Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
30.08.2003. In der FAZ erkennt Marcel Reich-Ranicki: "Grass ist wie Grass". Die NZZ findet die alten Grabenkämpfe um die Vertreibung "so überflüssig wie lächerlich". Die FR lobt Armin Holz, der ohne Staatsgelder gutes Theater macht. Die SZ beendet das Salzburger "Festival für verunsicherte Bürger". Und die taz begräbt das liberale Dänemark.

FAZ, 30.08.2003

Marcel Reich Ranicki kapituliert ganzseitig: "Grass ist wie Grass". Und staunt in seiner Besprechung der "Letzten Tänze" (mehr), welch Kraft und Jugendlichkeit dieses Alterswerk vorweisen kann. Am besten gefallen ihm die erotischen Gedichte, denn "nirgends kommt die lyrische Substanz, die poetische Kraft des Günter Grass so stark und ergreifend zum Vorschein" wie dort. "Es sind Verse voll Glück, voll Leid und Mitleid, doch ohne Selbstmitleid, voll Zucht und auch Nachdenklichkeit. Sie machen spürbar und erkennbar: den Rausch und die Abgeklärtheit, die Seligkeit und, zwischen den Zeilen, die Abschiedsstimmung. (...) So ist der Ton - wie könnte es anders sein? - oft elegisch. Tanz und Tod stehen hier nahe beieinander: 'Schon räumen die Kellner ab. Wir ahnen, daß demnächst, / wenn nicht sogleich, Schluß ist, hoffen aber / auf Zugaben bis zuletzt.'"

Lustvoll untersucht Joseph Hanimann die neuen Frauen Frankreichs, sichtbar gemacht in Literatur und Kino. Tapfer lächelnde Frauen, die Beruf und Liebe unter einen Hut bringen wollen und daran scheitern, sind zum Glück nur eine Facette der neuen Weiblichkeitserfahrung. "Die anderen sind weit verstreut zwischen Catherine Millets Buchhalterbericht über das 'Sexuelle Leben der Catherine M.' (mehr), Christine Angots überreizten Inzestgeschichten (mehr), Catherine Breillats komplizierten Filmessays oder Virginie Despentes' wildem Frauenporno 'Baise-moi' zu finden." Im echten Leben kann man die Frauen aber nur bedauern, findet Hanimann. "Nur wer die gezeichneten Gesichtszüge dieser Frauen abends in den Nahverkehrszügen studiert und am taufrischen Maquillage des Morgens mißt, kann die Last der neuen Frauenrolle erahnen."

Weitere Artikel: Andreas Platthaus verfasst eine Hymne auf den amerikanischen Comiczeichner und Wahlfranzosen Robert Crumb (eine kleine Auswahl seiner Arbeiten hier), der sechzig Jahre alt wird. Dietmar Polaczek informiert uns über die mehrfache Fussballkrise, die Italien erschüttert und in die alle verwickelt sind: die Mafia, die Fussballclubs und natürlich - Berlusconi. Gerhard Stadelmaier würdigt den Dichterfürsten der DDR Peter Hacks (mehr) als witzigsten und intelligentesten Schüler Brechts, nicht zuletzt dank so legendärer Einsichten wie: "Ich bin nicht Goethe". "kil" prangert das kleindeutsche Geschacher um die Gründung einer Deutschen Filmakademie an (ein Interview mit Christina Weiss). Jürg Altwegg hat in französischen Zeitschriften geblättert, die eine Bilanz der Künstlerstreiks des Sommers ziehen. Dirk Schümer hat in Venedig rätselhaft schöne Orientfilme gesehen. Jordan Meijas fragt sich, wer die zwanzig Millionen Dollar übrig hat, die die Erben Martin Luther Kings für seinen Nachlass fordern (unter anderem das Originalmanuskript von "I have a dream"). "hd" stellt die großen Pläne für die Salzburger Festspiele 2004 vor.

Besprochen werden "About Kings, Queens and Witches", die Uraufführung von Joachim Schlömers Tanz- und Musiktheater in Luzern, Antoine Fuquas grobschlächtiger Dschungelkriegsfilm "Tränen der Sonne" und Tatjana Tolstajas märchenhaft apokalyptischer Roman "Kys".

