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Rubrik: Vorgeblättert - 1177 Artikel - Seite 1 von 91
Vorgeblättert 08.04.2024 […] hen Zwischen- und Obertöne für einen überzeugten Liberalen gehalten hatte.
Auch der 2002 verstorbene, wortgewaltige Spiegel-Chef Rudolf Augstein, der sich zwischenzeitlich sogar, wenn auch vergeblich, als FDP-Politiker ausprobiert hatte, spielte in dieser Hinsicht die Rolle eines verbalen Vorreiters. In einer seiner Kolumnen hatte er 1981 mit der Überschrift „Keinen zweiten Holocaust, bitte!“ aufgewartet […] aufs Panier geschrieben hatte. Und dies spielte sich nicht etwa an der Peripherie der damaligen Studentenbewegung ab, sondern in ihrem Zentrum.
Der „Judenknax“ und der „Kampf gegen die heilige Kuh Israel“
Mit dem Sieg Israels im Sechstagekrieg und den damit verbundenen Gebietsannexionen wurde der Staat, der auch vielen Holocaust-Überlebenden eine Zuflucht geboten hatte, plötzlich mit anderen Augen […] renz“ zu erinnern. Die räumliche Nähe des Landhauses Adlon mit der berüchtigten Villa am Großen Wannsee hatte ihr offenbar eine Gelegenheit geboten, um Rechtsradikale und Rechtspopulisten von heute in die Nähe von hochrangigen SS-Männern zu rücken, die über die „Endlösung“ berieten. Damit hatte sie jedoch mit einer Art rhetorischem Vorschlaghammer gedroht, um auf das von einem solchen Treffen unbestreitbar […]
Vorgeblättert 08.08.2023 […] Umhüllungen aus Horn. An ihren Rillen zählten wir ab, wie viele Kälber die Kuh geboren hatte, denn während jeder Trächtigkeit gibt eine Kuh so viele Nährstoffe an das Kalb, dass ihr Hornwachstum etwas geringer ausfällt und eine Einkerbung entsteht, die rund um den Hornstamm läuft. Nachdem die Kuh es abgestoßen hatte, stand nur mehr der Kernknochen am Kopf heraus, wo zuvor ihr Horn schützend darüber-gewachsen […] Kühe im Stall stünden und das Melken gleich anfangen könnte. Natürlich hatte ich, bevor ich aufbrach, alle Balken und Drähte so vorgezogen und gespannt, dass die Kühe, wenn sie auf dem Hof ankamen, nur in den Stall gehen konnten.
Als ich an der Weide angekommen das Gatter öffnete, kam keine Kuh zum Ausgang getrottet, keine hatte es eilig, sich auf den Weg zu machen. Vielleicht war ich ein bisschen […] einige ihrer Geschichten. Da war z. B. Julchen, die einmal ein Stück Stacheldraht geschluckt hatte, das ihr vom Tierarzt herausoperiert wurde. Die Narbe am Bauch, an deren Wulst das Fell immer einen kleinen Kamm aufstellte, wurde von uns ihr Reißverschluss genannt. Die arme Linda, eine ewig magere, knochige Kuh, hatte sich einen bösen Bluterguss am Hintern zugezogen, eine Beule, die mächtig anschwoll. Wir […]
Vorgeblättert 14.02.2023 […] Reporter«
Während Egon Erwin Kisch Mitte der Zwanzigerjahre der berühmteste Reporter Deutschlands war, hatte in den USA Ben Hecht diesen Rang inne. Der 1894 als Sohn jüdisch-russischer Einwanderer geborene Hecht arbeitete seit 1910 für das Chicago Daily Journal. Im Auftrag dieser Zeitung hatte er – ebenso wie Kisch in Prag – die dunklen Straßen der Stadt durchstreift, das Leben der Arbeiter, Obdachlosen […] über befreundete amerikanische Kollegen von Hechts erfolgreicher Reportagensammlung erfuhr. Oder vielleicht hatte ja auch Kischs Verleger Erich Reiss von Ben Hechts Erfolg gehört und war deswegen auf die Idee gekommen, eine Sammlung mit Egoneks Alltagsabenteuern herauszubringen. Oder Hecht hatte bei einem seiner Besuche im Münchner »Café Stefanie« oder im »Romanischen Café« von Kischs »Streifzügen« gehört […] »der die Nase in dieses Buch steckt, sieht durch ein Periskop Gebiete der Welt ( samt Beleuchtung ), die er sonst nie kennenlernen könnte«.
