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Suchwort: "Leben"
Rubrik: Tagtigall - 54 Artikel - Seite 1 von 5
Tagtigall 21.02.2024 […] "Sonnenklar Meins: Das Hündle kam weiter auf drein" findet sich folgendes Gedicht
Vermutlich im März notiert:
Wenn der Hirsch aus dem Wald tritt - denk nicht, das ist nichts.
Oh, weißt Du, das ist das Leben.
(2012)
Ihre Gedichte sind oft ungebunden, skizzenhaft, tastend. Durch die Datierung wirken sie wie Notate oder Notationen, Kunden von einer eigenen, der Erb'schen Welt. "meine lunatische dichterin" […] reichen. Die Fliege jedoch hat Grundsätzlicheres im Sinn: Sie möchte kein Mitleid, sondern ein neues Miteinander - sprich: eine Tasse, die so beschaffen ist, dass alle Fliegen frei in ihr trinken, ja leben können.
Durch das Sprachgewebe und durch den Kommentar wird deutlich, dass dieses Kindergedicht, so "harmlos" es mit seinen Reimen und Wiederholungen daherkommt, politisch kein bisschen "unverfänglich" […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 20.12.2023 […]
Es stimmt, dass Poesie keinen "Gesellschaftsvertrag mit der Wirklichkeit" (Adorno) hat, doch sie hat die Kraft, sich mit allen Sinnen der Wirklichkeit zu besinnen. Darauf zu beharren, dass das Leben nicht aus geraden Linien gemacht ist. Dafür stehen auch Eigners Verse. Unter dem Titel "Wörter im Raum" haben ihm Jürgen Brôcan und Lena Dahlbüdding jüngst ein Dossier in der Nummer 101 der Zeitschrift […] das japanische Haiku, dessen "Wesensnatur" es sei, so sagte es Roland Barthes einmal, in der Kürze die Metasprache zum Schweigen zu bringen. "Ich ist immer ein Rest", so Barthes weiter; schließlich leben, spüren, tun und sinnen wir nicht nach Gesetzmäßigkeiten. Hier ein doppelter Haiku aus dem Band:
streichholz
i
eines klappert noch
in der schachtel, gehütet
wie ein erster Zahn.
ii
dann angerissen […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 25.04.2023 […] nach Rom zu erreichen. Doch er starb im Exil. Seine Briefe sind durchzogen von Bildern der Kälte, des Schnees, des Winter, der Vereisung - symbolischer Ausdruck seiner Einsamkeit und Isolation. Ein Leben, wie aus der Zeit gefallen. Kann in politischen Eiszeiten auch Inspiration vereisen?
Maria Stepanova ist Dichterin, Essayistin und politische Denkerin. Über Jahre hat sie in Russland im Internet "colta […] gelben Ampel, die Schlagstöcke der Polizisten in der Winterluft. Ein bedrückendes Bild, fast wie einem bösen Fluch aus dem Märchen entsprungen.
Auch Ovids brennende Sehnsucht nach seinem früheren Leben, das ihm so jäh genommen ward, hallt in Stepanovas Poem hinein.
Und doch, wenn ich bloß daran denke, wie ihr dort alle
Von einer Dichterlesung zur nächsten rennt,
Mit wehenden Alkoholfahnen, die Köpfe […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 02.08.2022 […] Englischen von Hans Jürgen Balmes und Charlotte Milsch)
Shires Verse verhandeln alltägliche Fremdheit und Bedrohung, nicht nur die eigenen. Ihre Bilder sind drastisch, doch ihre Verse brennen nach Leben, wie vielleicht nur Poesie brennen kann. Soeben ist im S. Fischer Verlag unter dem Titel "Haus Feuer Körper" die deutsche Fassung ihres ersten Gedichtbands erschienen.
II. Paradies
Eine andere große […] Großmutter,
die mir riet, es stets bei mir zu tragen
in meinem Wesen, verschwiegen, so
dass außer mir niemand davon weiß.
So können sie es nicht stehlen, würde sie sagen.
Und falls das Leben dich unter Druck setzt,
taste nach seinem Falz in deiner Hosentasche,
rieche seinen Harzduft an deinem Taschentuch,
summe seine Hymne unter deinem Atem.
