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Der Buchmesseschwerpunkt "Arabische Welt" ließ den Zeitungs-Leser etwas ratlos zurück. Der Kreis der ausführlicher besprochenen Autoren blieb überschaubar, gelegentlich wurde Kritik laut, vor allem von Exilanten, die gute Argumente hatten - aber was weiß man schon wirklich über arabische Literatur? Die deutschen Kritiker nicht allzuviel. Immerhin veröffentlichte die Zeit im September eine Literaturbeilage zu arabischer Literatur (mehr hier), und auf den Internetseiten der NZZ findet sich ein ganzes Dossier mit Kritiken und Aufsätzen für den interessierten Leser. Das, was man vielleicht man meisten erwartete, Essays von arabischen Intellektuellen, die sich mit dem Islamismus und dem Westen auseinandersetzen, fehlte völlig. Andererseits: vielleicht erweckt ein Gedichtband von Adonis mehr Interesse für die arabische Welt als jeder schlaue Kommentar - ganz zu schweigen von einem Kochbuch, das die Raffinesse einer Kultur beweist, die Lammfilets mit Kaffeebohnen-Kardamom-Kruste serviert. So gesehen hat der Buchmesseschwerpunkt viel zu bieten:


Arabische Lyrik

Das meistbeachtete und mit größter Hochachtung besprochene Buch aus der arabischen Welt ist ein Band mit schon gut dreißig Jahre alten Gedichten des syrischen Autors Adonis: "Ein Grab für New York" (). Für die FAZ sind es "Gesänge von Hybris und Nemesis" und eine Vorahnung der Geschehnisse vom 11. September. Die FR ermahnt die westlichen Leser dringend, sich von der "metaphorischen Blütenfülle" der Gedichte nicht irritieren und sich ganz auf den "in seiner Bildersprache schwindelerregenden Zyklus" einzulassen. Empfohlen wird auch ein Band mit Gedichten von Frauen aus der islamischen Welt, "Ein Buch namens Freude" (), das noch von Annemarie Schimmel zusammengestellt wurde. Nur in der Zeit, dort aber auch in einem Ton beinahe aggressiver Dringlichkeit, werden die Gedichte des Palästinensers Mahmud Darwisch besprochen, die unter dem Titel "wo du warst und wo du bist" () erschienen sind.




Vorwiegend positiv beurteilt wird das Palästinenser-Epos "Tor zur Sonne" des libanesischen Autors Elias Khoury. Der SZ gefällt, dass der Roman nirgends in die "Genrefalle der Heldenepik" tappt, die Zeit spricht unumwunden von einem "großen Roman". Es gibt allerdings auch Gegenstimmen: Die taz hatte das Gefühl, dass ihr auf mehr als 700 Seiten doch etwas viel "Geduld und Durchhaltevermögen" abverlangt wird, in der FR ist gar von "erschreckender Eintönigkeit" die Rede. Freundlich geurteilt wird auch über "Die Reise des Ibn Fattuma" (), den neuen Roman des ägyptischen Nobelpreisträgers Nagib Machfus. Die NZZ lobt ihn als "bewusst niederschwellig gehaltene Weisheitsliteratur". Und in der FAZ stellt Stefan Weidner fest, das das Genre des Romans, die "politische Allegorie", im Westen heute merkwürdig anmuten möge - Machfus stelle sich aber in die Tradition des "Epos von der Reise zur mystischen Erkenntnis".

Sehr gut besprochen wurden auch Rafik Schamis "Die dunkle Seite der Liebe" (), eine syrische Romeo-und-Julia-Geschichte, die Fritz J. Raddatz in der Zeit förmlich explodieren ließ: "Sie werden eine Scheherazade miterleben in blitzender Farbigkeit". Außerdem Boualem Sansals Roman über das heutige Algerien, "Erzähl mir vom Paradies" : "Seit Celine und Malaparte hat man eine ähnliche Wut nicht mehr gelesen", erschauerte die FR. Und ein Band mit Kurzgeschichten des Exil-Syrers Sakarija Tamers, "Die Hinrichtung des Todes" ().


Ein Essay, ein Reisebericht, ein Kochbuch

Der Islamwissenschaftler Stefan Weidner ist mit seinem erzählten Essay "Mohammedanische Versuchungen" () selbst unter den Neuerscheinungen zur arabischen Literatur vertreten. Es handelt sich um eine Mischung aus Analyse, Tagebuch, Selbstreflexion, aus der aber vor allem die Liebe des Autors zur islamischen Kultur spricht. Für Renee Zucker in der taz ist das gar das "Buch des Jahres", da macht es gar nichts, dass Weidner Samuel Huntingtons These vom "Clash of Civilizations" furios verteidigt, wenn auch aus arabischer Perspektive. Und auch die FAZ hat in den "Mohammedanischen Versuchungen" nicht weniger als das "bisher intelligenteste Buch über den Kampf der Kulturen" entdeckt. Wer wissen möchte, wie es im Nahen Osten der dreißiger Jahre aussah, dem empfiehlt die FAZ den mit "Witz und Unverschämtheit" geschriebenen Reisebericht von Robert Byron: "Die Reise nach Oxiana" ().

Und als ganz besonderes Schmankerl empfiehlt die FAZ den Band "Kulinarisches Arabien" (), der mit Rezepten - "Lammfilet mit Kaffeebohnen-Kardamom-Kruste auf Auberginenmus mit Granatapfelsauce" - ebenso aufwartet wie mit landeskundlichen Informationen.


Bücher über arabische Literatur

Womit nun anfangen? Heißt es nicht immer, vor allem die arabische Lyrik sei unvergleichlich? Und wie ist es mit den Autoren aus dem Mittelalter - hat nicht kürzlich erst Edward Said erklärt, dass das Hocharabische sich seit hunderten von Jahren kaum verändert hat? Oder doch lieber was aus dem 20. Jahrhundert? Vielleicht möchten Sie sich einfach erst mal über arabische Literatur und ihre Autoren informieren. Da gibt es immerhin drei Nachschlagewerke, die von der Kritik empfohlen wurden: Nämlich Wiebke Walthers "Kleine Geschichte der arabischen Literatur" () - ein "wichtiges Buch" (Zeit), ein Führer durch die arabische Literatur von der vorislamischen Zeit bis zur Gegenwart. Außerdem das "Lexikon arabischer Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts" (), eine "perfekte Orientierungshilfe", so die taz. Und der Band "Arabische Literatur, postmodern" (), den Navid Kermani in der FR eines der "Glanzlichter" des Buchmessenschwerpunkts nannte.


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