So wie er es fast immer gehalten hatte, wie es auch Ben Hecht in Chicago erprobt hatte, wählte Kisch für die meisten dieser Reportagen das große Abenteuer im kleinen Alltag aus. Die vom Reporter geschilderten »Orte und Erscheinungen«, so Kisch im Vorwort,
die […]
Vorgeblättert 20.01.2023 […] seine Rente aufgebessert hatte, kündigte ihm der Berliner Senat noch 1969 fristlos, weil er die als »einschlägig« erachteten Vorstrafen verschwiegen habe. (Rechtswidrig standen sie noch immer im Strafregister.)
1977 schied Otto aus dem Leben. Offensichtlich hatte er seinem amtlich dokumentierten »Herzversagen« nachgeholfen, weil sein Gedächtnis etwas nachgelassen hatte. Er, der sein ganzes Erwac […] »gesessen« hatte. Seine deutlich jüngere Schwester gab sich alle Mühe, den Makel namens Otto zu vertuschen. Zu diesem Zweck nutzte sie die seinerzeit übliche Geschichte, ihr herzensguter, eigentlich hochbegabter Bruder habe nicht »die Richtige« gefunden, sei deshalb Junggeselle geblieben.
Ganz anders redete ihr sehr gestylter homosexueller Stiefsohn. Er verachtete Otto als »typische Tunte«. Hatte man nicht […] Erwachsenenleben autonom und wegen der Gesetzeslage kontrolliert verbracht hatte, befürchtete, zum Pflegefall, zum Hilfsbedürftigen zu werden. Nachdem er sich im Alter von 73 Jahren wohlvorbereitet verabschiedet und das Begräbnisinstitut angewiesen hatte, seinen Leichnam in aller Stille einzuäschern und erst dann die Angehörigen zu informieren, wurde ich der testamentarisch bestimmte Erbe seines Nachlasses: […]
Vorgeblättert 27.10.2022 […] Einwohner für den Brandanschlag ausgesprochen hatte, ging auch nicht mehr. Denn eine Woche zuvor hatte man eine Dorfversammlung abgehalten, um darüber zu beraten, wie man den Bezug der Ausländerunterkunft am besten verhindern könnte. Dabei soll der Satz gefallen sein: "Am besten das Haus würde abbrennen..." Anschließend soll geklatscht worden sein. Niemand hatte Einspruch dagegen erhoben. Dann war geschehen […] deutlich geworden. Dieser hatte es nicht mehr ertragen können, von seinen Mitschülern als "Kanaker" beschimpft und diskriminiert zu werden. Er hatte sich deshalb eines Abends im Februar 1982 im Hobbykeller seiner Eltern erhängt. Eine ausschlaggebende Rolle soll dabei gespielt haben, dass ausgerechnet eine ihm besonders nahestehende Mitschülerin dasselbe Schimpfwort gebraucht hatte.