Auf der Medienseite macht uns Josef Oehrlein mit der peruanischen Fernsehunterhalterin Laura Bozzo (mehr) bekannt, die zur Zeit aus dem Huasarrest sendet. Jürg Altwegg weiß, wie Frankreichs Medien in Sachen Hitzetote gelenkt wurden. Michael Hanfeld gratuliert dem Vorbildsender Neun Live respektvoll zum zweiten Geburtstag.

Die Phonoseite birgt Rezensionen von Blumfelds neuem, schönen und reifen Album "Jenseits von Eden", wieder erhältlichen Aufnahmen von "West Side Story" und "Porgy and Bess", dem Debütalbum der indisch beeinflussten britischen Band The Jeevas sowie die neue Platte "N.E.W.S." des vormaligen Prince.

Für die Frankfurter Anthologie hat Wolfgang Brenneisen ein Gedicht von Erich Kästner ausgewählt, "Die Entwicklung der Menschheit". Die erste Strophe:

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

NZZ, 30.08.2003

In "Literatur und Kunst" betrachtet Ute Frevert in einem Essay die deutschen Erinnerungdiskurse der letzten Jahre. Gerade die Debatte um ein Zentrum gegen Vertreibung birgt ihrer Ansicht nach neben den vielfach besprochenen Gefahren auch Chancen - zum Beispiel die einer Historisierung: "Die derzeitige Opferdiskussion steht unter dem Generalverdacht, dass Leid mit Leid, Schuld mit Schuld verrechnet werden soll. Ein solcher Aufrechnungsmodus hat eine lange, unrühmliche Tradition, in allen politischen Lagern. Ging es in der Nachkriegszeit darum, das den Deutschen im Osten angetane Unrecht gegen mögliche Reparations- und Entschädigungsforderungen aus diesen Ländern zu wenden, neigte man auf der Linken dazu, die Leiderfahrungen der Deutschen als logische Folge des vom Nationalsozialismus verursachten Unrechts zu betrachten und damit gleichsam zu rechtfertigen. Beide Positionen instrumentalisierten die 'Vertriebenen' bzw. 'Umgesiedelten' für politische Zwecke; umso schlimmer, dass Vertriebenen-Funktionäre dieses Spiel bedenkenlos mitspielten und die Polarisierung weiter anheizten. Damit aber muss endlich Schluss sein; die politische Großwetterlage hat sich gravierend geändert und macht die Fortsetzung der alten Grabenkämpfe ebenso überflüssig wie lächerlich."

Norbert Hummelt erinnert an Magellan und daran, dass die Globalisierung nichts Neues ist, sondern schon vor knapp 500 Jahren mit dessen erster Weltumseglung begann. Arne Rautenberg schafft es, einige sehr poetische Worte über Kiel zu verlieren, "der hässlich zerbombten, lieblos wieder aufgebauten Stadt an der Ostseeküste. Man muss sich den Stadtkern wie einen roten Kreis vorstellen, in dessen Mitte der blaue Fördekeil hineinragt wie in einer suprematistischen Bildkonstruktion". Ralf Konersmann gedenkt des französischen Moralphilosophen Vladimir Jankelevitch (mehr hier), der morgen hundert Jahre geworden wäre und dessen "eindringliche und unerbittliche Reflexionen über das Böse, die Lüge und das Verzeihen" auch den Lesern außerhalb Frankreichs ans Herz legt. Kerstin Unseld erzählt vom Schicksalsberg der Archäologie - von Troja. Cornelia Isler-Kerenyi befasst sich mit der derzeitige Lage der Archäologie allgemein.

Im Feuilleton fragt George Waser nach Besuch der Londoner Ausstellung "The Art of Chess", ob Schach Kunst ist und die Schönheit des Spiels lyrischer Schönheit vergleichbar sei. Martin Zingg schreibt zum Tod des Schriftstellers Peter Hacks (mehr hier), dessen "oft witzige, überraschende, gelegentlich verschmockte" Lyrik er doch sehr schätzte. Für die filmisch interessanteste Arbeit, die bisher in Venedig zu sehen war, hält Christoph Egger Pen-ek Ratanaruangs Film "Last Life in the Universe", der in "bald schmutzig-schönen, bald klinisch sauberen Bildern" die Geschichte der Japaner in Bangkok erzählt.

