslosen Menschheit zu leben, und zugleich die Aufgabe zu haben, den Glauben an das Gute, Zukünftige, Göttliche bewahren zu müssen, das aus den Tiefen des Menschen quillt!"
Das Gute, Zukünftige, Göttliche - hier dämmerte die […] Ersten Weltkrieg war sie einige Jahre mit dem Sturm-Herausgeber Herwarth Walden verheiratet gewesen und hatte eine enge Künstlerfreundschaft mit Franz Marc unterhalten, der im Ersten Weltkrieg ums Leben kam. Auf die "Wirklichkeit, der sich hinzugeben unmöglich geworden war" (Susman), hatte sie in ihrer Kunst mit übermütig übersprudelnden Bildern geantwortet - mit Spiel, Verstellung und blühender Fantasie […] von den Brücken"), endete Lasker-Schülers-Gedicht "Weltende" mit den Zeilen: "Du wir wollen uns tief küssen. / Es pocht eine Sehnsucht an die Welt, an der wir sterben müssen." Nix Eisenbahnen. Wir leben zwar ganz und gar im Heute, aber unsere Sehnsucht, sie reicht tief, sie ist uralt, sie kann in Höchstgeschwindigkeit die Jahrhunderte der Menschheitsentwicklung zurücklaufen:
Und bin doch dein spielender […] Von
Marie Luise Knott