Mit freundlicher Genehmigung […] alen, vermutlich den einzigen, den man in Dolgenbrodt hatte nennen können, den Skinhead Silvio J., ein Mitglied der nur wenige Tage später am 29. November von Bundesinnenminister Rudolf Seiters wegen ihrer "Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus" verbotenen Nationalen Front. Der Skinhead war offenbar stolz auf das, was er getan hatte. Jedenfalls brüstete er sich in diversen Lokalen mit seiner […]
Vorgeblättert 11.10.2022 […] ich mich in einen duftenden Jasminstrauch verwandelt hatte. Die Waschung müsse für einige Zeit reichen, sagte sie, denn bis meine Verletzung vollständig verheilt wäre, würde ich kein Wasser mehr anrühren. Sie rezitierte etwas aus dem Koran, blies mir ins Gesicht und zog mir ein weites Gewand aus weißem Satin an, das sie selbst für mich genäht hatte. Das war das Beste an der ganzen Feier. Zum ersten Mal […] öffnete, lag ich als erkalteter Leichnam neben einem unschuldigen Mordopfer namens Ehefrau. Und ich wusste nicht, ob ich selbst sie getötet hatte oder meine Eltern oder die Tradition – oder vielleicht der Imam der Moschee, als er die Fatiha verlas. Mein Vater hatte mir gesagt, durch die Ehe werde mein Glauben erst vollkommen. Ich aber kam jede Nacht ein Stück weiter von meinem Glauben ab, wenn ich mir […] teure Pralinen und Kunafa mit Segenssprüchen aus dem Koran, als sei sie als frisch verheiratete Braut ins Haus gezogen.
Mein Vater hingegen, der von seinen Vorfahren den Beruf des Metzgers geerbt hatte, sagte «Allahu akbar» über fünf Widdern und schlachtete sie vor unserer Haustür, woraufhin das dicke Blut wie durch einen Bewässerungskanal von unserem Haus durch den Staub des Firdaus-Viertels bis […]
Vorgeblättert 12.09.2022 […] ch nicht erlaubt gewesen, dessen war ich mir ziemlich sicher.
Doch mittlerweile hatte sich diese Sitte so stark eingebürgert, dass meine Überzeugung hin und wieder ins Wanken geriet. Vor dreißig Jahren, als ich in die Vorschule ging, hatte es so was nicht gegeben – da war ich mir ganz sicher. Denn aus der Zeit hatte sich ein Vorfall mir unauslöschlich eingeprägt.
Wenn uns damals im Schulbus langweilig […] Lebenszeremonie seines Großvaters Fleisch gegessen hatte, das nicht ganz durch war. Auch ich hielt es nicht grundsätzlich für falsch, Menschenfleisch zu verzehren, schließlich hatte ich als Kind selbst darüber gescherzt. Ich fragte mich nur erbittert, wo denn die ethischen Grundsätze geblieben waren, auf deren Basis man mich damals so gescholten hatte. Yamamoto kratzte sich im Nacken.
»Wir sollten hingehen« […] die Köpfe.
»Es soll ein Schlaganfall gewesen sein.«
Ich sah den attraktiven, immer freundlichen Herrn Nakao mit dem grau melierten Haar vor mir. Er war kultiviert gewesen und hatte exzellente Manieren besessen. Oft hatte er die Süßigkeiten, die Klienten ihm schenkten, mit uns geteilt. Sein Eintritt in den Ruhestand lag erst wenige Jahre zurück.
»Dabei war er noch gar nicht so alt.«
»Stimmt. Wann […]
Vorgeblättert 13.04.2022 […] Spaß, wie er da unterlag, obwohl Herr Sina noch geholfen hatte.“
„Wollt Ihr mir nicht erklären, was es gab? Herr Sina und der Rabbi sehn nicht aus, als ob sie eine Niederlage drückte.“
„Vielleicht laßt Ihr die Herren selbst berichten, Herr Benaron ist ja der Wahrheit Freund, er wird sie nicht entstellen.“
Benaron, der im Hintergrund gestanden hatte, trat sich verbeugend vor. „Vor etwa einer Woche rief […] Legat wollte die Sache nicht verlaufen lassen. „Erlaubt die kaiserliche Majestät, ich möchte die Geschichte kurz beenden, sonst wird ein ärztliches Colleg daraus. Sicher ist immerhin: ein böser Geist hatte sich dieses armen Weibs bemächtigt.