Besprochen werden eine Ausstellung des schottischen Künstlers David Shrigley im Kunsthaus Zürich, die im Alltäglichen das Absurde, im Philosophischen das Paradoxe, im Toaster den Urknall" enthüllt, ein Auftritt des Amsterdamer Concertgebouworkest mit Riccardo Chailly beim Lucerne Festival. Und Bücher, darunter Botho Strauss' neuer Text "Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus schlich" und Vladimir Jankelevitchs Essays "Das Verzeihen" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

TAZ, 30.08.2003

Zum Abschluss der Reihe über europäische Nachbarn veranschaulicht Jan Feddersen an der Übertragung auf Deutschland, wie es derzeit in Dänemark zugeht: "Man stelle sich dänische Verhältnisse in Deutschland vor: Eine rechtskonservative Regierung unter Führung von Roland Koch, toleriert von Populisten wie Ronald Schill (allerdings ohne dessen bohemehafte Cholerik), erklärt Europa zum ökonomischen Netzwerk, das kulturell allerdings nur begrenzt Fruchtbares dem deutschen Alltag beisteuern könne. Türkischstämmigen Deutschen ist die Heirat mit Menschen ohne deutschen Reisepass, aber nichteuropäischer Herkunft mehr oder weniger so stark erschwert, dass sie nicht möglich wird. Überhaupt artikulierte diese Regierung, alles, was nicht deutsch sei, müsse toleriert werden, aber gewiss nicht in Deutschland." Das einst vorbildlich liberale Dänemark, resümiert Feddersen, ist Vergangenheit.

Christina Nord berichtet in ihrer täglichen Kolumne aus Venedig, wie sie im Kino saß und Tsai Ming-Liangs Film "Bu Sun" sah über Leute, die im Kino sitzen. Stephan Wackwitz hat den Nachruf auf Peter Hacks verfasst, in dem sich die folgende denkwürdige Einschätzung findet: "Peter Hacks 'Gesammelte Gedichte' ist eins der vollkommensten Bücher der deutschen Literatur."

Im taz mag entführt uns der Schriftsteller Marc Degens ins Jahr 2036, in dem die Alten das Kommando übernommen haben. Wie das passiert ist? So ist das passiert: "dann spielten die alten nicht mehr mit! sie starben nicht länger, sondern wurden älter und älter und älter. das gesicht der gesellschaft veränderte sich, auf jeden jungmenschen kamen drei hochbetagte, grau dominierte die straßen und plätze. der bevölkerungsrückgang, das geburtendefizit, die steigende lebenserwartung, der medizinische fortschritt, vielleicht lag es auch an der vereinzelung, der individualisierung, an den neuen lebensgemeinschaften, egal. jedenfalls versteckten sich die alten nicht mehr, zogen sich zurück, scheu und verschämt - sondern gingen hinaus, eroberten die welt."

Im Schnelldurchlauf erzählt Klaudia Brunst die Geschichte der Wandlungen des Reality-TV, von "Hans Meiser" bis zu den neuesten Superstars. Von seinem seinem letzten Oasis-Konzert berichtet Henning Kober. Ralph Bollmann meditiert über den jüngsten europäischen Antiamerikanismus, während Christian Schneider unter der Überschrift "Das Teddy-Syndrom" darüber nachdenkt, was es heißt ein Adorno-Schüler gewesen zu sein oder sich als solcher zu begreifen; in keinem Fall eine einfache Sache: "Der posthume Umgang mit Adorno zeugt von der Schwierigkeit, sich von einem Übervater zu trennen, der weniger akademisches Wissen als Teilhabe an einem Geheimnis - ein Bündnis mithin - anzubieten hatte. Sich zu seinen Lebzeiten als Adornoschüler zu bekennen, hieß tatsächlich eine persönliche Beziehung einzugehen."

Und Tom.

FR, 30.08.2003

Die FR war heute Morgen noch nicht online, daher die Zusammenfassung ohne Links:

Nicht ohne Bewunderung porträtiert Frank Keil Armin Holz, den Außenseiter unter den deutschen Theaterregisseuren, der sich ohne öffentliche Förderung, aber mit bester Besetzung, an Oscar Wildes "Salome" versucht. Nach Robin Detjes jüngster Attacke gegen die Schaubühne in der ZEIT (hier der Artikel) ein weiterer Hieb in Richtung subventionierter Staatstheater, über die Holz abschätzig meint: "Die Staatstheater stellen halt zufällig Theater her; sie könnten auch Gummischuhe herstellen."

