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Suchwort: "Chai"
Stichwort: Buruma, Ian - 3 Artikel
Vorgeblättert 24.08.2004 […] vorgestanden und war 1998 nach mehrjähriger Haft in die USA gegangen, um in Harvard Geschichte zu studieren. Chai Ling, die sogenannte Oberbefehlshaberin des Platzes, leitete 1999, bei unserem letzten Treffen, in Cambridge, Massachusetts, ein Softwareunternehmen. Feng Congde, der Ex-Mann Chai Lings, lebte in Paris und soll Gerüchten zufolge mehrere religiöse Episoden durchlaufen haben: Taoismus, Christentum […] Äußerungen wurden auf Tonträgern verbreitet. In Hongkong kamen Chai-Ling-T-Shirts auf den Markt. Mit ihren erst 23 Jahren schien diese Psychologiestudentin, die damals gerade ihr Diplom machte, aus dem Nirgendwo aufgetaucht zu sein: Der politische Denker war ihr Mann Feng Congde, und sie folgte ihm. So jedenfalls hat sie es in Erinnerung. Doch auch Chai selbst bewies beachtliches Talent, andere zu führen. Das […] Kernstück eines Dokumentarfilms über Tian?anmen, The Gate of Heavenly Peace. Darin sitzt Chai auf einem Bett, zusammengekauert, abgemagert und vor nervlicher Anspannung zitternd. Regierungstruppen waren in Peking aufmarschiert. Derweil stritten Fraktionen der Studentenbewegung über Taktik, Ziele, Hackordnung, Geld. Chai sagt schluchzend: "Meine Kommilitonen fragen mich laufend, 'Was sollen wir denn jetzt […]
Vorgeblättert 24.08.2004 […] er, darunter Wang Dan, Wu’er Kaixi und Chai selbst, durch Abstimmung beschlossen hatten, die Menge zum Aufgeben zu drängen. Chai hatte sich dann wegen Li Lu unter Tränen umentschieden. Als einige bekannte Pekinger Intellektuelle den Studenten rieten, eine blutige Auseinandersetzung zu vermeiden, brandmarkte Li Lu sie als "staatliche Agenten". Ebenso wie Chai war Li 1989 ganz plötzlich auf der Szene […] diente das berüchtigte Interview mit Chai in dem Pekinger Hotelzimmer wenige Tage vor dem Gemetzel, mit der umstrittenen Aussage, "daß wir in Wirklichkeit auf ein Blutbad hoffen ". Chai behauptet, und ihre Verteidiger bestätigen, daß jenes "hoffen" im Chinesischen je nach Kontext auch "erwarten" bedeuten kann, doch ihre Kritiker bezeichnen sie als Lügnerin. Chai warf den Regisseuren vor, "sich zu ihrem […] Grund sein, warum Chai Ling und Li Lu in der chinesischen Diaspora verhaßt sind. Ihre Verwandlung von idealistischen jungen Patrioten in aufstrebende Amerikaner wirkt zu durchsichtig eigennützig. Schmeicheleien von Ausländern wecken außerdem Neid, der ebenfalls Haß gebären kann. Einer meiner chinesischen Freunde, der dem kommunistischen Regime keineswegs nahesteht, verunglimpfte Chai Ling und Li Lu als […]
Vorgeblättert 24.08.2004 […] Chai studierte in Peking, wo, wie sie betont, "wir alle dem amerikanischen Traum nachhingen". Auf meine Nachfrage, was das bedeutete, erklärte sie: "Das Amerika der Cowboyfilme - in dem man sich abrackert und ans Ziel kommt. Ich wollte immer schon nach Amerika, hatte mich 1989, als die Demonstrationen begannen, dort an einer Schule beworben." Das Land, in dem man "sich abrackert": Diesen Ausdruck hatte […] Freiheit sein kann. Doch dem Vernehmen nach war die Vision eines amerikanischen Traums, der Ehrgeiz mit sentimentaler Hybris verbindet, in einer viel anheimelnderen Gestalt als der von Cowboyfilmen über Chai gekommen: Als Jugendliche hatte sie von einer eigenen Fernsehsendung für Eltern und Kinder geträumt, um mit Hilfe des darin aufgebauten Themenparks Kleidung und Spielzeug zu "vermarkten". Ihr Vorbild […] wahr gemacht." Und diese Art Leidenschaft sei auch in die Tian’anmen-Bewegung eingeflossen.
Disneyland-Phantasien und Hungern zur Rettung Chinas schienen mir eine ziemlich seltsame Kombination. Doch Chai beteuerte, daß auch ihr Hungerstreik ganz der Liebe zum Leben entsprach, denn die Studenten hätten das Leben selbst so sehr geliebt, daß sie ihr eigenes für andere zu opfern bereit waren. Das sei absolut […]