Nun, da Herr Benaron im Haus erschien, konnte man doch mit gutem Fug erwarten, daß er den Dämon aus dem Weibe trieb; dem dümmern Romuald pflegts zu gelingen. Jedoch […] seis ein Gratisfest mit Ochsenbraten und Würfelbuden. [Friedrich II., der Staufer]
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Das Ende
Abschied von Asraël
Der Rabbi Jakob Charif Benaron verließ sein Turmgemach beinah nicht mehr. Er hatte sich die Ordnung eingerichtet, daß man ihm nur, an jedem Übertag, den Krug mit Wasser vor die Tür stellte, den Wecken Brot und eine Schale Milch und Freitags Wein für seinen Sabbatsegen. Zumeist war […]
Vorgeblättert 13.03.2022 […] bis dato unbekannten Brief offensichtlich einen Standpunkt, den sie Jahre zuvor eingenommen hatte. Welche Erfahrungen, Gespräche oder Lektüren, so frage ich mich, hatte diese politische Denkerin dazu animiert, von früheren politischen Positionen abzurücken? Und von welchen genau? Und welchen Anteil daran hatte die Bürgerrechtsbewegung? Konnte es sein, so frage ich weiter, dass der Brief mehr war als […] Antisemitismus der Nationalsozialisten hatte die angehende Philosophin Hannah Arendt Anfang der 1930er Jahre in die Politik getrieben. Die Zugehörigkeit zum Judentum, bis dahin für sie eine natürliche Gegebenheit, war ein Politikum geworden. Fortan hatte sie sich als Jüdin ins Verhältnis zur Welt gesetzt. Zwei »miese« Länder seien zu viel für eine Person, hatte sie 1947 gesagt, um zu erklären, warum […] las Ihre Bemerkungen zu meinen früheren Überlegungen zu »Little Rock«. Sie haben völlig Recht: Genau dieses »Ideal des Opfers« hatte ich tatsächlich nicht verstanden; und weil meine Überlegungen von der Lage schwarzer Kinder in zwangsintegrierten Schulen ausgingen, hatte mich dieses Nichtverstehen in eine völlig falsche Richtung gelenkt. Ich erhielt damals natürlich jede Menge Kritik von meinen […]
Vorgeblättert 16.02.2022 […] sie, sie hatte jetzt die andere Sandale in der Hand und hob sie, als wollte sie den Schuh auf die Gäste schleudern.
Vorsichtig trat ich auf ihren nackten Fuß, dass sie zusammenzuckte und verstummte.
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Die Katze des Lieferanten hatte ich vergessen, er hatte sie im Hof ausgesetzt, jetzt saß sie plötzlich im Fenster und spähte durch das Gitter.
Wie gut, dass ich das Fenster geschlossen hatte, sonst […] vielleicht sind alles Hirngespinste, vielleicht auch nicht.
Ich führe dich im Dunkeln, hatte Florian früher oft gesagt, wenn du dich fürchtest! Meine Augen sehen besser, hatte er sich gebrüstet, und ich schloss gern die Augen, denn er geleitete mich gut, seine Hände auf meinen Schultern, schob mich sachte vorwärts. Zuweilen hatte Daniel sich versteckt, darin war er Meister, sogar in unserer Wohnung, und nur […] auf und miaute, es war laut genug.
Ich tat, als könnte ich sie nicht sehen.
Tiere, hatte meine Großmutter mir gesagt, glauben, dass du sie nicht siehst, wenn du so tust, als würdest du sie nicht sehen.
Tiere, sagte sie, sind unrettbar. Sie werden, sagte sie einmal, zurückkehren, du wirst es noch erleben.
Die Tiere, hatte sie gesagt.
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Auch in den beiden kleinen Toiletten gab es Fenster nach draußen […]