Daniel Kothenschulte findet in seinem Bericht von den Filmfestspielen aus Venedig den neuen Woody Allen ganz außerordentlich - und Lars von Triers ersten Dokumentarfilm nicht weniger. Regulär im Kino: der zweite der "99 Euro Films", eine eher bemühte Sache, findet Michael Kohler. Den Nachruf auf Peter Hacks schreibt Hartmut Krug. Nicht fehlen darf im Medien-Teil anlässlich der heute abend SAT 1 erreichenden Ostalgie-Welle der entsprechende kritische Artikel, geschrieben von Matthias Dell: "Ästhetischer Leichnam DDR". In ihrer Zimt-Kolumne berichtet Renee Zucker von ihrer Urangst vor der Steuerprüfung.

In Zeit und Bild erzählt Martin Heckmanns unter dem marktschreierischen Titel "Attention! Mensch!" von neun Menschen, aus deren Leben nicht geworden ist, was aus ihnen werden sollte. Unverdrossen der Untertitel des keineswegs marktschreierischen, sondern sehr lakonischen und sachten Textes: "Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst." Bestens fügt sich dazu das 36. von Navid Kermanis "Vierzig Leben", das Porträt Gerhards, der seine Zeit verschwendet, indem er sich "um acht, mnachmal schon ums sechs oder sogar schon um fünf, wenn nicht nachmittags um drei oder zwei Uhr schlafen" legt.

Besprochen werden unter anderem Botho Strauß' "Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus schlich" und das neueste Werk des italienischen Philosophen Giorgio Agamben. (Siehe die Bücherschau ab 14 Uhr).

Im Magazin gibt es ein großes Special zum Putsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende am 11. September vor dreißig Jahren. Mark Obert erinnert an den Politiklehrer Manuel Medina, der im größten Fußballstadion Chiles erst gefoltert wurde und im November 1991 zu einem Fußballspiel dorthin zurückkehrte. Dazu ein langes Gespräch mit Allendes berühmter Nichte, der Schriftstellerin Isabel Allende, die am 30. Jahrestag in Chile sein wird und sagt: "Ich erwarte, dass die Verbrechen der Diktatur öffentlich benannt werden, dass wir der Toten gedenken. Lagos und die Regieung haben angekündigt, über diese Themen zu sprechen. Vor allem aber ist es an der Zeit, dass die Militärs um Vergebung bitten, dass sie ihre Rolle und ihre Verantwortung zugeben."

Mark Obert notiert zudem die Geschichte von Joyce Horman, deren Mann von den chilenischen Militärs ermordet wurde - ein Fall, der durch Constantin Costa-Gavras' Film "Missing" berühmt wurde. Vorgestellt werden dazu Gabriel Garcia Marquez' Aufzeichnungen über "Die Abenteuer des Miguel Littin" und vier CDs mit Aufnahmen der "Stimme Chiles" Victor Jara.

SZ, 30.08.2003

Viel Musik heute: Das zweite Salzburger Jahr unter dem Regime Peter Ruzickas würdigt im Rückblick Reinhard J. Brembeck. So gemischt wie das Programm fällt auch sein Urteil aus: "Ruzicka drängt nach vorn, doch er hat nicht die gleiche Motivation wie einst Mortier, der die Festspiele modernisieren musste. Ruzicka will keinen Anschluss herstellen, er will, was schwieriger ist, eine neue Art von Festival erfinden: das Festival für verunsicherte Bürger. Und dies versucht er, in dem er an Traditionen wie Handwerk, Hermeneutik oder Texttreue anknüpft, was eine altertümliche Note in diesen Aufbruch bringt." Finanziell übrigens gab es ein Rekordergebnis. Ein Desaster dagegen war, wie wir erfahren, der Versuch, den zum Fringe-Festival in Edinburgh angereisten Jugendlichen Wagners "Götterdämmerung" mit Freikarten schmackhaft zu machen: am Ende saßen keine hundert Fans mehr im 1900 Besucher fassenden, sonst stets ausverkauften Saal.