Und falls die Strapaze anhält […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 13.05.2022 […] Uljana Wolf. Foto: Poetica"Es ist unendlich schade, wie vieles ins Nichts gesagt, geflüstert, geschrieen wird. Nur einen kurzen Augenblick lang existiert. Im Menschen und im menschlichen Leben gibt es vieles, worüber die Kunst nicht nur noch nicht gesprochen hat, sondern wovon sie auch nichts ahnt", so die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch auf der diesjährigen 7. Ausgabe der Poetica in Köln […] In den Lücken zwischen den Worten zeigt sich die Abwesenheit schwarzen Lebens in den weißen Herrschaftsstrukturen.
Mit ihrer Erfindung einer neuen Gattung, der Klangautobiografie ("Wie klingt dein Leben"), durchbricht sie die (westliche?) Fixierung auf die Schrift als Medium des Selbstverständnisses und der Selbstverständigung. Für einen Workshop befragte sie die Künstler der Poetica nach Klängen, […] Russischen von Ganna Maria Baumgart, Hanser Verlag, München 2009. Außerdem erschien von ihr u.a. Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft , Der Krieg hat kein weibliches Gesicht sowie: Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus, Suhrkamp 2015.
- Don Me Choi, DMZ Colony, Wave Books, Seattle 2020. Die Übersetzung von Uljana Wolf erscheint im Herbst bei Spector Books, Leipzig. Ein Auszug findet […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 06.03.2022 […] und plötzlich ist in den Medien von Entspannung die Rede. (…) Die Kriegspropaganda (...) wurde sofort heruntergefahren. Und es entstand der Eindruck, dass ein Anruf Hunderte, vielleicht Tausende von Leben retten kann. Verstehen Sie, was ich meine? So etwas Banales wie ein Telefonat zwischen A und B kann verhindern, dass Menschen sterben. Hätte man 2014 vielleicht auch irgendwo anrufen müssen und all […] ihrer Telefon-Phantasie beschwört sie die Macht der Worte und die Kraft des Gesprächs. Außerdem erzählt diese Passage in aller Kürze davon, was es heißt, seit 2014 mit dem Krieg als einer Realität zu leben. Wie gerne klammern wir uns an die Idee irgendwelcher "Telefonate" (vulgo: Lösungsmöglichkeiten), um uns die Ängste vom eigenen Leibe zu halten. Belorusets "Hätte" ist in diesem Sinne also keine Frage […] weiß ich: mit den Straßenkötern beschützen wir alle, die keine Heimat, kein Dach über dem Kopf haben, die sich nicht einordnen lassen, die sich nicht geordnet benehmen, die bei niemandem auf dem Schoß leben .... "Die Zukunft gehört den Straßenkötern", hatte Zhadan einmal gesungen. Denen, die keine Angst haben, die sich nicht uniformieren lassen. "Der Teufel versucht, sie hinter Gitter zu bringen, / Der […] Von
Marie Luise Knott
Tagtigall 21.12.2021 […] Licht der Schweinwerfer die Glühwürmchen zum Verschwinden brächte. Und immer, immer war die Kindheit sein Elixir. Doch ist sie das nicht sowieso für uns alle?
Erwachsen? Niemals - niemals, wie das Leben
das nicht reift - es bleibt immer unausgegoren
von einem herrlichen Tag zum nächsten herrlichen Tag -
ich kann nicht anders als ihr treu bleiben,
der wunderbaren Monotonie des Geheimnisses.
Das ist […] der Herkunftsregion seiner Mutter, hatte 1942 bereits einen ersten Gedichtband im friulischen Dialekt geschrieben ("Poesie a Casarse"), auch wenn er selbst den Dialekt nicht sprach. Er wollte das Leben, das in früheren und in den verschiedenen Klängen verborgen lag, erhalten wissen, vielleicht in der Tradition von Dante und dessen Widerstand gegen die Universalität des Lateinischen und gegen die […] Großtat: 630 Seiten, im Großformat. Ganz wundersam kann man sich hier von Gedicht zu Gedicht verlaufen, fast wie in einem Roman. Denn immer tun sich neue Welten auf. Die Politik und die Liebe, das Leben der Arbeiter und der Außenseiter - alles wird belebt durch seinen Blick und seine Sprache.
Pasolini nahm sich bekanntlich in seiner Kunst die Freiheiten, die niemand ihm je gegeben. Er löckte wider […] Von
Marie Luise Knott