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B-Scheme-Filme aus dem Südafrika der Apartheid: 'Joe Bullet' und 'Umbango' (Forum)

Von David Assmann
13.02.2015. In den siebziger und achtziger Jahren wurden hunderte von Filmen für ein dezidiert schwarzes Publikum in Südafrika gedreht. Das Forum zeigt zwei rare Beispiele.


Einblick in ein kaum bekanntes Kapitel der südafrikanischen Filmgeschichte und Gelegenheit zur Entdeckung zweier absoluter filmischer Raritäten bietet das Forum mit "Joe Bullet" (1973) und "Umbango" (1986). Beide Filme entstanden im Rahmen des staatlichen Subventionssystems B-Scheme, das während der Apartheid Filme für ein dezidiert schwarzes Publikum förderte. Überwiegend weiße Produzenten, Autoren und Regisseure setzten dabei auf schwarze Schauspieler und Themen, die an die Befindlichkeiten der benachteiligten schwarzen Mehrheit rühren und dabei die Empfindlichkeiten der weißen Zensoren unberührt lassen sollten.

Im Fall von "Joe Bullet", einer der ersten B-Scheme-Produktionen, ging der Plan nicht auf: nach nur zwei Vorführungen wurde der Film verboten und verschwand für immer von der Leinwand. Dabei hatten sich die Macher (Regie: Louis de Witt, Drehbuch: Tonie van der Merwe, der später wiederum bei "Umbango" Regie führte) für eine eigentlich vollkommen unpolitische Geschichte entschieden: Vor einem wichtigen Finale ermorden Gangster den Trainer eines Fußballteams und drängen die beiden besten Spieler dazu, sich dem Gegner anzuschließen. Retter in der Not ist Joe Bullet, der nicht nur fesch aussieht, Karate kann, die Gangster zur Strecke bringt und ein fantastischer Liebhaber ist, sondern auch noch bis zum Finale das Fußballtraining leitet - James Bond mag eine Lizenz zum Töten haben, aber Joe Bullet hat einen Trainerschein!

Es ist eine Welt ohne Weiße, in der die Handlung angesiedelt ist, hier bedrohen und retten, unterdrücken und helfen Schwarze sich gegenseitig. Eine Art Märchenwelt, die mit den tatsächlichen Lebensumständen der meisten Südafrikaner nichts zu tun hatte. Eine offizielle Erklärung für das Verbot des Films ist nicht zu finden, doch offenbar birgt auch die völlige Verleugnung der Apartheid politischen Sprengstoff.

Sichtbar (und hörbar, der funky Titelsong gehört zu den Highlights des Films) vom amerikanischen Blaxploitation-Kino beeinflusst, versammeln de Witt und van der Merwe so etwas wie eine Starbesetzung: neben Ken Gampu in der Hauptrolle, damals einer der wenigen namhaften schwarzen Schauspieler Südafrikas (und später in Hollywood an der Seite von Richard Burton, Anthony Quinn und Burt Lancaster besetzt), treten unter anderem die Sängerin Abigail Kubeka (eine von Miriam Makebas Skylarks) und der Jazz-Musiker Cocky Tlholthalemaje auf. Dennoch ist der Film in erster Linie ein faszinierendes zeit- und filmgeschichtliches Dokument, in zweiter Linie ist er ein großartiges Vergnügen für Zuschauer mit Sinn für Trash. Immer wieder wird die holprig inszenierte, weitgehend unplausible Handlung durch unfreiwillige Komik untergraben, etwa wenn sich Joe Bullet mit Nasenprotese, falschem Bart und Fistelstimme als Greis tarnt und anschließend ausgiebig über seine List lacht, während ihm noch Watteflaum und Knetbröckchen im Gesicht kleben.



Weniger trashig, aber noch mehr special interest ist der Western "Umbango" ("Die Fehde"), eine weitgehend schnörkellose Variation der altbekannten Formel um einen Fremden, der in die Stadt kommt, um eine Rechnung zu begleichen. Bemerkenswert ist der Film nicht nur, weil er vollständig auf isiZulu gedreht ist (eine vor allem in Südostafrika verbreitete indigene Sprache), sondern auch, weil hier im Gegensatz zu "Joe Bullet" ein weißer Darsteller auftritt. Er trinkt einen Whiskey im Saloon, verweigert dem Neuankömmling Gehorsam und ist nach kaum einer Minute schon wieder von der Leinwand geschossen. "Umbango" ist einer der letzten von hunderten mit Hilfe des B-Schemes produzierten Filmen, bevor das Programm Anfang der neunziger Jahre wegen zweckentfremdeter und unterschlagener Fördergelder eingestellt wurde. Nur ein Bruchteil der Filme ist erhalten. Es ist verdienstvoll, dass das Forum zwei davon jetzt einem größeren Publikum zugänglich gemacht hat.

Louis de Witt: "Joe Bullet". Mit Ken Gampu, Joe Lopez, Abigail Kubeka, Jimmy Sabe, Cocky Tlhotlhalemaje und anderen. Südafrika 1973, 85 Minuten. (Vorführtermine)

Tonie van der Merwe: "Umbango". Mit Innocent Gumede, Kay Magubane, Hector Manthanda, Dumisani Shongwe, Vincent Velekazi. Südafrika 1986, 69 Minuten. (Vorführtermine)