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Suchwort: "Brecht"
Rubrik: Vorgeblättert - 28 Artikel - Seite 1 von 3
Vorgeblättert 28.08.2017 […] barbarisieren
Bertolt Brechts Zeit der Lehrstücke
Nur dadurch lebt der Mensch, daß er so gründlich vergessen kann, daß er ein Mensch doch ist.
Bertolt Brecht, Dreigroschenfinale
Den Fragen auf den Fersen
Im Jahr 1930 experimentierte Bertolt Brecht an allen Fronten: im Radio, im Kino, in der Oper, im Theater; er führte einen Urheber-Rechtsstreit mit der Filmindustrie (Dreigroschenoper), verfasste […] Spielen geraten sollten - diene längst nur noch dem "Erlebertum", so formulierte Brecht die Kritik der Modernen, der Piscators, Reinhardts, Meyerholds seiner Zeit. Fortan wurden die Stoffe episch zerlegt. Das tat not, der Krieg hatte schließlich zu viele Erzählungen und Gewissheiten zersprengt. Auch die Klassiker mussten, so Brecht, aus ihrer Funktion als "geistigem Mobiliar" eines wohlsituierten Bürgertums […] Krieg streite mit dem Bedürfnis, das eigene Schicksal lenken zu können, so Brecht. Zwei Seelen lagen mit sich im Streite. Das war das Dickicht der Zeit.
Auch das epische Theater drang um 1930 nicht mehr durch. Wie Sokrates - der seinen Mitbürgern gerade dort, wo diese sich allzu bequem eingerichtet hatten, im Ohr lag - wollte Brecht das träge Ross der Zeit stechen und durch seine Kunst zu geistiger Bewegung […]
Vorgeblättert 28.08.2017 […] ng" lautet ein Eintrag in Walter Benjamins Notizbuch. Datum: 21. April 1930. Davor steht: "Gespräch mit Brecht". Brecht und Benjamin müssen an jenem Tag ein Gespräch über Carl Schmitt geführt haben, das so wichtig war, dass Benjamin sich die Eckthemen notierte. Offensichtlich trafen sich Brecht und Benjamin, die sich vor ungefähr einem Jahr befreundet hatten, damals fast wöchentlich. Es gab so viel […] wieder werden die sich formierenden Gruppierungen von der Polizei aufgelöst. Es geht hin und her. Plötzlich hören Brecht und Sternberg Schüsse. Schreckschüsse der Polizei, denken sie. Doch dann sehen sie, wie Demonstranten niederstürzen und kurz danach auf Bahren fortgetragen werden. "Als Brecht die Schüsse hörte und sah, dass Menschen getroffen wurden, wurde er so weiß im Gesicht, wie ich ihn nie zuvor […] demokratisch zu nutzen. Das Theater, so Brecht, war zwar eine gewohnte Sache, aber eine alte Institution. Mit dem Rundfunk sollte es anders werden. Das Radio sollte den Leuten nicht nur etwas zu hören geben, sondern auch etwas zu tun; es sollte, wie alles Neue, ein Experimentierfeld sein und die Leute nicht weiter isolieren, sondern in Beziehung bringen. Nur wie? Brecht, Benjamin, Ernst Schoen und viele […]
Vorgeblättert 28.01.2015 […] rweise war Egon Monk da schon nicht mehr Leiter des Fernsehspiels, nach meiner Kenntnis und Einschätzung sicher der beste, den Deutschland je gekannt hat. Er war ein früherer Assistent von Bertolt Brecht und 1953 aus Ostberlin geflohen, gleich nach dem Arbeiteraufstand vom 17. Juni. Dessen ungeachtet bewahrte Egon bis zu seinem Tod großen Respekt und tiefe Bewunderung für seinen einstigen Chef. Egon […] Prozent oder 75 Prozent. Damit war der Prozentsatz jener Kameraden von Meichsner gemeint, die über ihr Leben unter dem NS-Regime ausgesagt hatten.
Auf demselben Stockwerk gab es noch einen anderen Brecht. Dessen Vorname war Hans, und er war Hamburger. Dieser groß gewachsene Mann mit grauen Schläfen hatte während des Krieges in der Marine gedient. Er war mit den dritten Programmen betraut und somit […] gerade in Sankt Moritz sein, zum Skifahren.« Dabei habe ich mein Lebtag keine Ferien in Sankt Moritz verbracht, und das ist auch sicher kein Ort, für den ich eine besondere Vorliebe hege. Doch er, Hans Brecht, revanchierte sich. Er verbrachte seine Sommerferien nämlich am Lido von Venedig. Dort brachte er der schönen Claude Sarraute das Schwimmen bei. Sie war die Ehefrau meines Freundes Jean-François Revel […]
Vorgeblättert 05.08.2010 […] erregten Versammlungen. Die Betonköpfe wedelten heftig mit Marx, Lenin, dem Allvater Brecht und allem, was so an sozialistischer Langeweile dazu gehörte. Sie hatten die Zeichen der Zeit nicht erkannt, Benno Besson und seine Volksbühne waren ihnen kein Beispiel!
Die Nachlassverwalter, an der Spitze der Brecht-Schwiegersohn Ekkehard Schall, behielten die Oberhand, die Berghaus und ihre jungen Leute […] Traumatisch tief saß dieser Schock.
Das habe ich feststellen müssen, als wir über die Brecht-Stücke sprachen, die sie am Thalia inszenieren sollte, Im Dickicht der Städte, Die heilige Johanna der Schlachthöfe und Baal.
Johanna? Das werde Barbara - die mit Schall verehelichte Tochter von Helene Weigel und Brecht - niemals zulassen. Ich musste ihr freilich die geänderte politische Situation beruhigend […] Leute mussten das BE verlassen, der Museumsoberaufseher Manfred Wekwerth folgte nach, und so grauer Stillstand. Vor diesem hatte der alte Brecht-Gefährte Paul Dessau die Frondeure gewarnt. Dessau war mit Ruth Berghaus verheiratet. Der Status quo ist eben ein miserabler Ratgeber. So versank das BE in trauriger Bedeutungslosigkeit und hat sich lange nicht von diesem Auszug erholt. Tragelehn, Schleef und […]
Vorgeblättert 05.08.2010 […] Achim Freyer
Die Initialzündung
Gioacchino Rossini: Der Barbier von Sevilla,
Deutsche Staatsoper Berlin (1968)
Bertolt Brecht hatte eine klare Weltbetrachtung. In seinem Theater waren Idee und Form Versuch von Klarheit. Die Personen für dieses Theater erkannte er, sie fanden zu ihm und er fand sie. Die so unterschiedlichen Benno Besson, Ruth Berghaus und Achim Freyer zum Beispiel, wir fanden uns […] weil ich nicht glaubte, dass diese "Operette" unserem besessenen Avantgardismus entspräche. Für mich war dann diese erste Begegnung mit Oper eine Initialzündung für große theatralische Abstraktionen. Brecht war widerlegt, der Barbier war soziologisch und politisch bestes Theater aus genialischer Musik. Das hat jeder neue Probentag gezeigt, die Arbeit floss in großen Strömen, die Widersprüche waren die […] Wir hatten etwas für uns entdeckt und gewonnen zu den reichen Erfahrungen in der Schule Brechts, und es war neu.
Walter Felsenstein in seiner Berliner Komischen Oper war ein Gegenbild, das Brecht schätzte, weil es das Schauspielerische gegen das Nutzen der musikalischen Zeit, die die Gefahr des Formalen und Pathetischen in sich trägt, förderte.
Das gerade war unsere Entdeckung: Das Libretto […]