Weitere Artikel: Gänzlich hingerissen zeigt sich Harald Eggebrecht vom Eröffnungsabend des "Klang&Raum"-Festivals in Irsee (Website). Einen einzigen Moment nur fand dagegen Dirk Peitz beim diesjährigen MTV-Award erinnerungswürdig: "Madonna, ganz in Schwarz. Sie tanzt mit ihren Wiedergängerinnen, dann geschieht es - sie küsst erst Britney, dann Christina auf den Mund, und hinterher wird die meistdiskutierte Frage sein, ob nun mit oder ohne Zunge. Die größte Bilderschöpferin des Pop hat mal wieder zugeschlagen."

"Grandios" findet Gottfried Knapp die in Bonn ausgestellten Kunstschätze aus dem Nationalmuseum Tokio (mehr hier). Harald Staun kommentiert einen Brief von Konrad Zuse, dem Erfinder des Computers, an seine Eltern. In der Rubrik "Verblasste Mythen" macht sich Gerhard Matzig Gedanken über den Fernsehapparat in den Zeiten des Flachbildschirms. Darüber, dass in Italien die Nummernschilder nicht mehr sind, was sie waren, klagt Burkhard Müller. Aus Venedig berichtet Susan Vahabzadeh, wie es Oliver Stone gelungen ist, sogar einen Terroristen zu verblüffen. 500 deutsche Filmschaffende haben gegen die geplante Filmakademie unterschrieben, Fritz Göttler plädiert dagegen für "ein wenig Darwinismus".

Mit einem sehr freundlichen Porträt verabschiedet Eva-Elisabeth Fischer die scheidende Intendantin des Berliner Hebbel-Theaters Nele Hertling. Als "Restlichtverstärker des kulturellen Interesses" wird zum Abschied der bisherige Direktor der Hamburger Deichtorhallen, Zdenek Felix, gelobt. Jutta Person gedenkt des vor siebzig Jahren von den Nazis ermordeten Philosophen Theodor Lessing (mehr hier). Den Nachruf auf Peter Hacks schreibt Jens Bisky, aber auch der Schriftsteller Martin Mosebach findet - kürzer gefasst - freundliche Worte. Besprochen werden unter anderem das neue Werk von Botho Strauß und die Hörbuch-Version von Alain de Bottons "Trost der Philosophie". (Siehe die Bücherschau des Tages ab 14 Uhr.)

In der SZ am Wochenende macht sich ein leider im Netz nicht genannter Autor kapitalismuskritische Gedanken über die grassierende Ostalgie, vom Erfolg von "Goodbye, Lenin" bis zur SAT-1-Show heute abend. Und er hat auf Usedom Eberhard Fensch ausfindig gemacht, der die harmlose Version der DDR, die wir im Fernsehen zu sehen bekommen, in gewisser Weise erfunden hat: "Eberhard Fensch hat für die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands das Fernsehen der DDR zensiert. Nachrichten, Filme, Unterhaltungsshows. Er entschied darüber, was gesendet wird und was nicht. Zwanzig Jahre lang schnitt er in der Abteilung Agitation und Propaganda das Fernsehbild zurecht." Nicht weniger kritisch räsoniert ein anderer über den sensationellen Erfolg, den im Gefolge des 11. September "Paranoiker, Apokalyptiker und andere Verschwörungs-Junkies" genießen.

Riesig ist in den USA der Erfolg von Friendster, der Website, auf der man neue Freunde finden kann: "Friendster hilft diesen Mitgliedern beim Treffen von Verabredungen, beim Aufspüren neuer und beim Finden verschollener Bekanntschaften, indem das Programm Verbindungen zu Freunden, zu Freunden von Freunden, zu Freunden von Freunden von Freunden und so weiter herstellt." Zum Ende des Sommers gibt es einen langen Nachruf auf eine wichtige Institution, das Freibad: "Woran werden wir das Aussterben des Freibades zuerst bemerken? Wahrscheinlich wird uns sein Geruch fehlen: Jene typische Melange aus Chlor und Frittenfett, der über jeder Badeanstalt liegt." Felicitas Hoppe stellt in der Reihe "Deutsche Landschaften" das Weserbergland vor. Nicht weniger als 18 Frauen an einem einzigen Tag hat ein weiterer unbekannter Autor kennengelernt - aber nur die ersten zehn haben ihm gefallen.