Artikel
Suchwort: "Also"
Rubrik: Tagtigall - 44 Artikel - Seite 1 von 4
Tagtigall 21.02.2024 […] Jahre war sie ein wichtiger Bezugspunkt für die jüngere, aufbegehrende Dichter-Szene vom Prenzlauer Berg: "als ich hörte, was die machen, da war es so, als wäre mir der Boden unter den Füßen verlängert. Also durch die ist mehr Land. Das war eine Beruhigung."
Solches Verlängern des Bodens, die Suche nach "mehr Land" ist ein Grundzug ihrer Dichtung. Da die Jungen in der DDR nicht veröffentlichen konnten […] "Beistand zu den Texten" verstand, und im Gespräch mit Gregor Laschen erläuterte: "Insgesamt habe ich dann gedacht: Sowieso sind die Texte so, wie Früchte oder Pflanzen, die auf dem Acker gewachsen sind, also schreibe ich jetzt den Acker."
Der Fuhrmann aus der Kindheit - ein Selbstporträt? "Der Fuhrmann blickt verschmitzt. Unter dem Mützenschirm // die ewigen Lachfältchen." Für Erb waren Worte, Gedanken […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 03.12.2023 […] Es gibt Institutionen, die sind, wie es scheint, nur auf Englisch sinnvoll, dabei würde man sie sich so sehr auch auf Deutsch wünschen. Ich jedenfalls. Kennen Sie Words Without Borders (WWB), also "Worte ohne Grenzen"- eine New Yorker Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Literatur aus aller Welt ins Englische zu übersetzen und auf diese Weise weltbekannt zu machen? Erst vor kurzem feierten […] Fundraising nicht auf dem gedruckten Programm stand, war die nach dem Hauptgang von einem Auktionator geleitete Spenden-Runde irgendwie das Zentrum des Abends. Es gilt schließlich die Zukunft zu sichern, also dafür Vorsorge zu treffen, dass auch künftig Dichterworte aus fernen Sprachräumen zu uns gelangen. Der engagierte Auktionator begann mit dem Ausrufen einer 10 000-Dollar-Spende - und tatsächlich schnellte […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 12.12.2022 […] wunder höre ich ein kind
auf der straße sagen und wenn wunder wehtun
ist jetzt der punkt an dem ich auf die zeit
zähle sie vielleicht sogar
ein bisschen anschubse.
Ein Versprecher, ein Fremdsprecher also, ein falsch hinzugefügtes R, bringt den Text zum Oszillieren. Am Ende dann ein Kurzschluss: wer kennt ihn nicht, den schönen wie tödlichen Wunsch, die Zeit anzuschubsen, damit, oh Wunder, alle Wunden […] gedacht habe, unfehlbar ein Glied, und es wächst irgendwo ein Stein schon für den, der sie einst ausspricht.
Ein schwacher Trost: So unfertig, ja fehlbar, ein Gedicht sein mag, ist es doch fraglos, also "unfehlbar" etwas Gemachtes, etwas, das in die Welt gekommen ist. Denn auch jedes Scheitern basiert auf einem Tun, und es ist der Nachwelt aufgegeben, welche Schätze, welche Ablagerungen dereinst daraus […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 02.08.2022 […] Bildern des kriegszerstörten Kölns meiner Herkunft war ein Staub allgegenwärtig, wie er sich in diesem Gedicht findet, auch nachdem Panzer und Spähwagen längst abgezogen waren. Als Leserin weiß man also sofort, "wo bloß der viele Staub im Haus herkommt", und auch Skarykinas Buddha weiß es und begibt sich im Gedicht stellvertretend für das "ich" in den Widerstand. Dabei hat einer wie er "keine Brust" […] Eleganz. Verchromter Stahl, synthetische Fasern und optisches Glasprisma, lautet die Beschreibung. Die vielen "Härchen" bündeln Licht, Bewegung und Attraktion. "Heshe" heißt das Kunstwerk. Eine ErSie also.
Buchstäblich genommen steckt offensichtlich im Englischen in jeder "she" ein "he". Nur das stimmvolle "s" macht den kleinen Unterschied und sorgt dafür, dass der Mann "he" neben der Frau "she" fast […] wo "sie" und "er" nur das (im Weiblichen stumme) "e" verbindet. Zudem ist das Pronomen "sie" nie eindeutig, es verkörpert neben dem weiblichen Singular den beidgeschlechtlichen Plural. Im Deutschen also ist nur "er" immer ganz bei sich.
Der Name der Künstlerin, Liliane Lijn, "Lein" gesprochen, ist ein Pseudonym. Ihre Eltern waren russische Juden, vor den Pogromen über Antwerpen in die USA geflohen […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 18.11.2021 […] entsprungen:
Ich erinnere mich, wir waren während des Kriegs (2. WK) aus Tokyo evakuiert, und mein Bruder war sehr unglücklich und traurig und sehr hungrig, weil es damals nicht viel zu Essen gab. Also sagte ich ihm: "Komm, wir machen uns ein Menu. Was möchtest du zu Abend essen? und er sagte "Eis". "Gut", sagte ich, "dann denken wir uns jetzt unser Eis-Essen aus." Was wir taten. Prompt sah er glücklicher […] Bruder erkennt, dazu gedacht, sich im Kopf des Betrachters zu realisieren. "Ich glaube daran, dass die Menschen eine angeborene künstlerische Kraft in sich haben. Und die möchte ich ans Licht bringen." Also nahm Ono industrieweiße meist DIN A6 große Kartons und tippte nur die Skript-"Anweisungen" darauf. Sprach-Kopf-Filme. Wer braucht schon Gemälde?
Indem man lesend im Kopf den Anweisungen folgt, setzt […] Von
Marie Luise Knott